Superwahljahr 2021: Frisches Personal für ungelöste Probleme

Bundestag. Quelle: Bild von FelixMittermeier auf Pixabay

2021 dürfte Corona möglicherweise in den Hintergrund rücken. Im bevorstehenden Superwahljahr werden neben dem Deutschen Bundestag auch sieben Landtage sowie in Berlin ein neues Abgeordnetenhaus gewählt. So dürfte der Handlungsdruck bei den Themen Riester, Bafin-Aufsicht und Provisionsdeckel weiter steigen.

Wie handlungsfähig zeigt sich die Koalition von CDU/CSU und SPD noch im Wahljahr 2021? Dies ist schwer vorauszusagen, aber je näher der Wahltermin zum Deutschen Bundestag im September rückt, desto weniger werden Union und SPD sich zusammenraufen wollen, um offene Punkte aus dem Koalitionsvertrag abzuarbeiten. Dies gilt etwa für die dringend gebotene Neuaufstellung der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge – die Riester-Rente.

Die SPD hat mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz zwar einen Kanzlerkandidaten, sie könnte aber den Nimbus einer Volkspartei bei den anstehenden Landtagswahlen und der Bundestagswahl endgültig verlieren, wenn man den aktuellen Umfragewerten glaubt. Man sollte sich auf viele Überraschungen einstellen, aber ein so böses Erwachen wie durch die Corona-Pandemie wird es nicht noch einmal geben. Allerdings wird uns die Pandemie auch ins Jahr 2021 begleiten, selbst wenn schon früh im Jahr Impfstoffe die Marktreife erhalten. Einschränkungen im täglichen Leben – vor allem in der Reisefreiheit – werden uns erhalten bleiben. Unter Dauerstress dürften die Wirtschaft, der Staatshaushalt und das Gesundheitssystem bleiben.

Schwarz-Grün wird immer wahrscheinlicher

Die CDU hat erst einmal die Wahl eines neuen Parteivorsitzenden und potenziellen Kanzlerkandidaten wegen Corona auf Januar vertagt. Dass die Union derzeit in den Meinungsumfragen starke Ergebnisse hat, dürfte sie in erster Linie ihrer Bundeskanzlerin Angela Merkel verdanken. Sie hat in der Corona-Krise klare Kante gezeigt und leider sind ihre düsteren Prognosen über den Verlauf der Pandemie eingetroffen. Merkel hat zwar ihren Rückzug vom Kanzleramt angekündigt – aber in der Not?

Im Zentrum des Corona-Geschehens steht naturgemäß Jens Spahn (CDU) als Bundesgesundheitsminister, der nicht mehr selbst den CDU-Vorsitz anstrebt und sich derzeit aber zum Team um den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) zählt. Neben Laschet streben Norbert Röttgen und Friedrich Merz den CDU-Vorsitz an. Bei der Kanzlerkandidatenwahl wird dann Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ein gewichtiges Wort mitreden.

Bei Bündnis 90/Die Grünen, die in den Umfragen stetig vor der SPD auf Platz zwei liegen, geht es zunächst im März um die Bestätigung ihres Landesvaters in Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann. Dass die Grünen alleine mit der CDU können, zeigen sie ja bereits in den Landesregierungen eben in Baden-Württemberg und Hessen. Man muss abwarten, wie die Wahlprogramme von Union und Grünen für die Bundestagswahl aussehen, die Grünen tragen aber schon heute viele (Corona-)Positionen von Merkel mit.

Für die SPD steht in den Ländern viel auf dem Spiel. Im März wird in dem von Malu Dreyer im SPD-regierten Rheinland-Pfalz gewählt, im Herbst stehen dann Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern mit Manuela Schwesig und in Berlin an. Der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller tritt nicht mehr an und kandidiert für den Bundestag. Die linke SPD-Basis dürfte auf jeden Fall einer nochmaligen Neuauflage einer noch kleineren Großen Koalition widersprechen.

Ob sich aber der Traum von Rot-Rot-Grün unter Führung der SPD erfüllen kann, das wäre schon eine sehr große Überraschung. Bleibt noch ein Blick auf die FDP. Deren Parteichef Christian Lindner – zu Schwarz-Gelb-Grün im Bund: „Lieber nicht regieren, als schlecht regieren“ – ist es gelungen, die Partei wieder runter an die Fünf-Prozent-Hürde zu drängen. Ob sich der kritische Kurs an der Corona-Politik der Bundesregierung auszahlt, darf wohl eher bezweifelt werden.

Kommt der Riester-Schub?

Noch wäre in dieser Legislaturperiode Zeit, um der staatlich geförderten Riester-Rente zu einem Neustart zu verhelfen. Die Zahlen stagnieren seit Längerem und sind 2020 insgesamt rückläufig bei nur noch knapp 16,5 Millionen Verträgen. Die Kritik ist der Politik seit Langem bekannt: Riester ist zu kompliziert, die Rückforderung von Zulagen verprellt die Sparer, der Kreis der Förderberechtigten ist schwer durchschaubar und zu eng gefasst, die 100-prozentige Beitragsgarantie bremst die Renditen.

Die Versicherer, die Fondsindustrie und die Bausparkassen hatten bereits im November 2019 einen Fünf-Punkte-Plan zur Stärkung der privaten Altersvorsorge vorgelegt. Die Koalition hat sich vorgenommen, ein standardisiertes und kostengünstiges Produkt zu schaffen; dies wollen auch die Riester-Anbieter.

Zudem wollen sie eine Öffnung der geförderten privaten Altersvorsorge für alle – auch für Selbstständige. Sie plädieren für eine verständliche Förderung, bei der jeder eingezahlte Euro mit mindestens 50 Cent gefördert wird. Das Zulagensystem sollte so neugestaltet werden, dass erst geprüft und dann gezahlt wird, um damit etwa 800.000 Rückforderungen im Jahr um 90 Prozent zu reduzieren. Die Beitragsgarantie sollte gelockert werden, um die Ertragschancen der Vorsorgesparer zu erhöhen.

Koalitionsstreit um Bafin-Aufsicht und Provisionsdeckel

Dem Koalitionsvertrag zufolge sollte die Aufsicht über die Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater schrittweise auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) übertragen werden. Da kämen für die BaFin knapp 37.000 zusätzliche Prüfaufträge hinzu. Die Vermittlerverbände laufen Sturm, zumal keine Missstände bei der Aufsicht durch die Industrie- und Handelskammern oder den Gewerbeämtern bislang bekannt geworden sind.

Befürchtet werden hohe Kosten, da die BaFin die ihr als Aufsicht entstehenden Personal- und Sachkosten auf die Vermittler abwälzen würde. Wie hoch die Kosten wirklich ausfallen würden, ist unklar. Die Union blockiert das Vorhaben jedenfalls, solange dies nicht schlüssig dargelegt wird.

Wie vom Parlament gefordert, hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) eine Evaluierung des Lebensversicherungs-Reformgesetzes (LVRG) vorgelegt. Im Ergebnis sieht das BMF Handlungsbedarf, weil die mit dem Gesetz auch beabsichtigte Absenkung bei den Vertriebskosten von Lebensversicherungen nicht in ausreichendem Umfang gelungen sei. Seitdem liegt der Vorschlag eines Provisionsdeckels auf dem Tisch.

Dass auch in diesem Fall die Vermittler nicht begeistert sind, liegt auf der Hand. Die Abschlussprovision sollte bei 2,5 Prozent gedeckelt werden. Die Beratungsqualität soll dann zusätzlich mit bis zu 1,5 Prozent vergütet werden können. Auch in der Union ist man immer noch skeptisch, ob ein Eingriff in die Gewerbefreiheit wirklich nötig ist.

Ein Positionspapier der Arbeitsgruppe Finanzen vom April 2019 blockiert das Gesetzgebungsverfahren. In dem Papier heißt es: „Das Instrument Provisionsdeckel ist (daher) untauglich, um eine Renditesteigerung im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher zu erzielen.“

Ob das Thema Doppelverbeitragung von Betriebsrentnern, die in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert sind, noch mal in den politischen Blick gerät, ist derzeit überhaupt nicht abzusehen. Es geht um Milliarden-Ausfälle bei der GKV. Die Kassenlage der GKV ist angespannt und der Bund dürfte in der Corona-Krise kaum bereit sein, das Thema Doppelverbeitragung noch einmal aufzugreifen.

Autor: Manfred Brüss

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