Allianz verkauft Lebenbestände in Belgien und schließt einen Run-off in der Heimat aus

Atomium in Brüssel. Quelle: Bild von Waldo Miguez auf Pixabay

Neuer Run-off: Die Allianz will ihren Bestand von rund 95.000 Lebensversicherungspolicen in Belgien loswerden. Käufer ist der Rückversicherer Monument Re mit Sitz auf Bermuda. Zu dessen Aktionären zählt auch die Talanx-Tochter Hannover Rück, die mit dem Finanzinvestor Cinven auch in Deutschland als Abwickler von Lebensversicherungen auftritt. Laura Gersch, Firmenvorständin Allianz Leben, erklärt VWheute exklusiv, warum ein Run-off in Deutschland keine Option ist.

Die Allianz hatte bereits Anfang der 2000er-Jahre kein Neugeschäft mehr für dieses Portfolio geschrieben. Die klassischen Assubel-Lebensverträge, die vor 1988 abgeschlossen wurden, seien allerdings nicht von dem Verkauf betroffen. Mit dem Verkauf will die Allianz vor allem Immobilienkredite abgesichert, von denen der Versicherer ebenfalls 4.500 an Monument Re veräußert

Mit den Policen verbunden sind technische Rückstellungen von 1,4 Mrd. Euro, die nach den „Solvency II“-Richtlinien stark schwanken und damit die Kapitalanlage erschweren, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Das Portfolio soll noch für 18 Monate von der Allianz verwaltet werden.

„Mit diesem Verkauf schafft die Allianz eine Hebelwirkung für das Wachstum. Sie wird unsere operative Komplexität weiter reduzieren und unsere bereits solide Finanzlage stärken. Mit ihrer langjährigen Erfahrung bei der Akquisition und Integration von Policen und Versicherungsnehmern sind wir MAB ist der ideale Kandidat für die Übernahme dieses Portfolios. Die Allianz engagiert sich weiterhin voll und ganz für Belgien“, kommentiert Kathleen Van den Eynde, belgische Geschäftsführerin der Allianz Benelux den Verkauf.

Künftig will sich die Allianz neben den Bereichen Gesundheit, Leistungen an Arbeitnehmer und Schaden- und Unfallversicherung vor allem auf kapitaleffiziente Produkte ohne langfristige Garantien konzentrieren. Mit dem Run-off in Belgien hat der Münchener Versicherungskonzern erstmals einen europäischen Bestand verkauft.

Bereits Ende Mai wurde bekannt, dass sich die Allianz wohl auch von ihren Lebensversicherungsaktiva in Italien trennen will. So habe der Versicherer die Investmentbank Morgan Stanley beauftragt, einen Käufer für einen neun Milliarden Euro schweren Policen-Bestand zu finden, berichtete Reuters unter Berufung auf einen Insider. Ein potenzieller Verkauf könnte dem Versicherer rund 500 Mio. Euro in die Kasse spülen. Geld, das zwar nicht zwingend gebraucht wird, aber Abhilfe angesichts der aktuellen Marktlage schaffen könnte.

„Wie wir bereits früher schon gesagt haben, steht der Verkauf von deutschen Lebensversicherungsbeständen der Allianz nicht zur Diskussion. Hier zahlt sich aus, dass wir bereits vor mehr als zehn Jahren begonnen haben, Produkte mit neuen Garantiekonzepten zu entwickeln, die sowohl die Interessen unserer Kunden in einem Niedrig- oder Nullzinsumfeld aufgreifen als auch die kollektive Risikotragfähigkeit stärken.“

Laura Gersch, Allianz-Vorstand für das Ressort „Firmenkunden“

So hat die Corona-Pandemie der Allianz in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres einen deutlichen Gewinnrückgang um 20,5 Prozent auf 4,689 Mrd. Euro (HJ 2019: 6,121 Mrd. Euro) beschert. Konzernchef Oliver Bäte vermied eine konkrete Gewinnprognose für 2020. Denn alles hänge von einer zweiten Corona-Welle ab. Bislang hat sich der Versicherungskonzern nur in Ländern wie Südkorea, Japan und Taiwan von ihren Lebensversicherungs-Beständen getrennt. Vorstandschef Bäte hatte allerdings ähnliche Schritte auch in Europa – außer Deutschland – nicht ausgeschlossen.

Allianz-Vorständin Gersch: „Unsere Kunden können sich auf uns verlassen“

Ähnlich konsequent lehnte auch Laura Gersch, Firmenvorständin der Allianz Leben, einen Verkauf des Deutschland-Geschäftes ab. „Wie wir bereits früher schon gesagt haben, steht der Verkauf von deutschen Lebensversicherungsbeständen der Allianznicht zur Diskussion. Hier zahlt sich aus, dass wir bereits vor mehr als zehn Jahren begonnen haben, Produkte mit neuen Garantiekonzepten zu entwickeln, die sowohl die Interessen unserer Kunden in einem Niedrig- oder Nullzinsumfeld aufgreifen als auch die kollektive Risikotragfähigkeit stärken. Dies steht für uns natürlich über allem“, betont sie im Exklusiv-Interview mit der Versicherungswirtschaft.

„Das heißt: Unsere Kunden können sich auf uns verlassen. Nun gibt es Marktteilnehmer, die für sich vor dem Hintergrund der aktuellen Situation zu anderen Schlüssen kommen können. Ganz abstrakt formuliert: Hier kann es auch Konsolidierungsplattformen geben, die – wenn sie richtig betrieben sind – für die Kunden einen Mehrwert bieten“, betont Gersch.

Zudem könne sie „mit Sicherheit sagen: Wir sind im letzten Jahr stark gewachsen. Das heißt also, es gibt nach wie vor den Bedarf an Altersvorsorge – die Nachfrage spricht für sich. Wir scheinen dabei auf dem Markt auch so wahrgenommen zu werden, dass man sein Geld für die Vorsorge gerne bei uns anlegt. Bei Allianz Leben haben wir bereits vor Jahren damit begonnen, unsere Produkte kontinuierlich den veränderten Bedingungen am Markt anzupassen und tun das heute noch“.

Außerdem sei die „Nachfrage nach unseren Angeboten ist nach wie vor hoch, weil wir bereits vor Jahren die richtigen Weichen gestellt haben. Nichtsdestotrotz befindet sich der Markt derzeit in einem herausfordernden Umfeld. So hat die Niedrigzins- oder Nullzins-Situation natürlich Auswirkungen auf die Lebensversicherung und die Kapitalanlage. Auf der anderen Seite überlegt aber auch jeder für sich, wie man seine Altersvorsorge am besten organisiert. Ich bin davon überzeugt, dass wir weiterhin auf alle drei Säulen setzen müssen.“

In den Kundengesprächen gehe es dabei „häufig um die Frage: Was ist die Alternative? Gibt es Anlagen, bei denen man bei vergleichbarer Sicherheit und Stabilität eine ansprechende Rendite bekommt? Für das Jahr 2020 bietet die Allianz z.B. für das Produkt Perspektive 3,4 Prozent Gesamtverzinsung und damit deutlich mehr als bei anderen Angeboten. Und auch bei anderen unserer Lösungen gerade in der bAV wie z.B. beim Pensionsfonds lassen sich über kollektive Anlagemöglichkeiten sehr gut Sicherheit und Renditechancen verbinden. Daher rechne ich weiterhin mit einer starken Nachfrage“, prognostiziert Gersch.

Autor: VW-Redaktion

Das vollständige Interview mit Laura Gersch lesen Sie in der aktuellen August-Ausgabe der Versicherungswirtschaft.

Quelle: VVW GmbH

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