Gewerbeversicherung: Disruption und Digitalisierung erschweren Zugang zum KMU-Markt

Kein Zugang für Versicherer zum KMU-Markt? Bild von Roy Harryman auf Pixabay.

Fast alle großen Versicherer haben das Segment kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) auf ihrer Agenda. Sie planen eine Offensive mit einem Prämienvolumen in Milliardenhöhe, analysiert das Münchner Insurtech Finanzchef24. Einfach wird die Eroberung des KMU-Marktes nicht, denn es lauern Herausforderungen.

Die Aufgabe für die Branche wird sein, Kleinunternehmer und Mittelständler in ihrer Vielschichtigkeit abzuholen. Kunden können von individuelleren Lösungen und Prozessen profitieren, Anbieter von einem wachsenden Markt“, fasst Finanzchef24-Co-CEO Tobias Wenhart die Situation zusammen.

Die Veränderung der Arbeitswelt, die bereits vor Corona in vollem Gange war, hat sich durch die Pandemie und den Digitalisierungssprung weiter verschärft. Zunehmende Hybridisierung und der Trend zum Gewerbe als digital vorangetriebenes Einzelunternehmen eröffnen für Versicherungsunternehmen neue Chancen und Risiken. Zudem erschließt sich für Versicherungsunternehmen eine Kundengruppe als Markt, der bislang zumeist lokal verortet war. „Der Klein- und Mittelständler wendet sich bei Fragen zur Risikoabsicherung nicht mehr nur an sein Finanzinstitut oder den Makler vor Ort, sondern setzt auf das Internet. Die Branche der Gewerbeversicherungen ist auf die neu entstandene Zielgruppe und deren Bedürfnisse jedoch noch gar nicht ausreichend vorbereitet.“ Die Lösung seien smarte Daten, bessere Fragen, mehr Schnittstellen zu den Versicherern sowie eine gezieltere Kundenansprache.

Erste Herausforderung: Die richtigen Fragen stellen

Wer Antworten will, die ihn im Umgang mit dem Kunden tatsächlich weiterbringen, der muss die richtigen Fragen stellen. „Unternehmer wollen bei Versicherungsprodukten heute nicht nur den Preis vergleichen, sondern das Produkt“, weiß Wenhart. „Das ist gerade bei kleineren Firmen wichtig, die individuell zugeschnittene Versicherungen brauchen, weil sie in ihrem Gewerk verschiedene Tätigkeiten abbilden.“ Finanzchef24 selbst schlägt Versicherern daher einen Fragenkatalog vor und bringt so mittlerweile rund 80 Prozent der Kunden durch den Prozess. Das schafft mehr Einheitlichkeit und eröffnet ein überschaubares Maß an Vergleichbarkeit.

Die zweite Herausforderung: Den Kunden von Morgen finden 

Auch in der Versicherungsbranche gilt: Nicht nur der Kunde muss seinen Versicherer – etwa über Vergleichsportale – finden, sondern die Branche muss sich ebenso selbst auf die Suche nach dem Kunden von Morgen machen. Eine gezieltere Ansprache kann laut Finanzchef24 ein Schlüssel sein, der insbesondere überall dort Türen öffnet, wo sich Unternehmer und Mittelständler treffen. Sei es auf den Webseiten der Industrie- und Handelskammern, bei Zulieferern und Großhändlern oder auf Plattformen zur Vermittlung von Aufträgen. Diese Knotenpunkte, wo potenzielle Gewerbekunden anzutreffen sind, können gut mit Angeboten zu Versicherungen ergänzt werden. „Entsprechende Kooperationen lassen so aus dem Pull- ein Push-Geschäft werden, das darüber hinaus mit speziellen Produkten individuelle Zielgruppen anspricht“, sagt Wenhart.

Dritte Herausforderung: Bessere Schnittstellen

Bei Bestandsprozessen in der Versicherungsabwicklung lassen sich viel Geld und Zeit einsparen, wenn bislang händisch durchgeführte Abläufe weiter optimiert und digitalisiert werden.  Ein entscheidender Hebel sind funktionierende Schnittstellen zwischen Versicherern, Kunden und Maklern. Sie sorgen im Vergleichsfall dafür, dass der Kunde einen realistischen Preis angezeigt bekommt. Dabei bauen Insurtechs mit Partnern entweder eigene Schnittstellen oder orientieren sich an den BiPRO-Normen.

Vierte Herausforderung: Digitalisierung

Die Digitalisierung mag zahlreiche der Trends und Herausforderungen angeschoben haben, mit denen die Branche aktuell konfrontiert ist. Wirklich angekommen in der digitalen Welt sind die meisten Versicherer allerdings noch nicht. Sowohl im Bereich der Wertschöpfungskette als auch in Sachen Online-Produkte oder Customer Journey tun sich die meisten Versicherer immer noch schwer, wirklich digitale Formen anzubieten. Das liegt vor allem daran, dass traditionell analoge Produkte ohne große Anpassungen digital zur Verfügung gestellt werden. Flexibilität und Schnelligkeit bleiben oft auf der Strecke.

Fünfte Herausforderung: Individuellere Beratung

Der Trend zur Hybridisierung des Arbeitsplatzes muss in Zukunft spiegelbildlich in der Beratung hybride Prozesse zur Folge haben. Denn Hand in Hand mit den Disruptionen am Arbeitsplatz werden Kundenbedürfnisse individueller. Finanzchef24 empfiehlt, analoge und digitale Beratungsformen zu kombinieren. Die Online-Bedarfserfassung werde im Idealfall durch eine Offline-Unterstützung via Telefonat oder Videocall unterstützt. Wenhart: „Die Möglichkeit eines direkten Kontakts zu einem spezialisierten Berater zu haben, ist in vielen Betriebsarten und Berufsgruppen sehr wichtig.“

Autor: VW-Redaktion

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