Drohender Megaschaden in der D&O: Boeing-Chefs müssen sich für Abstürze verantworten

Boeing 737 MAX 7 First Flight Air To Air

Diese Nachricht versetzt die D&O-Versicherer und Manager von Boeing in Panik. Ein Richter im Bundesstaat Delaware (USA) hat entschieden, dass sich der Vorstand des Flugzeugherstellers Boeing einer Klage seiner Aktionäre über den Absturz zweier Flugzeuge des Typs 737 Max stellen muss. Ein Rechtsprofessor vermutet, dass die D&O-Versicherer für „jedwede Einigung“ werden aufkommen müssen.

Der Hintergrund des Urteils ist der Absturz der Lion Air Flight 610 und der Ethiopian Airlines Flight 302 im Oktober 2018 bzw. März 2019. Die Abstürze sind auf einen Fehler im (Sicherheits-)System MCAS zurückzuführen. Die Flugsicherheitsbehörde Federal Aviation Administration verhängte daraufhin ein Flugverbot für die betroffenen „737 Max Jets“. Der Schaden für Boeing wird mit 20 Mrd. Dollar direkten Kosten und, je nach Quelle, mit indirekten Ausgaben in Höhe von bis zu 60 Mrd. Dollar veranschlagt. Der Aktienkurs von Boeing hat sich seit den Vorfällen nicht erholt, die finanziellen Ausmaße des Prozesses sind vor dem Hintergrund der vorliegenden Zahlen gewaltig.

Den Weg zum Prozess geebnet hat Richterin Morgan Zurn. Sie ließ einige zentrale Klagen der Aktionäre zu, andere lehnte sie allerdings ab. Laut Zurn hätte der erste der zwei Abstürze bereits eine „rote Flagge“ bezüglich des Sicherheitssystems „MCAS“  bedeutet. Das Board hätte „achtsam“ werden müssen, habe sich aber „ignorierend verhalten“. Der Vorstand hätte zudem „öffentlich darüber gelogen“, wie es die 737 Max’s Satey überwacht hätte, berichtet insurancejournal: „Dass das Gremium wissentlich versagt hat, zeigt sich auch darin, dass es sich öffentlich damit brüstet, bestimmte Maßnahmen zur Überwachung der Sicherheit ergriffen zu haben, die es in Wirklichkeit nicht durchgeführt hat.“

Traurige Manager, verzweifelte Versicherer

Wenig überraschend ist Boeing über die Entscheidung des Gerichts „enttäuscht“ und werde die nächsten Tage für „juristische  Entscheidungen“ nutzen. Auf den Boeing-CEO Dave Calhoun, der im Januar 2020 den vom Board gestürzten Dennis Muilenburg ersetzte, kommen schwierige Monate oder gar Jahre zu. „Jede von Calhouns Darstellungen war falsch“, hieß es in der Gerichtsentscheidung. Der Vorstand als Gremium habe „wissentlich versagt“.

Für die D&O-Versicherer von Boeing wird es bitter, sagt Brian Quinn, Professor an der Boston College Law School. Die Entscheidung der Richter würde den Weg für weitere Untersuchungen und einen Prozess ebnen. Bei der derzeitigen Entwicklung der Dinge sei ein solcher aber „unwahrscheinlich“, erklärt er weiter.

„Die Mitglieder des Board werden ihren Anwälten sagen, dass sie nicht in einen Prozess verwickelt werden wollen.“ Ihre Botschaft gegenüber den Juristen wäre unmissverständlich: „Du musst ihnen zahlen, was immer sie wollen. Ich kann als Direktor keine Verantwortung für die Abstürze übernehmen.“ In einem solchen Szenario würden die D&O-Versicherer laut dem Professor „jede Einigung bezahlen“.

Auch sonst läuft es für den Konzern nicht optimal. Die Auslieferungsziele wegen neuer Produktionsmängel beim Langstreckenjet 787 „Dreamliner“  mussten stark reduziert werden. Boeing geht davon aus, dieses Jahr weniger als die Hälfte seiner derzeit gelagerten 787-Maschinen ausliefern zu können. Die Produktion des Modelltyps werde „vorübergehend gedrosselt“.

Autor: Maximilian Volz