Jagd auf Huk-Coburg: Allianz schnürt lukrative Deals im Kfz-Geschäft

Quelle: BMW

Die Kfz-Versicherung der Zukunft bewegt sich stark in Richtung Mobilitätsabsicherung. Große Anbieter suchen
händeringend nach Kooperationen, um den Wandel frühzeitig zu meistern. Bisher scheint die Allianz im Rennen um Zukunftsfähigkeit vor Marktführer Huk-Coburg zu liegen. Doch auch die Franken schmieden große Pläne.

Die Tesla-Kfz-Versicherung aus dem Hause Huk-Coburg? Nicht vollkommen ausgeschlossen, wie der ehemalige Unternehmensberater und heutige Chef des Huk-Coburg-Konzerns, Klaus-Jürgen Heitmann, nun gegenüber der Versicherungswirtschaft bestätigte. Mit den Daten des US-Elektroautobauers, der gerade in Brandenburg die „Gigafactory“ baut, könnte der Versicherungsschutz der Huk-Coburg in eine neue Dimension aufsteigen. Nach Einschätzung von Heitmann wäre das ein Win-Win-Geschäft für beide Seiten. Vor allem, weil der Versicherer mit seiner digitalen Marke Huk24 über große Erfahrungen beim Online-Abschluss verfügt.

Wie eine Kooperation zwischen dem größten E-Autobauer der Welt und Deutschlands größtem Kfz-Versicherer aussehen könnte, zeigt die Helvetia. Seit April 2021 kooperiert die Assekuranz in der Schweiz mit Polestar, dem schwedischen Hersteller von Elektroautos. Die Kfz-Versicherung von Helvetia kann direkt über die digitale Verkaufsplattform von Polestar abgeschlossen werden.

Die junge Marke ist ein Joint Venture der Automobilhersteller Volvo Cars und Geely. Kundinnen und Kunden können ihr Elektroauto auf der Website von Polestar nach ihren Wünschen konfigurieren. Nach der Zusammenstellung des Fahrzeugs besteht die Möglichkeit, direkt auf digitalem Weg die Versicherung für das Fahrzeug abzuschließen. Hierbei werden die User auf eine Landingpage von Helvetia geleitet. „Damit ist Helvetia an der Stelle präsent, wo das Versicherungsbedürfnis entsteht“, sagt Tilo Schroiff, Head International Automotive Business bei Helvetia. Die Kooperation stehe für die Einfachheit beim digitalen Versicherungsabschluss und zeige die Vorteile einer Zusammenarbeit zwischen Autohersteller und Versicherung.

Geschäftspotenzial durch Elektroboom

Das hat die Allianz-Versicherung schon seit Jahren erkannt und ist intensiv mit vielen Autoherstellern verwoben. Dabei nutzen die Hersteller, wie die VW Group oder Ford die Versicherung immer wieder als Verkaufsvehikel. Aktuell gilt das beispielsweise für den Absatz im boomenden Markt der Alternativantriebe. So bewirbt Ford Deutschland derzeit mit einem Rabatt von 25 Prozent auf die Kfz-Haftpflicht- und Kaskoversicherung den Verkauf des neuen Pumas mit Mild-Hybrid-Antrieb (MHEV). Den Nachlass können alle Käufer dieses Modells ab September 2021 erhalten, wenn die Fahrer mindestens 25 Jahre alt sind und der Kunde sich bereits die Berechtigung für die Schadenfreiheitsklasse 2 erfahren hat. Sogar Gewerbekunden kommen in den Genuss des Nachlasses.

Öko-Rabatte für E- und Hybrid-Fahrzeuge bieten eine ganze Reihe von Versicherern an. Bei der Allianz erhält der Kunde zehn Prozent Nachlass für Voll- und Plug-in-Hybride sowie 20 Prozent für reine Elektro- und Wasserstoff-Brennzellen-Fahrzeuge. Rabattiert wird die gesamte Kfz-Versicherung. Und auch Marktführer Huk-Coburg gibt für reine E-Autos einen Nachlass von 20 Prozent. Während die fränkische Assekuranz Öko-Rabatte für alternativ angetriebene Fahrzeuge mit dem Hinweis verteidigt, dass umweltbewusste Kunden sicherheitsbewusster unterwegs sind, möchte die Allianz die Elektromobilität fördern, wie eine Sprecherin mitteilt.

Aufsehenerregende Kooperationen

Spektakulär ist vor allem die neue Kooperation der Allianz mit HeyCar. Seit Juli 2021 hat sich der Versicherer aus München über Allianz X, die digitale Investmenteinheit der Allianz-Gruppe, an der Mobility Trader Holding GmbH, der Muttergesellschaft von HeyCar, einer internationalen digitalen Plattform für den hochwertigen Gebrauchtwagenverkauf beteiligt. Damit wird Allianz Partners für die nächsten fünf Jahre Versicherungsgefährte von HeyCar in allen bestehenden und zukünftigen Märkten. Die Allianz-Versicherungsprodukte sollten nach Angabe der Assekuranz nahtlos in die digitale Customer Journey integriert werden.

Viel stärker ist die Allianz aber am „Point of Sale“ im Kfz-Neugeschäft aktiv. Mit dem Angebot aus einer Hand bieten Autohersteller umfassenden Service und wollen die Kunden im Schadenfall an das eigene Haus binden. Der hohe Druck, mit dem Finanzdienstleistungen in den Markt gepusht werden, hat gleich zwei Gründe. „Autohersteller verdienen am Verkauf kaum noch etwas“, so Marco Morawetz, Kfz-Versicherungsexperte der GenRe. Ganz anders sehe es hingegen bei Reparaturen und Service aus. Das Kernproblem ist, dass alles am „Point of Sale“, also im Autohaus, aus einer Hand erhältlich sei. Morawetz: „Der Händler bietet ein Sorglos-Paket mit EVB-Nummer und Zulassung inklusive.“

Für den Kunden sei es ein viel größerer Aufwand, extern eine Versicherung zu kaufen. Im Hintergrund steht in Deutschland bei vielen Autohäusern fast immer die Allianz. So kooperiert der Versicherer in Deutschland mit den Autoherstellern Audi, Citroën, DS, Fiat, Ford, MAN, Opel, Peugeot, Scania, Seat, Skoda und Volvo. „Dabei handelt es sich um White-Label-Versicherungskooperationen“, erläutert eine Allianz-Sprecherin. Demgegenüber basiert die Zusammenarbeit mit dem Volkswagenkonzern auf einem Joint Venture. Und das läuft immer noch extrem gut.

Knapp 4,2 Millionen neue Verträge konnte die Volkswagen Financial Services AG von Januar bis Juni 2021 abschließen. Ein Plus von 22,9 Prozent. Neben Finanzierungen, Leasing und Dienstleistungen werden vor allem Versicherungen verkauft – in der Regel eben Produkte der Allianz. Weltweit waren es im obigen Zeitraum bei VW 903.000 neue Policen – ein Plus von fast 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zudem dürfte es Konkurrent Huk-Coburg schmerzen, dass seit Juli der Vorstandsvorsitz der Volkswagen Autoversicherung AG von Katharina Amann übernommen wurde, die zuletzt als Geschäftsbereichsverantwortliche Mobilität beim fränkischen Versicherer tätig war. Die Kompetenz der Münchener wird eindrücklich durch die weltweiten Kooperationen im Bereich New Mobility unterstrichen mit Partnern wie z.B. Bolt, Lime, Swapfiets oder ViveLaCar.

Autor: Uwe Schmidt-Kasparek

5 Kommentare

  • Ja die Versicherungen werden günstiger und die Geschädigten können lhre Schadensforderungen nur noch mit Anwalt durchsetzen. Das ist überhaupt nicht akzeptabel.

  • Die HUK ist seit 2020 im Schadensfall kaum noch persönlich erreichbar. Ansprüche seitens Geschädigter müssen fast immer über Anwälte geltend gemacht werden, als Privatperson wirst du links liegen gelassen. Es stimmt, Schadensersatzansprüche sind bei der HUK schwerlich durchsetzbar.

  • Das Problem ist nicht der Verkauf der Policen über das Autohaus, sondern die Probleme, die auftreten, wenn der Schadensfall eintritt. Dann ist die Hotline zuständig. Die aber haben allein die Schadensminimierung im Auge, sind nicht vor Ort, nicht greifbar. Der Allianz-Vertreter aber verdient an Bestandskunden, d.h., wenn der Kunde geht, weil der Schaden schlecht bearbeitet wurde, dann verliert er Einnahmen. Somit hat er ein Interesse, dass die Abwicklung schnell und problemlos verläuft, was nicht deckungsgleich damit ist, dass jeder Schaden übernommen wird. Aber wenigstens zügig und klar. Und wenn es nicht läuft, dann kann man in die Agentur vor Ort gehen und mal ein paar Takte mit dem Vertreter reden. Das freut die auch nicht wirklich und sie werden ihren Fokus darauf richten, so lange man dabei freundlich bleibt.
    Somit spart man bei den Autohauspolicen, wenn man denn überhaupt spart, nur dann, wenn kein Schadensfall eintritt…

  • Da das Geschäft mit den OEMs anscheinend gut läuft für die Allianz, frag ich mich, ob die Allianz dann nur dort gescheite Konditionen gibt? Bei eigenen Vergleichen war die Allianz bei mir immer lächerlich teuer, ohne mehr zu bieten.

  • Warum nicht CosmosDirekt ?
    Bin seit sehr vielen Jahren dort versichert. Selbst ein großer Schaden (15.000€) wurde innerhalb von 5Tagen abgearbeitet und das Geld war auf dem Konto: 1Tag Bearbeitung, 1Tag Gutachter der Cosmos, 3Tage für die Abwicklung inclusive Banklaufzeit. Immer Fachkompetente Berater/*innen am Telefon und schnelle Bearbeitung. Ich vergleiche jedes Jahr, habe aber noch keine günstigere Versicherung für mich gefunden.

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