Bafin: Corona-Pandemie für Lebensversicherer nicht existenzbedrohend

Gebäude der Finanzaufsicht Bafin: Bildquelle: Kai Hartmann Photography / BaFin

Das deutsche Finanzsystem kommt nach Einschätzung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) nicht zuletzt durch die Maßnahmen der Bundesregierung, der Europäische Zentralbank und der Aufsicht vergleichsweise gut durch die Corona-Krise.

Bafin-Präsident Felix Hufeld sprach von „Blessuren“ (Banken), „blauem Auge“ (Fondsindustrie) und gab für die Lebensversicherer Entwarnung. In der telefonisch abgehaltenen Jahrespressekonferenz überwogen die Bankenthemen. Bei den Assekuranzthemen ging es um Pensionskassen, die Betriebsschließungsversicherung und den (Höchst-) Rechnungszins.

Die Corona-Pandemie setze den Lebensversicherern in der Kapitalanlage zwar zusätzlich zu, „existenzbedrohend ist die Situation aber aus heutiger Sicht nicht“, sagte Hufeld. Eine Abfrage bei ausgewählten Unternehmen habe gezeigt, dass die Solvenzquoten sinken, es komme aber „bei keinem dieser Unternehmen zu einer Unterdeckung“. Die Flexibilität des Regelwerks Solvency II mit den Übergangsvorschriften würden der Branche „gerade sehr helfen“.

Assekuranz widerstandsfähig

Mit Blick auf weitere Folgen der erwarteten Rezession wie Einbruch des Neugeschäfts oder hohes Storno sagte er: „Noch sorgen wir uns nicht, aber wir sehen umso genauer hin.“ Die Assekuranz sei „alles in allem widerstandsfähig, obwohl auch sie seit Jahren zu kämpfen hat.“  Sein bisheriges Resümee aus der Krise: „Abstriche an der Finanzstabilität dürfen wir nie mehr zulassen. Aber vielleicht zeigt uns die Krise ja, wo wir regulatorisch noch besser werden können.“

Die Lage der Pensionskassen habe sich durch Corona eher erschwert, sagte Frank Grund, Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht. Im Jahresbericht 2019, der noch frei vom Einfluss der Pandemie ist, heißt es, dass die Pensionskassen „bereits frühzeitig Maßnahmen ergriffen (hätten), um ihre Risikotragfähigkeit zu erhalten. Dies lässt sich auch an den Ergebnissen der Prognoserechnung 2019 ablesen: In vielen Fällen haben die Pensionskassen bereits zusätzliche Rückstellungen gebildet.“ 35 Pensionskassen stehen nach Aussage von Grund unter „intensivierten Aufsicht“. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Trägerunternehmen und die Arbeitgeber ihre Pensionskassen weiter unterstützen müssten, sei durch Corona gewachsen, so Grund. Man müsse schauen, ob die Unternehmen dies auch leisten könnten. Zudem berichtete er auf Nachfrage, dass aktuell über die Anträge von vier weiteren Kassen entschieden werde, den Rentenfaktor zu kürzen.

Einvernehmliche Lösungen in Graufällen

Zu den Streitigkeiten um die Betriebsschließungsversicherung sagte Grund, dass in den Fällen, in denen der Versicherungsschutz bei einer behördlichen allgemein Schließungsverfügung eindeutig ausgeschlossen sei, die Versicherer nicht leisten sollten. Denn dies schade dem jeweiligen Versichertenkollektiv. In allen Graufällen begrüße die Aufsicht es aber, wenn möglichst einvernehmliche Lösungen gefunden würden. Grund erinnerte daran, dass es hierfür ja auch gute Argumente wie die Vermeidung von teueren Rechtsstreitigkeiten, Reputationsverlust oder auch die Neukundengewinnung gebe. 

Tarife, bei denen noch ein Rechnungszins von 0,9 Prozent im Neugeschäft gilt, seien nicht nachhaltig kalkuliert „Das halten wir nicht für angemessen“, so Grund. Hier seien das Risikomanagement, der Verantwortliche Aktuar und die versicherungsmathematische Funktion des Unternehmens gefragt. Dabei verwies Grund auf einen Bericht im Bafin-Journal im März, in dem die Aufsicht „erhebliche Zweifel“ geäußert hatte, ob die einzelnen Anbieter „auf Dauer mit hinreichender Sicherheit“ ihrer Zinsversprechen auch tatsächlich verdienen.

Bei den regulierten Pensionskassen werde ein Rechnungszins „oberhalb von 0,25 Prozent nicht unbefristet“ genehmigt, so Grund. Die Deutsche Aktuarsvereinigung, die den Höchstrechnungszins nur auf 0,5 Prozent abgesenkt haben will, hatte vor einigen Tagen geäußert, dass sie fürchte, dass sich die Bafin beim Bundesfinanzministerium auch für die Absenkung des Höchstrechnungszinses auf 0,25 Prozent ausgesprochen habe.

Autorin: Monika Lier

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