Urteil: „Spielerische Betätigung Zugsurfen“ gesetzlich unfallversichert

Zugsurfen ist ggf. gesetzlich unfallversichert. Robert Owen-Wahl auf Pixabay.

Geschieht ein Unfall am Arbeitsplatz, Kindergarten oder Schule besteht gesetzlicher Unfallschutz (GuV). Dasselbe gilt auf dem direkten Weg zum Arbeits- oder Schulplatz. Dass diese Regelung auch das sogenannte S-Bahnsurfen beinhaltet, überrascht dann aber doch, gerade wenn es sich offenbar um einen Überzeugungstäter handelt.

Unter „Bahnsurfen“ wird das Festklammern an der Außenwand oder Dachs eines fahrenden Schienenverkehrsmittels verstanden. Weitere und teilweise davon abzugrenzende Methoden sind die Mitfahrt auf Trittbrettern, Puffern oder Kupplungen.

Wenig überraschend, dass alle genannten Optionen gefährlich und daher verboten sind. Das hielt einen 16-jährigen Schüler nicht davon ab, sich illegal Zugang zum Dach eines Zuges zu verschaffen, um dort diesem speziellen Surfsport nachzukommen, wie das Versicherungsjournal meldet. Wie die meisten Menschen wissen, verlaufen über dem Zug häufig Hochspannungsleitungen, was in diesem Fall zu einem Stromschlag führte. Der 16-Jährige erlitt hochgradige Verbrennungen, die 35 Prozent seiner Körperoberfläche betrafen.

Die Gerichte sind uneins

Bei solchen Verletzungen entstehen erhebliche Behandlungskosten und die Frage, ob die gesetzliche Unfallversicherung dafür einstehen muss. Die Anwälte der GuV argumentierten, der 16-Jährige hätte die nötige Reife besessen, um die Gefährlichkeit seines Handelns zu erkennen. Die Gegenseite hielt dagegen, dass für die Haftung die Definition des GuV-Schutzes maßgeblich sei, also in diesem Fall der direkte Heimweg. Das Potsdamer Sozialgericht urteilte pro Geschädigten, das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg sah die Auffassung des Versicherungsträgers als maßgeblich an. Das letzte Wort lag beim Bundessozialgericht, das mit Urteil vom 30. März 2023 entschieden hat (B 2 U 3/21 R).

Nach Ansicht des Revisionsgerichts handelt sich um einen Wegeunfall, auch wenn er beim Bahnsurfen geschah. Schüler stünden „auch bei spielerischen Betätigungen im Rahmen schülergruppen-dynamischer Prozesse“ unter dem Schutz der Schülerunfall-Versicherung. Die selbstgeschaffene Gefahr aus Profilierungssucht schließe den Schutz der Schülerunfall-Versicherung nicht aus. Das gelte auch, wenn „vorangegangene erfolgreiche Aktionen gleicher Art“ beim Geschädigten zu Sorglosigkeit führten.

Autor: VW-Redaktion

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