Umfrage: 20 von 30 Versicherern befürchten Imageschäden durch Corona

mohamed Hassan auf Pixabay

Rund ein halbes Jahr nach dem Ausbruch der Pandemie stellt sich für die deutsche Versicherungswirtschaft die Situation deutlich positiver dar als noch zu Beginn. Das Glas ist halbvoll, sowohl was Vertrieb als auch Digitalisierung angeht, doch das Image bereitet Sorgen.

Der Anteil der Versicherer, die in der Corona-Krise auch Chancen sehen, beträgt inzwischen 90 Prozent. Im Frühjahr hatte dieser Anteil bei 62 Prozent gelegen, wie aus einer aktuellen Umfrage der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY und der V.E.R.S. Leipzig GmbH hervor. Ebenso sind die Erwartungen an das Neugeschäft besser als noch vor ein paar Monaten: 14 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die Branche insgesamt leicht wachsen wird. In der vorangegangenen Befragung hatte lediglich ein befragtes Unternehmen ein stark wachsendes Neugeschäft erwartet. Bei zwölf der 30 befragten Versicherer entwickelte sich das Neugeschäft seit Ausbruch der Pandemie bereits positiv.

Über sechzig Prozent der Versicherer erwartet bei Betriebsschließungs- und Veranstaltungsausfallversicherungen ein wachsendes Neugeschäft für 2020/21. Immerhin 59 Prozent sehen mehr Abschlüsse bei Krankenzusatzversicherungen. Unter dem Strich rechnen die Versicherer auch bei der Reiserücktritts-, der Rechtsschutzversicherung, der Risikolebens- sowie der Berufsunfähigkeitsversicherung mit einem Plus für die Branche.

20 Prozent glauben an Stellenabbau

Wie im Frühjahr rechnen ein Fünftel der Unternehmen damit, dass es in den kommenden zwei Jahren „eher zu einem Personalabbau kommt“. Allerdings schließen auch 35 Prozent einen Personalabbau komplett aus – im Frühjahr war das bei keinem einzigen Unternehmen der Fall. Mit Prämienerhöhungen rechnen nur zwölf Prozent der Befragten, im Frühjahr waren es noch 21 Prozent.

 „Nach anfänglicher Unsicherheit hat sich die Versicherungsbranche mittlerweile gut auf die Veränderungen durch die Corona-Pandemie einstellen können. Nicht nur das: Wie jede Krise bietet auch diese Krise eine Chance. Die nötigen Umstellungen zur Digitalisierung und die Transformation ihrer Geschäftsmodelle können und müssen die Versicherungsunternehmen jetzt konsequenter angehen. In Zukunft werden sich die Unternehmen mit den besten digitalen Lösungen entlang der Wertschöpfungskette durchsetzen“, erklärt Thomas Korte, Lead Partner und Leiter des Versicherungsbereiches bei EY in Deutschland.

Digitalisierungsschub Corona?

Laut Studie sehen mittlerweile „alle Versicherer“ einen Digitalisierungsschub, ausgelöst durch die Erfahrungen während der Pandemie. Stolze 93 Prozent sehen Chancen in der Flexibilisierung der Arbeitsmodelle und 60 Prozent erwarten einen moderneren Vertrieb.

„Die schnellere und bessere Betreuung durch digitale Direktvertriebsmodelle kann auch dem Image der Versicherer helfen“, so Prof. Dr. Fred Wagner, Vorstand des Instituts für Versicherungswissenschaften e.V. an der Universität Leipzig.

Immerhin 20 der 30 Unternehmen fürchten, dass sich die Corona-Krise negativ auf das Image der Versicherer auswirken könnte. Wagner sieht das nicht so: „Gerade jetzt in der Krise haben die Versicherer die Chance, sich als Partner an der Seite der Kunden und der Gesellschaft zu positionieren – was langfristig positiv auf das Image einzahlen wird. Störend für das Image sind allerdings die Auseinandersetzungen um die Betriebsschließungsversicherungen.“

Bereits jetzt hat mehr als die Hälfte der Befragten (54 Prozent) Kulanzzahlungen für Schäden geleistet. Ebenso viele haben z.B. an medizinische Einrichtungen und Hilfsfonds gespendet und 42 Prozent haben lokale Einrichtungen unterstützt. Langfristig sehen 93 Prozent der Befragten insbesondere durch optimierte, digitale Kundenschnittstellen positive Auswirkungen auf das Image, 74 Prozent durch die Kulanzzahlung von Schäden.

Der Druck bleibt hoch

Trotz der Lichtblicke: 97 Prozent der befragten Versicherer sehen nach wie vor Herausforderungen. Insbesondere in den Bereichen Neugeschäft (87 Prozent) und Kapitalanlagemanagement (83 Prozent). Allerdings ist der Anteil im Vergleich zur Befragung im Frühjahr „deutlich zurückgegangen“. Zugenommen haben dagegen die Sorgen in den Bereichen Informationstechnik und Betriebsorganisation.

Zudem werden nach Ansicht der Befragten die Schadenquoten bei zahlreichen Versicherungsprodukten steigen, insbesondere bei Betriebsschließungs-, Veranstaltungsausfall- und Reiserücktrittsversicherungen. Darüber hinaus entwickelt sich die Rendite der Kapitalanlagen bei etwa der Hälfte der Unternehmen (54 Prozent) negativ.

Konsolidierung des Marktes schreitet voran

„Langfristig wird es zu einer Zunahme der Transaktionen und Zusammenschlüsse im Versicherungsmarkt kommen“, erwartet Korte, der auch die marktführende Transaktions- und Strategieberatung für Versicherungsunternehmen bei EY in Deutschland und für Europa leitet. „Denn die Corona-Krise zwingt die Unternehmen, ihr gesamtes Portfolio zu überprüfen und neue Geschäftsmodelle einzuführen. Daraus können Herausforderungen entstehen, denen der ein oder andere Versicherer alleine gegebenenfalls nicht gewachsen ist. Für strategische Investoren könnten sich dadurch attraktive Akquisitions- oder Fusionsmöglichkeiten ergeben.“

Für die Studie haben EY und die V.E.R.S. Leipzig GmbH im September 30 Vorstände beziehungsweise leitende Repräsentanten von Versicherungsunternehmen in Deutschland und Österreich befragt, nach einer ersten Befragung im März/April.

Die komplette Studie finden Sie auf der Webseite des Unternehmens.

Autor: VW-Redaktion

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