Riester wirklich bald am Ende? Diese „Vertriebskiller“ wollen CDU und FDP beseitigen

Bildquelle: Deutscher Bundestag/ Simone M. Neumann

Die FDP-Bundestagsfraktion will die politischen Diskussionen über eine überfällige Reform der Riester-Rente weiter befeuern. Dabei wissen die Liberalen, dass die von der Regierungskoalition im Koalitionsvertrag festgehaltene Reformabsicht bei Riester an der SPD längst gescheitert sei. Der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler brachte den Antrag „Für ein Volk von Eigentümern – Riester reformieren“ (Bundestagsdrucksache 19/29209) namens der Fraktion in den Bundestag ein.

Nach Ansicht der FDP sollte die Bundesregierung noch in der laufenden Legislaturperiode die verpflichtende Beitragsgarantie und die Verrentungspflicht aufheben. „Den Anlegern sollte es möglich sein, zwischen Produkten ohne Garantie, mit Teilgarantie oder vollem Kapitalschutz frei zu entscheiden“, heißt es in dem Antrag. Altverträge sollten steuerunschädlich umgeschichtet werden können oder es sollten aus diesen die Beitragsgarantie und Verrentungspflicht abgeschafft werden können.

Brodesser: Für den großen Wurf wird es nicht reichen

Der CDU-Finanzexperte Carsten Brodesser hatte indes in der Mai-Ausgabe der Versicherungswirtschaft zwar die Notwendigkeit einer weitgehenden Reform bei der Riester-Rente unterstrichen, aber auch eingeräumt, angesichts dem sich nähernden Ende der Legislaturperiode „wird es zu einem großen Wurf nun nicht mehr reichen“.

„Als CDU/CSU setzen wir weiterhin neben der gesetzlichen Säule auf die betriebliche und die private Säule der Altersvorsorge. Nur dies gewährleistet ein ausgewogen stabiles Auskommen im Alter. Dies war seinerzeit auch Ausgangspunkt für die Riester-Reform 2001, die Bürger über staatliche Förderung zur privaten Altersvorsorge anzureizen. Als Instrumente dienen vor allem Zulagen für die niedrigeren Einkommen und eine nachgelagerte Besteuerung für höhere Einkommen“, kommentiert Brodesser.

„Immerhin 16,4 Millionen Bürger vertrauen dem Riester-Modell, weshalb ich es aufgrund des Vertrauensschutzes gegenüber diesem Produkt für wichtig erachte, dieses marktgerecht weiterzuentwickeln. Denn Fakt ist auch, dass die Zahl der Verträge stagniert. Als ‚Vertriebskiller‘ gelten ein kompliziertes Zulagenverfahren, teils spätere Zulagenrückforderungen und geringe Rendite bei teils recht hohen Vertriebskosten. Der Anteil der ruhend gestellten Riester-Verträge liegt bei rund 20 Prozent“, ergänzt der Finanzexperte der Union.

Scharfe Kritik an der Reform

Der Reformbedarf ist jedenfalls erkannt: „Selbst der sehr verhaltene Bericht der Rentenkommission kritisiert die Riester-Rente als wenig bürgerfreundlich. Kundinnen und Kunden berichten von hohen Abschlussgebühren und Beratungen für Versicherungsprodukte, die sich durch hohe Provisionen und niedrige Renditen auszeichnen“, kommentiert Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK Deutschland.

Allerdings übt sie scharfe Kritik an den Plänen der Bundesregierung: „Die Bundesregierung will die Riester-Rente nun reformieren. Indem sie – es ist kaum zu fassen – den jammernden Anbietern entgegenkommt. Bisher waren wenigstens 100 Prozent der eingezahlten Summe garantiert. Nun sollen es nur noch 80 Prozent sein. Das ist Steuergeld-Verbrennung und keine ‚Reform‘. Die Fördergelder, die jetzt in die klinisch tote Riester-Rente gesteckt werden, wären in der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung tausendmal besser aufgehoben. Das wäre eine echte Reform.“

Die Finanzwende kritisiert zudem, dass sich das Kostenproblem nicht wegreformieren lassen werde. „Schließlich hatten die Versicherer angesichts sinkender Zinsen schon viel Zeit, um ihre Abschlusskosten zu senken. Fast 20 Jahre ist so gut wie nichts passiert. Sobald das Thema Kosten politisch wieder von der Agenda verschwand, etwa nach dem Lebensversicherungsreformgesetz, machten die Versicherer beharrlich weiter wie zuvor.“

Tatsächlich seien „die hohen Kosten der Versicherer gar kein Riesterthema, sondern auch bei anderen Rentenprodukten zu beobachten – zum Beispiel bei Rürup-Policen. Die Branche hat es schlicht versäumt, ihre Hausaufgaben zu machen und die Kostenapparate anzupassen. Insofern kann man die staatlichen Zulagen für Riester-Renten auch als eine Art subventioniertes Beschäftigungsprogramm für Vertriebe verstehen.“

Der GDV indes moniert, dass die Politik erneut wertvolle Zeit für notwendige Änderungen ungenutzt lasse und damit das Vertrauen der Menschen in die Verlässlichkeit der Alterssicherung beschädige. Auch für die Versicherungsunternehmen sei der Status quo eine Hypothek. „Das Festhalten an der 100-prozentigen Beitragsgarantie ist im Niedrigzinsumfeld eine enorme Herausforderung für die Unternehmen und bringt die Sparer um Renditechancen“, konstatiert GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.

Zudem schlug er in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung vor, dass Versicherte bei künftigen Riester-Verträgen nur noch eine Garantie für 80 statt der bisher gesetzlich vorgeschriebenen 100 Prozent ihrer Einzahlungen erhalten sollten. „Sonst könnte es ab 2022 große Probleme geben, wenn der Höchstrechnungszins abgesenkt würde und gleichzeitig die 100-Prozent-Beitragsgarantie erhalten bliebe, was zu einer De-facto-Beerdigung der Riester-Rente führen würde.“

Bis Ende Juni stehen jedenfalls nur noch drei volle Sitzungswochen an. Als wesentliches Hindernis bei Riester wird in Zeiten von Null- und Negativzinsen vor allem die geforderte Beitragsgarantie gesehen, dass eingezahlte Beiträge und Zulagen zu Rentenbeginn zur Verfügung stehen müssen, wie auch Schäffler feststellt. Mit einem großen Wurf bei der Riester-Rente ist in dieser Legislaturperiode dennoch nicht mehr zu rechnen.

Autoren: VW-Redaktion und Manfred Brüss

Ein Kommentar

  • Dr. Andreas Billmeyer

    Frau Bentele scheint von den Entwicklungen des Zinsmarktes der letzten 20 Jahres und zudem auch von finanzmathematischen Grundlagen nun wirklich gar nichts mitbekommen zu haben.

    Solange der Kunde Beratung braucht, auch weil das Produkt gerade vom Gesetzgeber so komplex (2 fache Förderung per Zulage + Steuer) gemacht wurde, ist das Jammern über Abschlusskosten (die ja eigentlich Beratungskosten heißen müssten) völlig fehl am Platze!

    Eine generelle Freiheit der Auszahlung sehe ich aber eher negativ, denn Riester soll ja gerade eine Rente erhöhen und nicht mit 65/67 insgesamt verjubelt werden. Auch derzeit kann man ja bereits 30% sofort erhalten, was einen guten Kompromiss darstellt. Ggf. wäre auch ein Auszahlplan – aber mind. über 30 Jahre – vorstellbar…

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