Kommentar zur Coronakrise: „Versicherer sollten bei der Schadenerstattung ähnlich kreativ sein wie bei ihren Hilfsangeboten“
Die Versicherer haben Corona verstanden. Wie Pilze sprießen die Hilfsangebote der Unternehmen aus dem Boden, Webseiten werden aufgebaut und Hotlines eingerichtet. Auf der anderen Seite häufen sich die Klagen der Unternehmenskunden wegen (vermeintlicher) Drückebergerei. Die „Versicherer zahlen nicht“ lautet der Vorwurf, der in jeder Zeitung gelesen werden kann, immer untermalt mit der Geschichte eines wütenden und verzweifelten Unternehmers. Haben die Versicherer Corona also wirklich verstanden? Ein Kommentar.
Die Anwälte haben sich in Angriffsformation aufgestellt wie die Römer im Asterixheft – Ruhe in Frieden Albert Uderzo. Die Mobilmachung gegen die Versicherer begann mit Knut Pilz, mittlerweile schreibt gefühlt jeder Anwalt Beiträge zum Thema. Ein Jurist wirbt bereits mit „Corona Anwalt: Jetzt kostenfreies Erstgespräch erhalten.“ Die Fronten sind abgesteckt, auf der Westseite die Kunden mit Anwälten, auf der Ostseite die Versicherer mit ihren Rechtsabteilungen.
Wer das Gebaren der Anwälte für unseriös hält, lebt in einer rosa Illusion. Eine Flasche Desinfektionsmittel für 25 Euro, acht Rollen Klopapier für über 30 Euro und Atemschutzmasken für 999 Euro sind die Realität der Stunde. Willkommen im Corona-Wahnsinn.
Gegen Irrsinnsauswüchse hilft in der Regel Seriosität, eigentlich eine große Stärke der Versicherungswirtschaft. Doch genau daran mangelt es in Bezug auf die Schadenerstattung, wenn den Berichten der Zeitungen geglaubt werden darf. „Gastronomin verärgert: Versicherung gegen Betriebsschließung zahlt bei Corona nicht“ (Hannoversche Allgemeine), “ „Wenn Versicherungen Betriebsschließungen doch nicht absichern“ (Neue Westfälische), „Wirte streiten sich mit Versicherungen um Entschädigung“ (WDR), die Liste ließe sich fortsetzen.
Sind alle Vorwürfe valide, die Versicherer tatsächlich überwiegend erstattungsresistent; sicher nicht, es kommt auf den Einzelfall an, wie der Autor Reinhard Keil in einem zweiteiligen Artikel erklärt. Doch wer kann einem Gastronom seine sich in Wut manifestierte Existenzangst verdenken, wenn ein Versicherer zu großen Teilen die Schadensdeckung ablehnt, weil Corona mittlerweile von der Epidemie zur Pandemie angewachsen ist und dafür leider kein Schutz besteht.
Fachlich kann das richtig sein, doch wie wahrscheinlich ist es, dass der Berater dem Kunden dezidiert den Unterschied zwischen Epi- und Pandemie erklärt hat? Letztlich hat der Kunde darauf zu achten, welche Leistungen er einkauft, ist stets die letzte Verteidigungsposition, es ist aber offen, ob dieses Argument juristisch Bestand haben wird. Die Entscheidungen der Richter werden in der Summe auch für die Gesamtwirtschaft wichtig sein, denn in der Regel haben Unternehmen Angestellte, die bei Geschäftsaufgabe mindestens vorübergehend staatliche Hilfe benötigen.
Ist es Aufgabe der Versicherer, in diesen Dimensionen zu denken? Darüber kann man geteilter Meinung sein. Die Versicherer wären jedenfalls gut beraten, bei der Erstattung ähnlich kreativ und leistungsstark zu handeln wie bei ihren Hilfsangeboten. Ein einheitliches Vorgehen oder eine gemeinsame Erklärung, Hallo GDV, wäre an dieser Stelle hilfreicher als ein medial ausgetragener Kleinkrieg mit Vielen, der letztlich nur die gängigen Vorurteile gegenüber Versicherern bestätigt.
In Krisenzeiten darf unkonventionell gedacht und gehandelt werden, wie die Kooperation von Aldi und McDonalds: Eine gemeinsame und einheitliche Schadenbearbeitung über mehrere Versicherer hinweg in einem Gebiet oder Stadt, eine Kundenbetreuung unter Zuhilfenahme von Rückversicherungsexpertise oder die direkte Einbindung des Ombudsmannes bei Streitfällen, vieles ist möglich. Die Luxuslösung wäre eine mit dem Staat erarbeitete einheitliche Strategie zur Erhaltung der KMU. Alles schwierig, teuer und aufwendig; doch alle sind Verlierer, wenn die KMU massenhaft in Konkurs gehen
Ein Leser von VWheute hat es auf den Punkt gebracht: „Das ist die große Chance der Versicherer, sich als Partner in existenziellen Momenten zu zeigen. Wenn diese Situation gemeinsam zur Zufriedenheit aller gemeistert wird, wird in den Folgezeiten ein Run auf diese Versicherungen einsetzen. Vorstände, vergebt diese Chance nicht.“
Autor: Maximilian Volz
Ja der Knut Pilz. Ab dem Pilz ist man schnell mit dem Text durch. Fast schon schade um die Zeit schon allein den Artikel aufzumachen.