Oliver Bäte: „Wir gewinnen im Jahr zwischen acht und zehn Millionen Kunden in Europa und verlieren gleichzeitig zwischen acht und neun Millionen“

Oliver Bäte, Vorstandsvorsitzender Allianz. Bildquelle: Allianz

Die Geschäfte entwickeln sich rein zahlenmäßig positiv für die Allianz. 2024 haben die Münchener mit einem Gewinn von 16 Mrd. Euro wieder ein Rekordergebnis eingefahren. „In Summe läuft es für uns sehr gut“, sagt CEO Oliver Bäte im Gespräch mit der FAZ. Er räumt aber auch ein, dass der Versicherer netto zu wenig Kunden behält.

„Die Allianz ist lange Zeit nicht besonders stark gewachsen. In den vergangenen Jahren war das aber anders. Zum Teil lag das an Preiseffekten“, erklärt Bäte im Interview. Der Versicherer habe jedoch einen Hebel, der ausschließlich etwas mit ihm zu tun habe. „Wir gewinnen im Jahr zwischen acht und zehn Millionen Kunden in Europa. Gleichzeitig verlieren wir zwischen acht und neun Millionen. Die Allianz ist ein sehr gutes Verkaufsunternehmen, behält aber netto noch zu wenig Kunden.“

Der Vorstandsvorsitzende, dessen Arbeitsvertrag bis zur Hauptversammlung 2028 läuft, kündigt vor diesem Hintergrund an, dass die Allianz in den kommenden Jahren ihren Fokus stärker auf die Themen Storno, Stornoverhütung und Kundenbindung legen wolle. „Dazu haben wir in Produkte, Kundenservice und Marke investiert“, sagt Bäte.

Der Manager hebt immer wieder seine Sichtweise hervor – auch vor dem Hintergrund der aktuellen Präsentation der Jahreszahlen – dass Wachstum die Folge der erfolgreichen Erfüllung von Kundenbedürfnissen sei. Man müsse Produkte und Dienstleistungen anbieten, die wirklich gebraucht werden, und sich das Vertrauen der Kunden vor allem in Krisenzeiten verdienen.

Der langjährige Allianz-Manager und ehemalige McKinsey-Berater prognostiziert für die Branche eine Konsolidierung.  „Die durchschnittliche Profitabilität sinkt. Viele Wettbewerber, die umfangreich in Digitalisierung, Compliance und Vertriebsprofessionalisierung investieren müssen, stoßen an ihre Grenzen. Das sehen sie in Deutschland, wo viele kleinere Versicherer, die ausländischen Gesellschaften gehören, neue Eigentümer suchen. Davon wollen wir organisch profitieren.“

Letzten Freitag kamen Berichte auf, dass im Zuge eines möglichen Eigentümerwechsels mehrere der weltweit größten Versicherer und Fondsmanager ihre finalen Gebote für das Frankfurter Run-off-Unternehmen Viridium vorbereiten. Dazu gehört auch ein Konsortium aus dem Vermögensverwalter BlackRock, der Allianz und dem japanischen Lebensversicherer T&D Holdings.

Im FAZ-Interview erklärt Bäte, dass die Allianz keine größeren Gesellschaften kaufen wolle, aber hinschaue, wenn etwas „Großartiges“ auf den Markt käme. „Die Realität sind aber die kleineren Ergänzungskäufe, wie wir sie in den vergangenen Jahren getätigt haben. Die schließen wir nicht aus.“

Von der geplatzten Übernahme von Income Insurance in Singapur war der Allianz-Chef überrascht, wie er im Rückblick erklärt. Die Regierung habe ein über zwei Jahre laufendes Projekt aus wahltaktischen Gründen kurzfristig abgesagt. Die Hoffnung auf einen erfolgreichen Abschluss scheint Bäte noch nicht begraben zu haben. „Jetzt warten wir ab, was in diesem Jahr passiert.“

Gute Chancen auf organisches Wachstum sieht der CEO auf dem belgischen und spanischen Markt. Beide Länder werden von deutschen Managern geführt. Claudia Max hat seit dem Jahreswechsel die Gesamtverantwortung für die Benelux-Länder. Veit Stutz, ehemaliger Global Head of Business Transformation der Allianz-Gruppe, führt seit 2022 als Chief Executive Officer die Allianz Spanien.

Autor: VW-Redaktion