Corona-Berichterstattung und Versicherung: Eine Branche gegen den Rest der Welt

Bildquelle: Konzern Versicherungskammer

Oft sind es die kleinen Dinge, die bereichern und gerade in Krisenzeiten guttun. Für mich war es ein Ehemaligentreffen vor wenigen Wochen. Mit Kollegen aus meiner Zeit als EU-Trainee in Brüssel traf ich mich zum spontanen Austausch – per Video-Call, natürlich. Über Ländergrenzen hinweg zwischen London, Paris, Wien, Thessaloniki, Seoul und Karlsruhe. Wir sprachen über alte Zeiten, neue Aufgaben, die Coronakrise – und ja, die Rolle der Versicherern dabei. Ein Diskurs trotz Distanz.

Wenig überraschend: Alle von uns waren sich einig darüber, dass Covid-19 mit tiefen Einschnitten einhergehen wird, breiter Konsens über die Ernsthaftigkeit der Lage sowie die realen Gefahren für Mensch und Wirtschaft.

Die fulminante Bestätigung kam wenige Tage später immerhin vom Internationalen Währungsfonds. Laut IWF wird die Pandemie den größten wirtschaftlichen Niedergang seit 100 Jahren verursachen. Der Schock sei riesig, die Auswirkungen viel schlimmer als die der dramatischen globalen Finanzkrise vor einer Dekade.  

Die Wirtschaftsleistung der Eurozone könnte laut IWF konkret um 7,5 Prozent zurückgehen. In Deutschland soll die Wirtschaft im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent schrumpfen.

Von Atombomben und Meteoriten

Allianz-Chef Oliver Bäte seinerseits verglich Corona in seinen Auswirkungen ganz undiplomatisch mit einer Atombombe oder dem Einschlag eines Meteoriten. Solche Berichte und Expertenaussagen brennen sich in die Köpfe. Covid-19, eine Jahrhundertkatastrophe.

Die Politik ist sichtlich um nachhaltige Lösungen bemüht. Schafft Programme, geht in den Dialog.  Vieles wirkt jedoch angesichts der massiven Ausmaße wie ein Tropfen auf einem heißen Stein. Wie üppig müssten die Rettungspakete der Politik ausgestaltet sein, wie sehr darf und muss man Big Player in die Verantwortung nehmen, ohne sie selbst zu gefährden? Herkulesaufgaben. Und die Versicherungsbranche ist mittendrin.

Gute Signale

Laut Ron van het Hof brauchen außergewöhnliche Zeiten außergewöhnliche Maßnahmen, wie er auf seinem Xing-Profil erklärte. Die Zusammenarbeit zwischen Staat und privater Versicherungswirtschaft sei laut dem Hauptbevollmächtigten von Euler Hermes Deutschland eine Antwort, um die Wirtschaft langfristig zu stärken. Wie vor kurzem, als sich die Bundesregierung und die deutschen Kreditversicherer für den Aufbau eines Schutzschirms in Höhe von 30 Milliarden Euro zur Absicherung des Warenverkehrs einigten. Gute Signale.

Auch GDV-Präsident Wolfgang Weiler forderte im Interview mit VWheute schnelle, pragmatische Lösungen in einer Situation, die für alle völlig neu sei. „Wir versuchen zu helfen, so gut es geht: Mit Zahlungsaufschub, Beitragsfreistellungen, reduziertem Deckungsumfang und teilweise auch mit Liquiditätshilfen.“

Ob und wie darüber hinaus geholfen werden kann, um in der Öffentlichkeit und beim Kunden verlässlicher Begleiter zu bleiben, werden die Versicherer für sich selbst bewerten. All-inclusive-Lösungen scheinen allerdings ausgeschlossen. Das zu fordern, wäre ohnehin falsch.

Kritische Resonanz von der „Außenwelt“

Die öffentliche Meinung indes ist streng. Vor kurzem etwa setzte das ZDF zu einer Art Doppelschlag gegen die Versicherer an. Innerhalb von fünf Tagen wurde die Branche im Rahmen der Satiresendung Heute-Show und des Politmagazins Frontal 21 mit Blick auf den Umgang mit Betriebsschließungsversicherungen hart in die Mangel genommen. Der Tenor: Versicherer zahlen nicht, wenn es darauf ankomme.

In der zweit genannten Sendung kamen Experten wie Allianz-CEO Oliver Bäte, der künftige GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen oder Eiopa-Chef Gabriel Bernardino Wort, argumentierten sachlich. Für die grundsätzliche Botschaft des Films wirkte das jedoch wie ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Das Gesehene und etwa der Titel des Beitrags, laut ZDF-Mediathek „Wie Versicherer mauern“, lässt nur eine Meinung zu und dürfte im Gedächtnis bleiben. Für die Branche ist das gefährlich. Die Unternehmen gerade jetzt als Bösewichte darzustellen, führt klar am Ziel vorbei. Nach dieser Krise werde es eine andere Gesellschaft geben, mahnte einmal Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Es wird eine schwierige Zeit. Nicht nur für die Versicherer.

Ich meinerseits habe von dem virtuellen Treffen mit meinen ehemaligen Brüsseler Kollegen vor allem eines mitgenommen: dass man langsam weniger von Niedergängen sprechen sollte und mehr von den Chancen eines Neuanfangs. Einer anderen Normalität.

Autor: Michael Stanczyk

Mehr zum Thema lesen Sie in der neuen Juni-Ausgabe des Magazins Versicherungswirtschaft.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

2 + 6 =