Hohe Vertriebskosten: GDV-Präsident Rollinger sieht Fälle von Fehlberatung, aber das sei nur eine „kleine Minderheit“

Top-Manager Norbert Rollinger. Bildquelle: GDV
Als GDV-Präsident muss Norbert Rollinger nun die gesamte Branche auf der großen politischen Bühne verteidigen – in erster Linie die hohen Abschlusskosten in der Lebensversicherung. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung geht er in den Angriffsmodus und kritisiert die Bürger, dass sie ihre Freiheiten aufgeben und bei jeder Krise nach dem Staat rufen. In der Folge würden löchrige Konzepte von der Aktienrente und der Flut-Pflichtversicherung entstehen, weil man die Versicherungsbranche nicht miteinbezog.
„Bei der Altersvorsorge wollen und sollten wir unbedingt beteiligt werden“, erklärt der frisch gewählte GDV-Präsident Norbert Rollinger gegenüber der SZ. Er verweist hierbei auf die Expertise der Assekuranz. „Die privaten deutschen Versicherer haben 1.800 Mrd. Euro an Kapitalanlagen. Wir wissen, wie das Geld so angelegt wird, dass wir unseren Verpflichtungen nachkommen können.“
Was die Politik hingegen stört, sind die hohen Vertriebskosten. Das verstehe Rollinger, aber damit würde eben „auch die Beratungsleistung bezahlt. Man sollte nicht so tun, als seien diese Milliarden ein leistungsloses Einkommen von Vermittlern. Wir tun sehr viel für die Qualität der Beratung. Wir schulen, wir führen Prüfungen durch.“ Dass es mit den Provisionen auch Fehlberatung gebe, streite er nicht ab. Seine Antwort darauf: „Es gibt auch schlechte Lehrer. Aber Lehrer an sich sind gut und wichtig, und wir dürfen sie nicht wegen einer kleinen Minderheit pauschal kritisieren.“ Außerdem merkt er an, dass das Gerede über renditezehrende Kosten auch dadurch entstanden sei, dass die Zinsen künstlich niedrig gehalten wurden.
Rollinger hofft weiterhin, dass die Politik trotz der wichtigen Themen wie Krieg und Inflation sich auch mit der Reform der Altersvorsorge auseinandersetzt. „Wenn wir in eine Rezession gehen, werden die Steuereinnahmen sinken. Da wird es schwieriger, diesen Block von 100 Mrd. Euro für die gesetzliche Rente zu finanzieren, plus die Milliarden für die Bundeswehr. Das wird sehr eng. Es macht deshalb Sinn, jetzt über die Altersvorsorge zu reden und sicherzustellen, dass wir wegen der aktuellen Situation nicht in 20, 30 oder 40 Jahren ein großes Problem haben.“
Rollinger fordert und kritisiert, aber gesteht auch im Interview Fehler ein. Dass man zum Beispiel während der Pandemie nicht klar kommuniziert habe, was bei einer Betriebsschließung versichert sei. Oder dass man fünf Jahre lang überhöhte Daten über Schäden in der D&O-Versicherung veröffentliche – das ist für ihn ein „sehr unangenehmes Thema. Das darf nicht wieder passieren.“ Wie kritisch das Thema Cyber und die Gesamtstimmung im GDV-Verband ist, soll eine Mitgliederbefragung herausfiltern.
Autor: VW-Redaktion