„Am Unvermögen der Versicherer gescheitert“: Verbraucherschützer bezeichnen Riester-Rente als Desaster

Quelle: Bild von Wilfried Pohnke auf Pixabay

Wichtiger als die Argumente ist das Timing. Die Verbraucherschützer haben sich zusammengetan und wollen die Riester-Rente begraben. In der kommenden Bundestagswahl sehen sie die Gelegenheit dazu. Der GDV spricht von einer Erfolgsgeschichte, sieht aber auch Reformbedarf. Bei der Forderung eines „kostengünstigen Vorsorgeangebots“ will der Verband auf die Verbraucherschützer zugehen.

Eine Allianz fordert das Ende der Riester-Rente, diese bilden der Bund der Versicherten, Bürgerbewegung Finanzwende und Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Neu ist die Forderung nicht, die Kampagne zielt unter Zuhilfenahme eines drastischen Vokabulars direkt auf die Bundestagswahl. Die Versicherungswirtschaft habe mit „hohen Kosten“ und „unfair kalkulierten Lebenserwartungen“ die Riester-Rente „zum Desaster geführt“. Das Produkt sei „ineffizient, intransparent und handwerklich schlecht umgesetzt“. Letztlich sei sie am „Unvermögen der Versicherer gescheitert“.

Aus dieser Ansicht resultiert die Forderung, dass die Riester-Rente „beendet werden muss“. Dafür brauche es ein „klares und unmissverständliches Bekenntnis der Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl“. Die Parteien müssen sich aus ihrer Sicht für eine „günstige und einfache Zusatzvorsorge“ und ein „öffentlich organisiertes Vorsorgeangebot“ einsetzen. Die bisherigen Verträge sollen „Vertrauensschutz genießen“ und „wie bisher“ gefördert werden, allerdings müsse ein „kostenfreier Wechsel“ in ein „neues System“ möglich sein.

„Die Riester-Rente ist gescheitert. 20 Jahre lang wurde damit Rentenpolitik für die Versicherungslobby gemacht. Jetzt muss Schluss sein. Es braucht ein einfaches und kostengünstiges Vorsorgeangebot für die Bürger“, erklärt Gerhard Schick, Chef der Bürgerbewegung Finanzwende. Er war früher der Finanzexperte der Grünen, sein Wort dürfte in der Partei noch Gewicht besitzen. Derzeit liegen die Grünen in einigen Umfragen vorne.

„Weltweit erfolgreichste staatlich geförderte Altersvorsorge“

Wie Ebbe auf Flut folgt der Kritik an der Zusatzrente die Verteidigung durch den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Die Versicherer ziehen nach 20 Jahren Riester eine „überwiegend positive Bilanz“. Die Pauschalkritik der Verbraucherschützer wird zurückgewiesen.

„Mit aktuell über 16 Millionen abgeschlossenen Verträgen ist Riester die weltweit erfolgreichste freiwillige staatlich geförderte Altersvorsorge“, erklärt GDV Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Das Konzept funktioniere. „Wer wie vorgesehen in einen Riester-Vertrag einzahlt, kann mit einem Rentenplus von rund 20 Prozent rechnen, wie die Deutsche Rentenversicherung ermittelt hat. „Die Kritik an Transparenz und Kosten sei falsch. „Jeder erfährt vor Vertragsabschluss in Euro und Cent, was zu zahlen ist.“

Wie bereits zuvor einige Politiker sieht auch Asmussen Reformbedarf bei Riester. „Erstens ist ein Kapitalaufbau mit 100-prozentig garantiertem Beitragserhalt mit einem Höchstrechnungszins von künftig 0,25 Prozent kaum möglich. Und zweitens könnte Riester noch viel mehr Menschen erreichen, wenn wir die Förderung auf alle Bevölkerungsgruppen ausweiten und das komplizierte Zulagensystem vereinfachen.“ Die Versicherer haben im Jahr 2019 einen Reformplan vorgelegt, der sich „schnell und einfach“ umsetzen ließe.

Bei der Forderung der Kritiker nach einem „kostengünstigen Vorsorgeangebot“ ist der GDV gesprächsbereit. „Im Zuge einer Reform lässt sich über ein einfaches, digital vertriebenes und kostengünstiges Standardprodukt reden. Die Rahmenbedingungen müssen so ein Produkt aber auch ermöglichen“, sagt Asmussen.

Ein Herumdoktern an der Riester-Rente lehnen die Verbraucherschützer ab. „Die Riester-Rente wurde zwanzig Jahre lang reformiert. Sie ist nicht reformierbar. Konsequenz muss sein, sie abzuschaffen“, erklärt Klaus Müller, Chef des VZBV. Es brauche einen „Neuanfang zugunsten der Verbraucher“.

Ob der kommt, werden die Wähler im September entscheiden – eine VWheute-Analyse zeigt, was die momentan führende grüne Spitzenkandidatin Annalena Baerbock bei der Altersvorsorge möchte.

Autor: Maximilian Volz

2 Kommentare

  • Dr. Andreas Billmeyer

    So machen sich Verbraucherschützer vollständig unglaubwürdig!

    Anscheinend kein Praxis-Verständnis, dass ein Produkt wie Riester beraten werden muss und das das nicht kostenlos passieren kann. Der Vorwurf über Rentenfaktoren ist auch irreführend, da bei Riester 30% der Kapitals gar nicht verrentet werden muss und darüber hinaus – sollten die Rentenfaktoren zu vorsichtig kalkuliert sein – mindestens 90% der daraus resultierenden Überschüssen an die Versicherten gehen!

    Es geht nicht, nur weil es Porsches am Markt gibt, die über 100.000 EUR kosten, generell zu lamentieren Autos wären zu teuer!

  • „Öffentlich organisiertes Vorsorgeangebot“… Das kann nur schief gehen! Dazu wird dann wahrscheinlich eine Behörde mit 2000 Beamten aus dem Boden gestampft, die glauben, sie durchblicken den Kapitalmarkt besser als Finanzexperten von Versicherungen und Banken! Wie effizient eine Behörde arbeiten kann, hat man in den letzten 12 Monaten zu Genüge gesehen… (Ironie off)

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