Chefaufseher Hufeld unter Druck: Bafin veröffentlicht „Klarstellung“ im Fall Wirecard, Bäte fordert Reformen
Der Wirecard-Skandal wird zur Hufeld- und Bafinkrise. Der Chef der Aufseher musste vor dem Finanzausschuss des Bundestages aussagen. Die Beurteilung seiner Perfomance divergieren je nach politischer Ausrichtung. Die Aufsicht stört allerdings etwas anderes. Im Zuge der Berichterstattung war es nach Ansicht der Behörde zu medialen Falschaussagen gekommen. Das Haus reagiert noch am Abend mit einer schriftlichen „Klarstellung“. Ein ungewöhnlicher Schritt der Bafin, die sonst eher aus einer Position der Souveränität agiert.
Das Unternehmen Wirecard musste Insolvenz anmelden, das Unternehmen hat offenbar betrogen und Millionen auf illegale Konten geschoben, der Verbleib des Geldes ist offen. Die Finanzaufsicht muss sich nun erklären, warum das Geschäftsgebaren des Unternehmens nicht lange vor dem letztendlichen Gau auffiel. Dafür musste Hufeld vor dem Finanzausschuss aussagen.
Falsche Berichterstattung
Unterschiedlich wurde der Auftritt Hufelds im Bundestag bewertet. Sowohl Spiegel wie Handelsblatt berichten von einem „selbstbewussten“ Hufeld, der „ganz der Alte war“. Seine Argumentation zum Wirecard-Skandal war dieselbe, wie bereits in den vergangenen Tagen berichtet. Die Bafin wäre nicht für den Konzern Wirecard, sondern nur für die Bank des Unternehmens zuständig (gewesen), alle nötigen und möglichen Überwachungsschritte wurden zeitnah unternommen. Die genannte Einstufung als Technik- nicht Finanzkonzern wurde gemeinsam mit Bundesbank und Europäischer Zentralbank beschlossen.
An dieser Stelle setzt die Medienkritik der Bafin an. In verschiedenen Berichten sei zu lesen gewesen, der oberste Aufseher hätte für die Einstufung Wirecards die EZB verantwortlich gemacht. „Herr Hufeld hat zu keinem Zeitpunkt in der Sitzung des Finanzausschusses im Deutschen Bundestag vorgetragen, dass die Einstufung von Wirecard als Finanzholding an der Europäischen Zentralbank (EZB) gescheitert sei. Er hat im Gegenteil betont, dass alle bisherigen Entscheidungen in vollständigem Konsens mit den beteiligten Institutionen Deutsche Bundesbank und EZB getroffen worden sind. Die Wirecard AG sei bislang nach Einschätzung aller beteiligten Institutionen nicht als Finanzholding einzustufen gewesen“, schreiben die Bonner.
Koalition pro, Opposition contra Hufeld
Die Politiker der SPD sind mit Hufelds-Aussagen und Auftreten zufrieden. Hufeld habe „sehr umfangreich“ berichtet, erklärte der SPD-Abgeordnete Jens Zimmermann, der einen Sitz im Bafin-Verwaltungsrat innehat.
Die Anhörung habe „das Gegenteil von Aufklärung” gebracht, erklärte dagegen der Grünen-Finanzpolitiker Danyal Bayaz. Es ergäbe sich das „Gesamtbild einer dilettantischen, kollektiven Unverantwortlichkeit”. Der Linken-Politiker Fabio de Masi kritisierte das „breitbeinige Auftreten“ des Bafin-Chefs und bemängelt „fehlende Demut“. Er „sei ist von seiner ganzen Mentalität her“, der Falsche, „um die Bafin neu aufzustellen.“
Der ehemalige Grünen-Politiker und jetziger Vorsitzender der Interessenvertretung Finanzwende, Gerhard Schick, fordert ebenfalls einen Neuanfang bei der Bafin: „Auch wenn ich Herrn Hufeld persönlich schätze, braucht es jetzt jemanden an der Spitze, der die Probleme schonungslos und unvoreingenommen angeht.“ Die für Wertpapieraufsicht zuständige Exekutivdirektorin Elisabeth Roegele müsse ebenfalls gehen.
Wirecard nicht wie Finanzdienstleister reguliert
Allianz-Chef Oliver Bäte fordert nach der Pleite von Wirecard Reformen in der deutschen Finanzaufsicht. Wirecard ist ja ein Finanzdienstleister, aber er wurde nicht reguliert wie ein Finanzdienstleister, und ich halte das für falsch”, sagte der Manager gegenüber Reuters. Man müsse die Aufsicht danach ausrichten, “was die Menschen wirklich tun”, und nicht danach, ob ein Unternehmen Bank oder Versicherung heiße. “Wir brauchen eine andere Regulierungslogik, die die Verflechtung der Wirtschaftssektoren analysiert.“ Das gelte vor allem für die dahinterstehende Technologie. „
“Es ist in Summe sehr bedauerlich, dass man diesen offensichtlichen Bilanzbetrug nicht früher entdeckt hat”, sagte der Allianz-Chef. Er hält es dennoch für falsch, dass man jetzt auf die Bafin draufhaue. „Ich finde die von allen Regulierern, mit denen wir arbeiten, neben der (US-Aufsicht) Fed die besten – aber die waren gar nicht zuständig”, sagte Bäte. Zuständig seien andere gewesen – etwa die Börse und die Wirtschaftsprüfer.
Die Allianz hatte am Mittwoch zwei Verträge mit der Wirecard Bank in Deutschland und Italien gekündigt. Dabei ging es um eine Smartphone-App für mobiles Bezahlen, zu der die Wirecard-Tochter die virtuellen Visa-Zahlkarten beigesteuert hatte.
Was kommt?
Es ist sehr gut vorstellbar, dass Hufeld post-Wirecard die Zügel gegenüber der Finanzwirtschaft anziehen wird. Niemandem wird gerne Zögerlichkeit und Schluderei nachgesagt. Die geeigneten Stellen für strengeres Vorgehen kennt Hufeld, der von 2013 bis 2015 Exekutivdirektor der Versicherungsaufsicht war und zahlreiche Posten in der Finanzwelt im In- und Ausland inne hatte. Wer Hufeld und sein Direktorium kennt, der weiß, es ist kein wildes, blindes Schlagen zu erwarten, aber vielleicht bedeutet Wirecard tatsächlich eine Zäsur in der Finanzaufsicht.
Autor: Maximilian Volz
Wieso wird eigentlich Versagen hierzulande nicht mehr bestraft?!? Entweder gar Beförderung oder zumindest im Amt bleiben. Der Bespiele sind leider viel zu viele…
Als geprellter Aktionär bin ich noch mehr als auf Wirecard auf den langjährigen Wirtschaftsprüfer
EY wie auch auf die BaFin wütend:
Der Wirtschaftsprüfer EY hat Wirecard über viele Jahre geprüft und testiert.
Nach Bekanntwerden der fehlenden 1,9 Milliarden Euro geht er plötzlich von weltweit umspannender Kriminalität mit zahlreichen Akteuren aus. Dann hat man noch nachgelegt und sich über fehlende Informationen und Transparenz auch für den Abschluss 2018 übelst beklagt und das Testat für 2018 zurückgezogen. Das kommt reichlich spät! Das hättet Ihr mal früher sagen sollen!
Die Rolle der BaFin ist ebenfalls sehr unglücklich.
Schon die Entscheidung, ob es sich um ein Technologieunternehmen oder einen Finanzdienstleister handelt: schau doch mal, welche Kundengelder die pro Jahr durchreichen und wie viel sie in Forschung und Entwicklung investieren. Dann sollte die Frage eigentlich klar sein.
Das man trotz deutlicher Warnzeichen nur eine 1-Mann Prüfung beauftragt hat und Prüfzeiten von
mehr als 1 Jahr als völlig normal erscheinen sind ist die nächsten gravierenden Verfehlungen.
Aber wenn die BaFin dann erst einmal aufgewacht ist, dann kommt Sie mit Feuer und Schwert um zum Schutz des Finanzplatzes Deutschlands auszumerzen, was nicht sein darf.
Ich habe das schon einmal bei der Insolvenz der Agrofinanz erlebt, als man dem Unternehmen Bedingungen diktiert hat, die es klar nicht erfüllen konnte und die Firma so in die Insolvenz gezwungen hat, ohne Rücksicht darauf, dass alle Gelder der Anleger dadurch vernichtet sind.
Bei der Wirecard Insolvenz war eine ähnliche Vorgehensweise zu erkennen:
Selbst die Banken waren am Donnerstag Morgen von der Insolvenz-Meldung überrascht worden.
Man war mit den Banken in konstruktiven Gesprächen über eine Verlängerung der Kreditlinie.
Aber wie ich lesen musste, hat die BaFin alle Reparaturmaßnahmen bei Wirecard torpediert,
eine drohende Überschuldung skizziert und auf die Einleitung des Insolvenzverfahrens gedrängt.
Hallo BaFin! Seid Ihr jetzt auf einmal doch zuständig??
Wieder ohne Rücksicht darauf, dass dadurch Aktien im Wert von 5-10 Milliarden einfach wertlos werden und die Gläubigerbanken weitere eingesetzte Milliardenbeträge nie wieder sehen werden. Die Bafin agiert in solchen Fällen mit dem Fingerspitzengefühl eines Presslufthammers und in erster Line so, dass die eigene Behörde ihre Pflichten erfüllt hat, ohne Rücksicht auf das vernichtete Kapital und weitere Kollateralschäden.
In Aschheim hatte man wohl nicht den Mum gehabt um sich gegen diese Empfehlung zu wehren.
Es kann mir auch niemand sagen, dass der neue CEO nach wenigen Tagen bereits einen vollständigen Überblick hatte, was er tatsächlich vor sich hat.
Und so ist mit der angekündigten Einleitung des Insolvenzverfahrens die „wertvolle Vase zerschlagen“ und der Insolvenzverwalter kümmert sich nun um den Einzelverkauf der „Scherben“. Nur leider ist so eine „Scherbe“ kaum etwas wert und wird nur zu Minimalbeträgen über den Tisch gehen. Gute Preise kann man nur mit Popstar-oder-Heiligen-Reliquien erzielen!
Alle regen sich fürchterlich über die unfassbaren Vorgänge auf und die Schuldfrage wird heftig diskutiert: Politik, Behörden, Prüfer schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu, Konsequenzen werden gefordert!
Kaum jemand hat darüber nachgedacht, „wie man die Kuh vom Eis kriegt“.
Dass rund 5500 Mitarbeiter Ihren Job verlieren werden!
Dass die Banken das eingesetzte Kapital in Milliardenhöhe nie wieder sehen!
Dass das Geld der Aktionäre in Höhe von rund 15 Milliarden Euro vernichtet wurde!
Dass in Deutschland wichtige Schlüsseltechnologien verloren gehen, die ohnehin nur
marginal vorhanden sind und die weltweiten Konkurrenten sich auf die Schenkel klopfen!
Naja, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Vielleicht verstärkt sich ja die Deutsche Bank mit ein paar neuen Geschäftsfeldern!
Dann hätten die endlich wieder etwas, womit man potentiell Gewinn machen kann
und gleichzeitig ein beachtliches Stück Technologie ins eigene Haus geholt!