Vermittler im UK: Herausputzen für das neue Empire

Quelle: Antony auf Pixabay

Mit Großbritannien hat Europas größter Finanzplatz den EU-Binnenmarkt verlassen. Die größte Verlagerung von Kapital und Arbeitsplätzen hat gerade erst begonnen. Und was machen die einfachen Vermittler auf der Insel? Es scheint, als ob sie sich wohlig auf der Assekuranz-Wertschöpfungskette eingenistet haben.

Das Berufsbild der britischen Versicherungsmakler reicht vom High Street Broker, der in einem Kleinstädtchen umgeben von Charity Shops der Heilsarmee und sonstiger Wohlfahrtsverbände Hausrats- und Autodeckungen verkauft bis zum leitenden Angestellten eines Mega-Maklers vom Schlage Marsh, Aon, Willis oder JLT, der auf weltweite Akquise geht und anschließend einen leading Lloyd’s Underwriter von der maßgeschneiderten und komplexen Deckung überzeugt. Ähnlich wie in Deutschland unterscheidet das britische Auftragsrecht (Law of agency) je nachdem, ob der Vertreter als Agent des Versicherungsnehmers oder des Versicherers auftritt. Er kann nicht gleichzeitig Diener zweier Herren sein. Durchaus üblich ist jedoch, dass eine einzige Maklerorganisaiton abwechselnd als Makler und auch als Assekuradeur auftritt.

Versicherungsagenten des alten Schlags, hierzulande mit Ausschließlichkeitsvertreter vergleichbar, sind in Großbritannien aus der Mode gekommen. Versicherer scheuen die entstehenden Fixkosten und die automatische Verantwortung für das mögliche Fehlverhalten von jemandem, der ihnen ohne weiteres zugerechnet werden kann. Kfz- und Hausrat, eher einfach gestrickte Produkte, laufen zu einem Gutteil bereits über online-Kanäle, d.h. ohne Einschaltung eines Vermittlers. Mit dem Vertrieb von überteuerten Restschulddeckungen über den Bankschalter haben sich britische Banken die Finger verbrannt, schließlich mussten 37,5 Mrd. Pfund restitutiert werden. Allerdings gibt es eine Diskussion über „franchised agents“, d.h. das Aufziehen eines Agentensystems im Stile von McDonalds, bei dem der Agent keinerlei Freiheiten genießt, was die öffentliche Präsentation angeht.

Die Gefahr bei solchen Konstruktionen liegt jedoch darin, dass die Gerichte hieraus ein faktisches Arbeitsverhältnis konstruieren könnten, ähnlich wie bei einem scheinselbständigen Uber-Fahrer. Angesprochen darauf, wo denn in Großbritannien die Versicherungsagenten geblieben seien, antwortete Alistair Blundell, Head of General Insurance bei British Insurance Brokers‘ Association (BIBA): Schon seit Jahrzehnten seien in Großbritannien Makler dominant gewesen.

Er könne sich nur noch vage daran erinnern, dass in den 1970ern noch Versicherungsagenten im Wege des Türklinkenputzens Begräbnisdeckungen angeboten hätten. Die BIBA besteht seit 1977. Ihre 1.800 Mitglieder beschäftigen über 100.000 Personen und vermitteln 67 Prozent der Nicht-Lebensabschlüsse entsprechend 66,5 Mrd. Pfund an Jahresprämie.

Trend zur Konsolidierung

Anfang der 1980er soll es in Großbritannien noch ca. 10.000 Versicherungsmakler gegeben haben. Ihre Zahl ist auf mittlerweile stark geschmolzen. In früheren Zeiten bestanden kaum Markzutrittsschranken und es war üblich, dass ganze Teams kurzerhand bestehende Maklerorganisation verließen, unter Mitnahme des Arbeitgeber-Goodwills eine eigene Firma gründeten und diese nach einigen Jahren dann wieder an einen der großen Makler veräußerten. Mittlerweile bestehen jedoch erhebliche Anforderungen an Neugründungen, nicht allein auf der regulatorischen Seite, sondern auch was die IT-Systeme und die Risk-Management-Dienstleistungen angeht.

Aon möchte derzeit den Konkurrenten Willis Towers Watson erwerben. Willis‘ Firmenholding ist bereits seit 2009 in Dublin ansässig, Aon verlegte im April 2020 im Hinblick auf den Brexit den Sitz von London nach Dublin. Es wollen also gleich zwei irische Firmen fusionieren, womit sich die Einschaltung der auf fairen Wettbewerb achtenden EU-Kommission erklärt. Andererseits geraten auch immer wieder Makler in den Run-off. Häufig muss dann festgestellt werden, dass keine genügenden Rückstellungen existieren, um die Kosten der Jahre währenden Abwicklung zu kompensieren.

Lloyd’s wird immer wieder der exorbitante Kostensatz von über 40 Prozent vorgeworfen. Verantwortlich hierfür sind aber weniger ineffiziente Betriebsabläufe und die eigene, zu alimentierende regulatorische Bürokratie, sondern vielmehr die Kosten für Courtagen und die Gebühren für Underwriting Agents. Bis 2025 soll die Gesamtcourtage des britischen Versicherungsmarkts 19,9 Mrd. Pfund erreichen.

Autor: Philipp Thomas

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der aktuellen Januar-Ausgabe des E-Vertriebsmagazins Der Vermittler.

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