Der Kampf von Etablierten gegen Insurtechs in der Gewerbeversicherung ist entbrannt

Die Gewerbeversicherung ist ein Wachstumsmarkt. Bild: Mall of Berlin, Piet van de Wiel auf Pixabay .

Die Lebensversicherung  ein Scherbenhaufen, die PKV politisch ungewollt und das Privatsachgeschäft verteilt – so kann der Versicherungsmarkt hierzulande bewertet werden. Der einzige Weg zu Wachstum scheint die Gewerbeversicherung zu sein. Das Problem für die Etablierten, die Insurtechs haben diesen Bereich fest in den Blick genommen und nicht nur technisch einiges zu bieten.

Rund 89 Prozent der Versicherer halten das Gewerbegeschäft für ein strategisches Wachstumsfeld, sowohl analog als auch digital, ergab eine Auswertung des EY Innovalue Versicherungs-Roundtables. Fast 60 Prozent sind der Meinung, das Gewerbegeschäft sei „eindeutig“ oder „eher ja“ ein strategisches Wachstumsfeld.

Quelle: EY

Die Meinung haben die Befragten nicht exklusiv. Hans-Jörg Mauthe, seit April CEO in Central und Eastern Europe der Allianz-Tochter AGCS erklärte gegenüber VWheute, dass er in der Industrie- und Gewerbeversicherung einen Anstieg erwartet. „Der Markt ist seit acht Jahren durch einen Preisverfall geprägt. Seit dem Jahr 2018 stellen wir fest, dass die Preise wieder steigen, im Jahr 2019 sogar noch einmal deutlich“, erklärt der AGCS-Manager. Er stellte eine Marktkonsolidierung fest, wahrscheinlich geprägt durch Übernahmen wie die von XL Catlin durch die Axa, die wegen des Preises nicht unumstritten war. Ein Geschäft, dass die Allianz trotz aller Kritik von Dritten selbst gerne getätigt hätte. Das Interesse der Großen zeigt, in der Gewerbeversicherung ist noch Platz für Wachstum.

Mehr oder weniger Wettbewerb?

Die von Mauthe angesprochene Konsolidierung sehen viele Marktbeobachter indes nicht. Sie vermuten, dass insbesondere Insurtechs auf den Gewerbemarkt drängen werden, wie die EY-Befragung zeigt.

Mehr als 71 Prozent der Versicherer halten Insurtechs im Gewerbegeschäft mittelfristig für Wettbewerber. Sie sehen die Jungunternehmen bis Ende 2021 entweder in der Rolle als Wettbewerber mit Maklermandat (rund 40 Prozent), als Wettbewerber in Form eines Assekuradeurs (23 Prozent) oder als Wettbewerber mit Zulassung als Versicherer (rund 9 Prozent). Insbesondere an der Schnittstelle zum Kunden werden die Jungunternehmen erwartet, zeigt die EY-Umfrage. Der Druck durch die Insurtechs wird im gesamten Versicherungsmarkt nicht abnehmen, im Jahr 2019 wurden global 6,37 Milliarden US-Dollar in die Jungunternehmen investiert.

Quelle: EY

 

Mehr Digitalität

Für die Insurtechs spricht, dass der Trend zur Digitalität auch in der Gewerbeversicherung Einzug halten wird, wie eine Studie zeigt. Der digitale Vertriebskanal für Gewerbeversicherungen gewinne zunehmend an Bedeutung, analog zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Der Anteil der digitalen Beratung habe sich in dieser Sparte in den letzten zwei Jahren mehr als verdoppelt.

 „Aufgrund verschiedener Einflussfaktoren, wie beispielsweise des anhaltenden Drucks auf die Lebensversicherung, ist das Kompositgeschäft insgesamt hart umkämpft, erklärt Julia Palte, Partner bei EY Innovalue. Die meisten Versicherer hätten zumindest das standardisierbare Gewerbegeschäft auf ihrer Wachstums-Agenda. Durchsetzen werden sich laut Palte diejenigen, die neben dem Vertriebszugang und wettbewerbsfähigen Konzepten über „effiziente und digitale Prozesse“ verfügen.

Das klingt nach einem engen Rennen, denn normalerweise haben die Insurtechs technisch und die Etablierten im Vertrieb die Nase vorne.

Die Aussicht

Steigende Preise bei mehr Nachfrage nach Schutz beflügelt den Kampf um die Gewerbeversicherung, zudem ermöglicht die Digitalisierung auch neuen Marktteilnehmern den Einstieg. Denn wer im Backend durch Digitalisierung viel spart, kann an anderer Stelle auch mal den einen oder anderen Underwriting-Missgriff wegstecken.

Dennoch warnt Meute: „Vor zehn Jahren sind Mitbewerber mit Erwartungen in den Markt gegangen, die sich nicht erfüllten. Viele haben die Komplexität des Geschäfts schlicht unterschätzt. Es geht nicht nur um Kapazitäten, sondern auch um Schadenexpertise, Servicekomponenten und Netzwerke.“ Alles Dinge, die nur schwer digital darstellbar sind.

Trotz dieser Unkenrufe, der Kampf um den Gewerbemarkt hat begonnen und wird die nächsten Jahre für viel Feuer sorgen.  

Autor: Maximilian Volz

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