Versorgungsausgleich: Bundesgerichtshof beschert Arbeitgebern neue Kosten

Der Bundesgerichtshof entschied zugunsten der Axa. Quelle: BGH

Der „alte“ Versorgungsausgleich war komplex, aufwendig und hatte ‚Gerechtigkeitslücken‘. Deshalb trat zum 1. September 2009 der neue Versorgungsausgleich in Kraft, der das alles vereinfachen sollte. Das Versprechen an Arbeitgeber und Versorgungsträger, die durch die Novellierung belastet wurde, klang verheißungsvoll. Geklappt hat es indes nicht.

 „Soweit betriebliche und private Versorgungsträger künftig unmittelbar von der Durchführung des Ausgleichs betroffen sind, entstehen keine zusätzlichen Kosten, denn die Finanzierung der geteilten Anrechte ist insgesamt kostenneutral; Kosten der internen Teilung können verrechnet werden. Der Wirtschaft entstehen durch dieses Gesetz keine Kosten. Dieses Gesetz hat keine Auswirkungen auf die Einzelpreise, das allgemeine Preisniveau und insbesondere das Verbraucherpreisniveau“, lautete der Text der BT-Drucksache 16/10144 vom 20.08.2008. Mittlerweile ist klar, dass in sehr vielen Fällen der Versorgungsausgleich für die Unternehmen nicht kostenneutral oder auch sehr teuer ist und wie beim alten Versorgungsausgleich sorgt eine feinziselierte Rechtsprechung immer mehr für eine hohe Komplexität.

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2020  – Entscheidung vom 26.05.2020, 1 BvL 5/18 – eine der wichtigsten „Kostenbremsen“ für Pensionszusagen und Unterstützungskassen „gelöst“. Denn für diese beiden kostenintensiven Durchführungswege war in § 17 VersAusglG geregelt, dass der Arbeitgeber eine externe Teilung bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze gegen Zahlung des Ausgleichswerts verlangen konnte. Damit sollten die hohen Aufwände für die lebenslange Verwaltung von neuen Betriebsrentnern in diesen kostenintensiven Systemen abgemildert werden. Dabei konnte die ausgleichsberechtigte Person wählen, in welche Art der externen Versorgung diese Zahlung einfließt. Gesetzliche Rentenversicherung, die Versorgungsausgleichskasse oder z.B. ein Riestervertrag sind Wahloptionen.

Doch aufgrund der unterschiedlichen Zinsannahmen zwischen der Ausgangsversorgung („Quellversorgung“) und der neuen Zielversorgung kam es häufiger zu sogenannten Transferverlusten, d.h. die Rente im neuen Versorgungsträger liegt unterhalb der der alten Versorgung, teilweise kommt es auch zu Transfergewinnen. Das Bundesverfassungsgericht hatte allerdings 2020 nur die Transferverluste im Auge und schloss die „Gerechtigkeitslücke“ zulasten der Arbeitgeber. Einfach gesagt: Beträgt der Transferverlust des Ausgleichsberechtigten mehr als 10 Prozent, muss der Arbeitgeber einfach mehr Geld für die externe Teilung in die Hand nehmen – oder er nimmt die höheren Verwaltungskosten für eine lebenslange Versorgung der geschiedenen ausgleichsberechtigten Person in Kauf.

Die Entscheidung 2020 war ein Meilenstein. Doch viele Fragen blieben offen. Einige dieser Fragen hat nun der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 24.03.2021 (XII ZB 230/16) beantwortet. Eine Antwort war allerdings schon vorher klar: Es wird aufwendiger und teurer für die Arbeitgeber bzw. die beteiligte Unterstützungskasse.

Hier die zentralen Themen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur externen Teilung:

  1. Das Familiengericht hat „von Amts wegen“ festzustellen, welche Versorgungsleistung die ausgleichsberechtigte Person mit dem vom Quellversorgungsträger vorgeschlagenen Ausgleichswert in der externen Zielversorgung erlangen kann und diese den Versorgungsleistungen gegenüberzustellen, die sie bei einer fiktiven internen Teilung im System der Quellversorgung zu erwarten hätte.
  • Der Arbeitgeber, der die externe Teilung verlangt, muss dem Familiengericht auf dessen Ersuchen mitteilen, wie hoch die Versorgung der ausgleichsberechtigten Person im Falle einer fiktiven internen Teilung ist. Diese im Gesetz nicht vorgesehene und teilweise aufwendige Berechnung muss der Arbeitgeber bzw. die Unterstützungskasse ohne Kostenersatz liefern.
  • Das Familiengericht hat als maßgebliche Zielversorgung für den Vergleich die gesetzliche Rentenversicherung heranzuziehen. Das gilt auch, wenn die ausgleichsberechtigte Person eine andere Zielversorgung anstrebt. Hintergrund ist, dass zurzeit die gesetzliche Rentenversicherung die beste Versorgungsoption anbietet und der Arbeitgeber nicht für die „schlechtere Wahl“ der ausgleichsberechtigten Person zusätzlich einstehen soll.
  • Der Vergleich zwischen Zielversorgung und Quellversorgung kann auf Basis von Rentenwerten oder von Barwerten erfolgen. Damit verlagert sich dann der Streit um die Höhe des Transferverlustes auf die „richtigen“ Rechnungsgrundlagen für die Berechnung von Barwerten. Die langjährigen Kenner des Versorgungsausgleichs dürften sich an die Probleme der einstigen Barwertverordnung erinnert fühlen. Ein Wiedersehen vor dem Bundesgerichtshof ist vorprogrammiert.
  • Der Bundesgerichtshof weist nochmals ausdrücklich darauf hin, dass dem Arbeitgeber nochmals Gelegenheit gegeben werden muss, bei unangemessenen Transferverlusten seine Forderung auf externe Teilung zugunsten einer internen Teilung zurückzunehmen.

Im Einzelnen gibt der Bundesgerichtshof zahlreiche Hinweise zur Durchführung des Vergleichs bei Transferverlusten.

Hinweis für die Praxis:

Erfreulich ist, dass der Bundesgerichtshof in einem schon anhängigen Verfahren Klarstellungen zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zeitnah vornimmt.

Arbeitgeber sowie Unterstützungskassen werden ihre bisherige Vorgehensweise und ihre Teilungsordnung darauf prüfen müssen, ob diese mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs konform sind.

Durch das Absinken des BilMog-Zins in den letzten Jahren sind Transferverluste bei Pensionszusagen insbes. im Vergleich mit der gesetzlichen Rentenversicherung deutlich weniger geworden. Das kann bei Unterstützungskassen im Einzelfall anders aussehen. Damit stellt sich wieder neu die Frage: externe oder interne Teilung? Und natürlich auch: Sind die Kosten für eine interne Teilung richtig kalkuliert, wenn ich mehr intern teilen muss? Oder auch: Sind diese hohen Aufwände für Betriebsrenten überhaupt sinnvoll?

Autor: VW-Redaktion