Allianz-Strategie 2024: Oliver Bäte will noch einmal über sich hinauswachsen

Allianz-Chef Oliver Bäte. Quelle: Allianz

Viele Blicke richten sich heute nach München. Allianz-Chef Oliver Bäte, der in den vergangenen Wochen alle Hände voll zu tun hatte, wird seine neue Dreijahresstrategie präsentieren, vielleicht in seiner anspruchsvollsten Phase als CEO. Nach der „Renewal Agenda“ 2016 und „Simplicity wins“ 2019 soll bis Ende des Jahres 2024 im Optimalfall alles bisher Erreichte noch mal in den Schatten gestellt werden. Ist das überambitioniert? Im Erfolgsfall könnte sich ein Kreis schließen. Bätes aktueller Vertrag läuft in drei Jahren aus.

Im Rahmen des Capital Markets Day berichten CEO Oliver Bäte, CFO Giulio Terzariol, die Vorstandsmitglieder Barbara Karuth-ZelleChris Townsend und Andreas Wimmer sowie Pimco-Boss Emmanuel Roman über Strategie und Ziele der Allianz-Gruppe.

Im Fokus wird wie immer der Manager Bäte stehen. In den vergangenen Wochen und Monaten haben sich einige Baustellen geöffnet. Allen voran die juristischen Auseinandersetzungen und behördlichen Untersuchungen in den USA um „Structured Alpha Funds“. Laut Bäte werden sie ihre Spuren hinterlassen, den Konzern aber nicht von seinem Weg abbringen. Der Konzern will weiterhin wachsen, investieren und den versprochenen Aktienrückkauf über 750 Mio. Euro bis Ende Dezember umsetzen. Analysten rechnen mit einem weiteren Rückkauf im Wert von einer Milliarde Euro.

Krisen klein halten

Die Allianz will den Vorfall in der Öffentlichkeit, aber auch gegenüber ihren Partnern als einmalige Sache darstellen. „Wir können uns das leisten”, sagte Bäte zunächst. Nach einem starken zweiten Halbjahr, in dem bereits 55 Prozent des für 2021 Geplanten eingefahren sind, korrigierte er das Gewinnziel: Erwartet wird für 2021 ein Betriebsgewinn von zwölf bis 13 Mrd. Euro statt zwölf Mrd. Euro, mit einer Spanne von einer Milliarde Euro nach oben wie nach unten.

Die Belastungen aus den Hedgefonds, die die Allianz Global Investors US LLC aufgelegt hat, können aber über Rückstellungen den Jahresüberschuss treffen. Man hört, dass es viele Investoren dem Konzern übelnehmen, dass der Fall lange Zeit kleingeredet wurde.

Indes bereitet auch die Allianz Direct dem Unternehmen Kopfschmerzen. Mit viel öffentlichem Wirbel und mächtig viel Rühren der Werbetrommel gestartet, sorgte der Direktversicherer vor allem in der Anfangsphase für negative Kundenreaktionen – und Schlagzeilen.

Die Beitragseinnahmen im ersten Quartal sind kräftig zurückgegangen – in Deutschland um ein Viertel, in Italien um zehn Prozent. Lediglich in den Niederlanden gab es ein Plus von zehn Prozent, berichtete Finanzchef Giulio Terzariol Mitte Mai 2021 bei der Präsentation der Quartalszahlen für die ersten drei Monate des laufenden Jahres. „Die Profitabilität war nicht gut genug”, betonte der Allianz-Finanzvorstand. Etablierte Player wie Huk24 haben die Nase vorn.

Bäte zu zögerlich bei Personalentscheidungen im Topmanagement?

Verstärkten Kontakt in die Führungsriege wird vonseiten der Allianz künftig Philipp Kroetz haben. Er übernimmt zum Jahreswechsel als CEO der Allianz Direct und folgt auf Bart Schlatmann. Kroetz soll für die kundenzentrierte Innovationsarbeit in der Kfz-, Hausrat- und Reiseversicherung sowie für die Skalierung der gemeinsamen digitalen Plattform zuständig sein. Aktuell treibt er bei Allianz Partners die globale Skalierung und Standardisierung von Produkten, Prozessen und Plattformen voran. Ganz im Managementverständnis Bätes.

Zuletzt kritisierte das Manager Magazin den CEO dafür, bei Personalien danebenzugreifen oder Probleme erst anzugehen, wenn es eigentlich schon zu spät sei. Die Allianz X bekam in diesem Bericht ihr Fett weg, weil ihr ursprünglicher Geschäftsansatz nicht funktionierte und sie ihre Strategie ändern musste.

Erwähnt werden muss hier aber auch, dass der digitalen Investmenteinheit im November ein beachtlicher Coup gelang. Allianz X brachte seinen Versicherungsmakler Finanzen Group in den digitalen Versicherungsmakler Clark ein. Dadurch entstand eines der „weltgrößten Insurtechs” mit gewaltigen Expansionsplänen. Dem bisher größten deutschen Insurtech Wefox ist damit auch national ein Konkurrent erwachsen.

Die Erwartungen der Finanzexperten zur neuen Allianz-Strategie sind immens. Ein Gewinnplus von fünf Prozent je Aktie könnte wie bisher schon im neuen Programm stehen.

Indes dürfte die Konzernführung auch das Jahr 2023 fest vor Augen haben. Dann nämlich wird der neue Bilanzierungsstandard IFRS 17 ins Leben gerufen. „Klar ist: Es wird teuer, und viele Unternehmen sehen nur einen mäßigen Mehrwert im Vergleich zum aktuellen Berichtswesen nach IFRS 4“, schreibt Willis-Towers-Watson-Experte Simon Kazmierowski in der Zeitschrift Versicherungswirtschaft. „Insgesamt 15 bis 20 Mrd. Dollar wird die Umsetzung von IFRS 17 weltweit kosten.“

Neben diesem Punkt sollen die Bereiche Verantwortung und Gesellschaft in der kommenden Strategie ihren festen Platz finden. Das kündigte Bäte bereits in einem Interview mit dem Handelsblatt an. Altersvorsorge, Gesundheit und bezahlbares Wohnen sind die Themen.

Unumstritten im Konzern

Der Aufsichtsrat der Allianz SE glaubt fest an die Vorhaben und Ziele Bätes. „Dies lässt sich an seiner Zielerreichung in den vergangenen Jahren und auch an seiner vorzeitigen Vertragsverlängerung im Jahr 2018 ablesen. Unsere Beurteilung liegt nicht nur in den sehr guten finanziellen Ergebnissen begründet, sondern wird auch durch die sich ständig verbessernde Zufriedenheit von Kunden und Mitarbeitern bestätigt“, sagte Aufsichtsratsvorsitzender Michael Diekmann Anfang des Jahres.

Bäte geht seinen Weg. Wenn der Manager seine Ziele bis 2024 erreicht, schließt sich für ihn ein Kreis. Vielleicht wartet danach schon der Aufsichtsrat.

Autor: Michael Stanczyk

Richtigstellung: In der ursprünglichen Fassung des Artikels schrieben wir in Bezug auf den Structured Alpha Fonds: „Eine unmittelbare personelle Folge der Geschichte: Jacqueline Hunt zog sich aus dem Vorstand sowie aus dem Tagesgeschäft bei der Allianz zurück. Ein Zeichen an die Öffentlichkeit. Bäte schätzt die Managerin aber weiterhin und berief sie zu seiner strategischen Beraterin.“

Diese Aussage ist falsch. Der Wechsel von Frau Hunt in die Rolle der strategischen Beraterin des Vorstandsvorsitzenden der Allianz Gruppe steht in keiner Weise im Zusammenhang mit dem Structured Alpha Fonds. Tatsächlich hat sie ihren Wunsch geäußert, vor dem Ende ihres zweiten Vertrags im Jahr 2018 aus dem Vorstand der Allianz auszuscheiden, während sie diesen aushandelte. Damals entschied sie sich, ihren Vertrag um drei statt der üblichen fünf Jahre zu verlängern. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.