Lebensversicherung: 100-Prozent-Beitragsgarantie wackelt auch bei Ergo

Markus Rieß. Quelle: Munich Re

Die Allianz hat es jüngst vorgemacht und sich von einer hundertprozentigen Beitragsgarantie in der Lebensversicherung verabschiedet. Nun scheinen sich in der Branche bereits Nachahmer zu finden. Ergo-Chef Markus Rieß will nicht ausschließen, sich mittelfristig von der kompletten Beitragsgarantie bei den Lebenspolicen sukzessive zu verabschieden.

„Die 100 Prozent Beitragsgarantie, die wir bei einigen unserer neuen Policen noch anbieten, könnten dauerhaft nicht mehr in die Zeit passen. Es ist also möglich, dass es in die Richtung gehen kann, generell beispielsweise nur noch 80 Prozent der eingezahlten Beiträge bei neuen Lebenspolicen zu garantieren – was mehr Risiko, aber auch mehr Chancen für die Versicherten bedeutet“, konstatiert er in einem Interview mit dem Handelsblatt.

„Produkte müssen eine ausgewogene Mischung zwischen Sicherheit und Renditebedürfnissen bieten. Bei uns ist im Neugeschäft das meistverkaufte Produkt nicht mehr das mit einer 100-Prozent-Garantie, sondern ein flexibles Produkt, bei dem der Wechsel zwischen klassischen Sicherungsvermögen und Investmentfonds möglich ist – Kunden können also Garantien an- und abwählen.“

Markus Rieß, Vorstandsvorsitzender der Ergo

Bereits 2015 hat sich der Düsseldorfer Versicherungskonzern aus dem Geschäft mit den klassischen Lebensversicherungspolicen verabschiedet. Laut Rieß habe sich „an dieser Einschätzung nichts geändert. Die klassische Police hat sich überlebt.“ Dabei handele es sich vor allem um „eine unternehmerische Entscheidung. Wir fühlen uns mit der strategischen Ausrichtung wohl, nur auf neue Produkte zu setzen. Wir beobachten, dass die Garantien zeitgemäß sein müssen“, betont der Vorstandschef der Ergo weiter.

Ob die Ergo die hauseigene Abwicklungsplattform auch für andere Versicherer öffnen will, lässt Rieß hingegen noch offen: Man sei zwar „in Gesprächen“, aber noch ist es zu früh, um konkret zu werden. Wir übertragen zunächst unsere eigenen klassischen Policen auf die neue Plattform. Im Anschluss sind wir so weit, dass wir Geschäft von Dritten aufnehmen können; voraussichtlich ab 2023 dann auch im Bereich der komplexen betrieblichen Altersvorsorge.“

Ergo will weiter expandieren

Mit Blick auf das kommende Jahr 2021 zeigt sich der Ergo-Chef „grundsätzlich offen für Zukäufe“. Allerdings möchte ich keine zusätzliche Fahne in den Sand setzen, sondern dort stärker werden, wo wir bereits eine Auslandspräsenz haben – Indien und China wären besonders verlockend, aber auch europäische Märkte kommen infrage.“

„Wir wollen vor allem im Ausland noch stark wachsen und unsere Position in Deutschland weiter stärken. Wir haben ein belastbares Standbein im wachsenden Markt Indien und bauen in China unsere gute Position weiter aus.“

Markus Rieß, Vorstandsvorsitzender der Ergo

Als Global Player in der Versicherungsbranche will Rieß sein Unternehmen jedoch nicht verstanden wissen: “ Ich sehe uns als europäischen und asiatischen Spieler. Und wir haben eine Beteiligung in den USA, die sich noch entwickeln kann.“

Anfang Oktober 2020 gab die Allianz ihre Abkehr von den Garantien bekannt – eine Tendenz, die auf dem gesamten Altersvorsorgemarkt zu beobachten ist.  Nicht zuletzt deswegen, weil diese unter Solvency II teuer abgesichert werden müssen. Die Allianz Leben fokussiert sich im Produktangebot der Altersvorsorge ab dem Jahr 2021 auf Lösungen mit „zeitgemäßen Garantien“, die je nach Kundenwunsch am Ende der Ansparphase auf einem Niveau von mindestens 90, 80 oder 60 Prozent der gezahlten Beiträge liegen.

Der Gedanke hinter der Änderung ist nicht neu, was nicht bedeutet, dass er nicht wahr ist. „Im aktuellen Zinsumfeld brauchen wir mehr Freiheiten, die schaffen wir mit einer niedrigeren Garantie, um mehr Geld in die renditestarken Bereiche investieren zu können“, erklärte Allianz-Vorständin Laura Gersch. Je niedriger die Garantie, desto höher die Renditechancen.

Autor: VW-Redaktion

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