BSV müsste sich um Faktor zehn verteuern

Quelle: Bild von Steve Buissinne auf Pixabay

Die Covid-19-Pandemie wird nach Angaben der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. (DAV) vor allem für die Industrie- und Gewerbeversicherung sowie die Kapitalanlage zur Belastungsprobe. „Durch den staatlich verordneten Lockdown über ganze Branchen hinweg kam es in der Veranstaltungsausfall- und der Betriebsschließungsversicherung teilweise zu einem Totalschaden bei 100 Prozent der Unternehmen“, sagte Guido Bader bei der Eröffnung der ersten e-Herbsttagung der Vereinigung.

Er betonte, dass eine derartige Ausnahmesituation nicht vorhersehbar und in dieser Form auch nicht rein privatwirtschaftlich versicherbar sei. „Denn für eine derartige Absicherung müssten sich die Prämien nach unseren Berechnungen in der Betriebsschließungsversicherung grob gerechnet verzehnfachen. Einen solchen Vertrag würde wohl kein Unternehmen abschließen“, so Bader. Die Aktuare unterstützten Public-Private-Partnerships für den Versicherungsschutz im Pandemiefall.

Besorgt zeigt sich der DAV-Vorstandsvorsitzende zudem über die pandemiebedingten Verwerfungen an den Kapitalmärkten: „Die coronabedingten massiven Anstiege der Staatsverschuldungen weltweit sowie die Ankaufprogramme der Zentralbanken haben die Zinsen, insbesondere in Europa und ganz speziell in Deutschland, auf Jahrzehnte auf extrem niedrigem Niveau einzementiert.“ Allein seit Beginn der Pandemie seien die sicheren Zinsen noch einmal um 20 bis 50 Basispunkte gesunken, was sich zunehmend auch in den Solvenzquoten der Lebensversicherer widerspiegle. Darauf reagierten die Lebensversicherer mit veränderten Garantiekonzepten.

Hingegen seien die Auswirkungen der Pandemie auf die versicherungstechnischen Risiken der Lebensversicherer bislang überschaubar. Die Übersterblichkeit sei bislang ausgeblieben. Die Todesfallzahlen bewegten sich noch immer im normalen statistischen Schwankungsbereich. Auch sei der befürchtete Mittelabfluss ausgeblieben, berichtet Bader weiter. Nur zu Beginn der Pandemie hätten sich die Stornoquoten kurzzeitig und geringfügig erhöht. Vielmehr beantragten einige Kunden Stundungen ihrer Zahlungen oder stellten ihre Verträge für einige Monate beitragsfrei. Die Mehrheit habe ihre Zahlungen schon wieder aufgenommen. Liquiditätsrisiken hätten zu keiner Zeit bestanden.

PKV leistet überproportional

PKV-Vorsitzender Ralf Kantak stellte in seiner Keynote heraus, dass die privaten Krankenversicherer (PKV) „weit mehr“ für die Bewältigung der Pandemie leiste, als es ihrem Versichertenanteil entspreche. Er bezifferte die coronabedingten Zusatzausgaben der PKV auf über eine Milliarde Euro und zusammen mit der Beihilfe auf fast 1,4 Mrd. Euro. Kantak hob den finanziellen und qualitativen Beitrag der PKV als zweite Säule im dualen deutschen System hervor. „Wir können auch sehr selbstbewusst darauf hinweisen, dass viele Voraussetzungen für die Bewältigung der Corona-Pandemie unmittelbar von Leistungen der PKV abhängen“, so Kantak, der Chef der SDK-Gruppe ist. Als Beispiele nannte er die moderne Ausstattung von Laboren, die Zahl von Einbettzimmern für die Isolierung von Erkrankten und das Angebot von Video-Sprechstunden, die von den Privaten überdurchschnittlich stark finanziert bzw. initiiert worden seien.

DKV analysiert eigenen Bestand auf Corona-Folgen

Die DKV Deutsche Krankenversicherung AG berichtet nach Auswertung von 10.000 Voll- und Ergänzungsversicherten mit einer Covid-19 Infektion von Folgeschäden. So sind dieser Auswertung zufolge die durchschnittlichen Leistungsausgaben pro Tag von Covid-19-Patienten nach einer stationären Behandlung um mehr als 50 Prozent erhöht. „Die Folgewirkungen einer solchen Infektion sind demnach alles andere als nur ein gesundheitlicher Bagatellschaden.“ wird DKV-Chef Clemens Muth in einer Pressemitteilung zur Auswertung zitiert. Dabei hätten rund 15 Prozent der stationär behandelten Covid-19 Erkrankten im DKV-Vollversichertenbestand seit 2018 bis zu ihrer Infektion keine Leistungen eingereicht.

Galten bislang vor allem Ältere und Vorerkrankte als gefährdet, zeigt sich der DKV zufolge, dass vor allem bei den unter 20-Jährigen seit Oktober verhältnismäßig viele Neuinfektionen hinzugekommen sind. Jüngere Patienten blieben im Schnitt sechs bis acht Tage im Krankenhaus, bei über 70-Jährigen sind es dagegen zwölf bis 13 Tage. Bei den Vorerkrankungen von stationär behandelten Patienten träten Herzerkrankungen und Bluthochdruck besonders häufig auf. Auch Atemwegserkrankungen seien überproportional häufig vertreten. Bei mehr als der Hälfte der Erkrankten wurden zudem Störungen des Fettstoffwechsels, eine Fettleber oder eine erhöhte Harnsäure im Vorfeld oder während der Behandlung diagnostiziert.

Das Statistische Bundesamt hat gleichwohl eine Übersterblichkeit durch die Pandemie festgestellt. Verglichen wurde die Entwicklung der Sterbefälle vom 23. März bis 3. Mai 2020 mit den Durchschnittswerten der letzten vier Jahre. In der 15. Kalenderwoche sei die Abweichung mit knapp 2.500 Fällen oder 14 Prozent über dem Durchschnitt der Vorjahre bisher am höchsten gewesen, sagte Georg Thiel, Präsident des Statistischen Bundesamtes. Den Effekt führt er im Wesentlichen auf eine überdurchschnittliche Zunahme der Sterbefälle in der Altersgruppe 80 Jahre und älter zurück. Hier lagen die Sterbefallzahlen in der 15. Kalenderwoche um 22 Prozent bzw. knapp 2.200 Fälle über dem Durchschnitt der vier Vorjahre. Berücksichtigt man die Veränderungen im Altersaufbau der Bevölkerung, seien die Sterberate dieser Altersgruppe am Höhepunkt der ersten Welle etwa zehn Prozent höher.

Autorin: Monika Lier

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

3 × 1 =