Branche wehrt sich gegen bAV-Kritik der Verbraucherschützer

Alles sehen bAV-Reformbedarf. Bild von Gerd Altmann auf Pixabay.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat heftige Kritik an der Ausgestaltung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) und der Versicherungsbranche geäußert. Damit erhöht der Verband den Druck an die wohl künftige Regierung – SPD, Grüne, FDP – die Ende der Woche ihren neuen Koalitionsvertrag vorstellen will. Die Branche wehrt sich gegen die verallgemeinernde Kritik, doch sieht ebenfalls Reformbedarf.

Die Verbraucherschützer wollen Änderungen bei der Sozialabgabefreiheit der Entgeltumwandlung, der eingeschränkten Portabilität und beim Versicherungsmantel, kann im Positionspapier nachgelesen werden.

Bei der derzeitigen bAV fände lediglich eine Steuerstundung statt. Mit der zunächst sozialabgabenfreien Entgeltumwandlung fließe zudem weniger Geld in die gesetzliche Renten- und Arbeitslosenversicherung. Zudem sei die Übertragung ein Problem. Verbraucher könnten allenfalls den Rückkaufswert des alten Vertrages auf den Anbieter beim neuen Arbeitgeber übertragen. Im Ergebnis sei die „Portabilität“ der Verträge „stark eingeschränkt“. Nutznießer seien die Finanzvertriebe, die nur durch Neuabschlüsse Provisionserträge generieren, und Arbeitgeber, die bAV-Verträge zur Mitarbeiterbindung nutzen.

Der Versicherer ist schuld

Der Versicherungsmantel der bAV sei renditeschwach. Das liege an den Provisionen und an den Beträgen, die die Versicherer in die Zinszusatzreserve stecken müssten. „Kapitalbildende Versicherungen haben eine Reihe von Schwächen, die sie für die private wie betriebliche Zusatzvorsorge ungeeignet machen“, fasst der vzbv zusammen. Die Anlage in Anleihen ist bei langfristigen Anlagen „zu wenig rentierlich“ und zusätzlich gegenüber Aktien mit „höheren Risiken“ belastet. Zur Sicherstellung der Garantieversprechen müssten zudem weitere Kapitalpolster gebildet werden, wodurch die „bereits schwachen“ Kapitalerträge zusätzlich leiden.

Die hier beschriebenen Probleme der bAV sind bekannt und müssen „dringend korrigiert werden“, wird Bilanz gezogen. Es biete sich eine Stärkung im „Rahmen der Reform der kapitalgedeckten Zusatzvorsorge mit der Einführung eines öffentlich-rechtlich organisierten Vorsorgefonds analog oder in Kombination mit der dritten Säule der privaten Altersvorsorge“ an.

Das sagt die Branche

Die vzbv-Kritik ist umfassend, aber nicht unbegründet.  Zwar sei die betriebliche Altersversorgung  eine wichtige Säule des dreigliedrigen Altersvorsorgesystems, aber wegen „zahlreicher Probleme“ auch „reformbedürftig“, erklären die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) und das Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung e.V. (IVS). Die strittigen Punkte müssten „dringend“ in dieser Legislaturperiode angegangen werden. Gleichzeitig biete die bAV durch die Einbeziehung der Arbeitgeber aber weiterhin viele Vorteile, „die es auszuschöpfen gilt“.

Eine Staatsfondslösung sehen die Organisationen kritisch: „Nach Einschätzung von DAV und IVS würde die Einführung eines neuen Modells über einen öffentlich-rechtlich organisierten Vorsorgefonds mindestens vier Jahre in Anspruch nehmen.“ Einen Zeitverzug einer ganzen Legislaturperiode könne sich das Altersvorsorgesystem aber angesichts der demografischen Entwicklung und der anhaltenden Niedrigzinssituation „schlichtweg nicht leisten“. Vielmehr sollten die (politischen) Kapazitäten genutzt werden, sich den „konkreten Herausforderungen der bAV zu widmen“.

Wie der vzbv sieht auch Dr. Georg Thurnes, Vorstandsvorsitzender des Fachverband für betriebliche Altersversorgung (aba), Probleme bei der Portabilität der Verträge. „Hier besteht als Folge des seit Langem absinkenden Zinsniveaus bei versicherungsförmiger Durchführung der bAV in der Tat das Problem, dass das Deckungskapital beim Versicherer des neuen Arbeitgebers nur in einen aktuell offenen Tarif mit einem i.d.R. wesentlich niedrigeren Garantiezins eingebracht werden können.“ Das liege maßgeblich in aufsichtsrechtlichen Bestimmungen begründet. Da der oder die Berechtigte hier allerdings ein Wahlrecht hat, wäre das Problem aus Sicht des Berechtigten „nicht schön, aber handhabbar“.

Die Kritik am Versicherungsmantel hält Thurnes für valide. „Der klassische Versicherungsmantel stößt in Zeiten niedriger Zinsen an Grenzen. Das stimmt. Daher setzen wir uns ja gerade für die reine Beitragszusage ein.“ Angesichts der Dauerzinstiefs, in dem wir uns befinden, seien Versorgungsversprechen mit unterlegten Garantien aufgrund der Kosten derselben perspektivisch in der Tat renditeschwach.

Ein Fonds-Fan ist er nicht. „Ein öffentlich-rechtlicher Vorsorgefonds zur Lösung der Problematik ist aber u.E. weder erforderlich noch geeignet.“ Eine Lösung liege innerhalb des etablierten Rechtsrahmens der bAV „näher“. Die Gründe hierfür sind „vielfältig“. Insbesondere verbietet die bei der bAV systemimmanente Involvierung des Arbeitgebers ein Zusammenspannen der bAV mit der privaten Altersvorsorge.

Vom System ist Thurnes, wie DAV und IVS überzeugt. „Die bAV ist mehr als nur Entgeltumwandlung. Hauptfinanzier sind und bleiben die Unternehmen“. Viele Arbeitgeber würden schon seit Jahren die „ersparten“ Sozialabgaben an die Mitarbeiter weitergeben. Mit dem Jahreswechsel sind sie dazu sogar verpflichtet, sie müssen bis zu 15 % auf den Umwandlungsbetrag „drauflegen“. Damit sollen und können die rentenversicherungsrechtlichen Konsequenzen „kompensiert werden“. Die eigene Sozialabgabenersparnis sei gerade für Bezieher niedriger Einkommen „die echte Förderung“. Wer sie abschaffen will, der bringt Niedrigverdiener um ihre Chance, „attraktiv vorzusorgen“.

Am kommenden Freitag werden alle Beteiligten wissen, welchen Weg die Politik in der bAV nehmen will. Die Vorschläge liegen seit Längerem auf dem Tisch.

Autor: Maximilian Volz

Ein Kommentar

  • Bei den Verbraucherschützern sind ja zwei Herzen im Spiel. Zum einen beraten Sie selbst Versicherungsnehmer und sind damit im Wettbewerb zu Vermittlern. Daher verständlich das Sie Lobbyarbeit und Meinungsbildung gegen die Versicherungsvermittler betreiben. Oft fehlen wichtige fachliche Informationen so das ein negatives Bild entsteht. Zum Thema BAV sind viele gute Ideen von den Verbraucherschützern und der Branche an die Regierung heran getragen worden. Was bei Ihren Infos fehlt. Es gibt jetzt schon viele gute Versicherungslösungen mit einem hohen Aktienanteil. Das Gesetz zur betrieblichen Alterversorgung ist in die Jahre gekommen und sehr komplex. Anstatt es immer wieder zu ergänzen sollte ein neues modernes Gesetz zur BAV auf den Weg gebracht werden. Wir wären bereit mit Menschen die bereits jetzt die Regierung in diesem Bereich beraten fachlich zu zu arbeiten damit für Verbraucher, Unternehmer und Deutschland praktikable und gerechte Lösungen erzielt werden.

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