Montagskolumne mit Reiner Will: Warum Wissen bei der Altersvorsorge Macht ist
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Reiner Will ist geschäftsführender Gesellschafter und Mitbegründer der Assekurata Assekuranz Rating-Agentur. Quelle: Assekurata - von der Redaktion bearbeitet

Bekanntlich scheiden sich an der Riester-Rente die Geister. Befürworter loben deren Attraktivität, insbesondere durch die staatliche Förderung, die lebenslang stabile Rente und den Schutz vor Pfändung und Insolvenz bietet. Kritiker monieren neben der Intransparenz die teils hohen Abschlusskosten, die steuerpflichtigen Rentenzahlungen oder die vorausgesetzte hohe Lebenserwartung.

Immerhin 16,5 Millionen Verträge wurden seit Einführung abgeschlossen. Ein Misserfolg sieht anders aus. Seit 2013 haben sich die Zahlen absolut aber kaum noch geändert, damals wurde die 16-Millionen-Vertragsgrenze überschritten.

Infolge der anstehenden Absenkung des Höchstrechnungszinses wird künftig der Beitragserhalt für Riester-Rentenversicherungen kaum mehr herstellbar sein, weshalb alle Seiten auf den Gesetzgeber blicken und auf Änderungen hoffen.

Man braucht kein großer Prophet zu sein, um der Riester-Rente in der kommenden Regierung wenig Chancen einzuräumen. Der Blick in die aktuellen Wahlprogramme verdeutlicht dies nur zu klar. So heißt es bei den Grünen: „Die Riester-Rente hat sich aber als ein völliger Fehlschlag herausgestellt […]. Die Produkte sind teuer und undurchschaubar und haben zum Teil eine geringere Rendite als Omas Sparstrumpf. […] Wir wollen die Riester- und die Rürup-Rente durch einen öffentlich verwalteten Bürgerfonds ersetzen.“

Etwas freundlicher klingt es bei der SPD, gleichwohl unterscheidet sich die Zielsetzung nicht wesentlich. „Um den Bürgerinnen und Bürgern eine attraktive private Altersvorsorge zu ermöglichen, setzen wir uns für ein neues standardisiertes Angebot ein, das kostengünstig ist, digital und grenzüberschreitend und (nach schwedischem Vorbild) auch von einer öffentlichen Institution angeboten wird.“ Auch die Linke will Riester abschaffen und sie auf freiwilliger Basis in die gesetzliche Rente überführen. „Die staatlichen Subventionen von knapp vier Milliarden Euro jährlich beenden wir und erhöhen damit die Zuschüsse an die gesetzliche Rentenversicherung.“

Sowohl CDU/CSU als auch AfD nehmen das Wort Riester in ihrem Wahlprogramm gar nicht in den Mund. Stattdessen redet die Union explizit von einem Neustart: „Wir wollen sie effizienter, transparenter und dadurch attraktiver und einfacher machen.“ Kriterien für ein Standardvorsorgeprodukt will die CDU/CSU ebenfalls festlegen. Der Abschluss ist dann für alle Arbeitnehmer verpflichtend, es sei denn man widerspricht. Das Standardprodukt soll ohne Abschluss- und mit möglichst niedrigen Verwaltungskosten auskommen.

Einzig bei der FDP findet sich in Kombination mit angestrebten Reformen ein Hinweis auf eine Riester-Fortsetzung. „[…] die Anlagevorschriften bei der staatlich geförderten Altersvorsorge, zum Beispiel bei Riester-Verträgen, wollen wir öffnen. Der Wohn-Riester bleibt unberührt.“ Allerdings heißt es dort auch: „Wir Freie Demokraten wollen ein Altersvorsorge-Depot einführen. Ohne obligatorischen Versicherungsmantel vereinen wir so das Beste aus Riester-Rente (Zulagen-Förderung), Rürup-Rente (steuerliche Förderung) und dem amerikanischen Modell ‚401K‘ (Flexibilität und Rendite-Chancen).“

Wer sich professionell mit Altersvorsorge beschäftigt, wundert sich beim Lesen der Wahlprogramme, wo darin das Kundenverhalten Berücksichtigung findet. Faktisch belegt ist, dass heute noch der überwiegende Teil der Altersvorsorgebeiträge (auch im Neugeschäft) in Kombination mit (Beitrags-)Garantien angelegt wird. Finanzrational ist das darin zum Ausdruck kommende Sicherheitsbedürfnis der Kunden sicher nicht. Garantien fressen die Rendite.

Um in der Breite etwas zu verändern, bedarf es statt einer Standardaltersvorsorgelösung mehr Aufklärung und Wissen. Je besser die finanzielle Bildung, desto rationaler die finanziellen Entscheidungen. Der Begriff Bildung taucht auch sehr prominent in den Wahlprogrammen auf: 214-mal bei der Linken, 183-mal bei der FDP, 147-mal bei den Grünen, 106-mal bei der Union, 82-mal bei der SPD und 75-mal bei der AfD. Ein Bezug zur finanziellen Bildung findet sich jedoch nur an einer einzigen Stelle und auch dort nur unter ferner liefen: „Auch auf dem Finanzmarkt setzen wir auf einen fairen Wettbewerb, Schutz der Verbraucherinteressen, finanzielle Bildung, Transparenz bei Finanzprodukten sowie eine starke Aufsicht“, heißt es bei der CDU.

Was nicht in den Wahlprogrammen auftaucht, findet sich in aller Regel später nicht in den Regierungsprogrammen. Damit dürfte recht sicher sein, dass die Förderung der finanziellen (Weiter-)Bildung auch in der kommenden Legislatur ein Schattendasein führen wird. Somit ist auch sicher, dass der Beratungsbedarf beim Thema Altersvorsorge nicht geringer wird – im Gegenteil, auch die angestrebten Standardprodukte erklären sich nicht von selbst!

Zum AutorReiner Will ist geschäftsführender Gesellschafter und Mitbegründer der Assekurata Assekuranz Rating-Agentur. Er beschäftigt sich seit über 15 Jahren mit der Analyse und Bewertung von Versicherungsunternehmen und Tarifen.

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