Steigende Ansprüche und Betrug: Treibt die Inflation die Kunden zum äußersten?

Drohen Versicherern in Zeiten der Krise mehr Betrugsversuche? Bildquelle: Miles Burke auf Pixabay

Werden die Versicherungskunden unzufrieden? Die Krise der Lebenshaltungskosten hat als Folge, dass die Verbraucher eine schnellere Auszahlung ihrer Ansprüche und mehr Kontrolle über das Schadenverfahren wünschen, zeigt der jüngste Public Trust Index des Chartered Insurance Institute (CII)  für Großbritannien. Spüren auch die deutschen Versicherer diesen Trend?

Neben der steigenden Ungeduld der Kunden spekulieren Experten, dass wegen inflationsgetriebener Ängste auch die Zahl der versuchten Versicherungsbetrüge ansteigen könnte. Das ist von Bedeutung, denn bereits jetzt wenden die deutschen Schaden- und Unfallversicherer für jährlich rund 20 Millionen Schäden rund 70 Prozent ihrer Beitragseinnahmen auf. Generell sind die Kunden anspruchsvoller geworden. „Verbraucher orientieren sich an digitalen Kundenreisen, die sie bei Amazon oder Ebay erleben“, sagt Christopher Lohmann, Vorstandsvorsitzender der HDI Deutschland. Es findet bereits ein Wandel in der Schadenbearbeitung statt, der menschliche Akteur rückt gegenüber der künstlichen Intelligenz und Automatisierung zunehmend in den Hintergrund. Die Frage ist, ob die Krise diesen Trend beschleunigt.

Keine Änderung festzustellen?

Eine erhöhte Kundenanforderung ist hierzulande derzeit nicht feststellbar – auch wenn die Deutschen wegen der Inflation alarmiert sind. In der Krise wollen die Kunden schneller an ihr Geld und jederzeit den Stand der Bearbeitung kennen, zeigt der Public Trust Index.

Davor fürchten sich die Deutschen. Quelle: R+V

Die Kunden sind noch entspannt. „Die meisten Kunden wissen, dass derzeit aufgrund von Handwerker- und Materialmangel die Behebung von Schäden zum Teil deutlich länger dauert als früher“. Eine Änderung in der Schadenregulierung, insbesondere in der Deckungsprüfung und -zusage ist „nicht festzustellen“, erklärt die HDI. Auch bei der Hanse Merkur ist die Lage ruhig. Während einige britische Versicherer aufgrund der steigenden Kundenanforderungen an der Intensivitätsschraube gedreht haben, läuft hierzulande alles wie gewohnt, erklären die beiden Häuser unisono.

Mehr Betrug

In Krisen lockern einige Menschen ihre moralischen Werte, vielfach monetär getrieben. „Es gibt Hinweise darauf, dass betrugsverdächtige Schäden im Zusammenhang mit der Corona-Krise stehen“, erklärte GDV-Experte Rüdiger Hackhausen während der Pandemie. Doch selbst im Nichtkrisenmodus ist bereits rund jeder zehnte Schaden fingiert, ein inflationsgetriebener Anstieg denkbar.

Jeder zehnte Schaden ist Fake. Quelle: GDV.

In Zeiten von Geldnot steigt die Versuchung, weiß der Anwalt Abdou Gabbar, der sich unter anderem mit Betrugsmotiven und Täterprofilen beschäftigt. „Aufgrund finanzieller Notlagen könnte es eine Zunahme von ‚Gelegenheitsbetrügern‘ geben“. Bereits ohne Krise ist jeder Zehnte zum Betrug bereit.

Dem Versicherer will jeder zehnte in die Tasche greifen. Quelle: GDV

Doch bisher ist das nicht feststellbar. Weder HDI noch Hanse Merkur bemerken eine negative Veränderung, die Intensität der Prüfungen ist gleichbleibend. „Nein, unsere Kontrollen befinden sich auf dem gleichen Niveau“ schreibt die Hanse Merkur. Auch die HDI hat die Intensität der Schadenüberprüfung „nicht verändert“.

Die Ruhe muss nicht dauerhaft sein, denn die Inflationskrise steht noch am Anfang. In ihrer Sitzung vom September hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Inflationserwartungen deutlich nach oben angepasst. Für 2022 rechnet die mit einer Inflation von 8,1% für die Eurozone, für 2023 mit 5,5% und für 2024 mit 2,3%. Vielleicht werden die Zeiten für die Versicherer mit Dauer der Krise auch hierzulande unruhiger.

Autor: VW-Redaktion

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