Britische Aufsicht verlangt von CEOs Vorgehen gegen schädliche Unternehmenskultur und Übergriffe

Eine Kultur des Schweigens - Aufsicht fordert von CEOs Máßnahmen - Bild von prettysleepy1 auf Pixabay

Stellen sie sich folgendes vor: Frank Grund greift Ende des Jahres zu Briefpapier und Füller, um Norbert Rollinger, Klaus-Peter Röhler, und Achim Kassow einen Brief zu schreiben, in dem er einen stärkeren Kampf gegen sexuelle Übergriffe und eine offenere Unternehmenskultur in deren Häuser fordert. Wer das für unvorstellbar hält, muss nur nach England schauen.

In einem Brief mahnt Gareth Truran, Acting Director Insurance Supervision bei der Prudential Regulation Authority (PRA), in scharfem Ton Änderungen bei den Unternehmen an. Die Offenheit ist für ein behördliches Schreiben ungewöhnlich, offenbar will die PRA keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Angelegenheit aufkommen lassen.

Die Unternehmen sollen eine Kultur errichten, in der sich die Mitarbeiter trauen, Missstände und Bedenken offen anzusprechen. Zudem sollen Mechanismen eingeführt werden, die das ermöglichen.

Ursächlich für diese Forderung und den Eingriff in die unternehmerische Kultur ist „eine starke Besorgnis“, wegen öffentlicher Berichte über „sexuelle Übergriffe“ und „Mobbing“ in den Unternehmen, speziell auf dem Londoner Markt. Bei Lloyds kam es zu Alkoholexzessen, rüpelhaftem Verhalten und sexuell motivierten Kommentaren gegenüber Mitarbeiterinnen. Wer die Geschichte verpasst haben sollte, kann sie HIER nachlesen.

Der Ton wird rauer

Offenbar ist sie Versicherungsbörse kein Einzelfall. Laut Aufsichtsbehörde „ist es klar“, dass einige Firmen „viel Arbeit beim Verbessern der Unternehmenskultur sowie beim individuellen Verhalten vor sich haben“. Besonders die Tatsache, dass gemeldete Verstöße nicht geahndet wurden, missfällt Truran.

Eine Kultur, in der Fehler nicht angesprochen werden, könne zu Problemen in der täglichen Arbeit führen und die Zuverlässigkeit bei Finanzentscheidungen beeinträchtigen. „Risikokultur und Kontrolle würden in enger Verbindung miteinander stehen. Der Gedanke ist nachvollziehbar, unausgesprochene Missstände bleiben möglicherweise unentdeckt und bedrohen die Sicherheit des Unternehmens.

Die Behörde belässt es aber nicht bei allgemeinen Hinweisen. Speziell die CEOs werden in scharfem Ton an ihre Verantwortlichkeit erinnert. Missverhalten und eine schlechte Kultur in den Unternehmen könne zu einer Neubewertung der „persönlichen Integrität“ der Unternehmenslenker führen. Desgleichen wären auch nicht finanzgebundene Verstöße ein Anlass, „Eignung und Anstand“ der Senior Manager in Frage zu stellen.

Die Behörde wird gemeinsam mit der Financial Conduct Authority zusammenarbeiten, um zu beurteilen, ob eine schädliche Kultur und unangemessenes Verhalten im Unternehmen im Gegensatz zu regulatorischen Erwartungen und Vorgaben stehen.

„Wir weißen die Führungsriegen darauf hin, dass sie die kollektive Verantwortung für eine gesunde, vernünftige und risikobewusste Unternehmenskultur tragen“, schreibt Truran. Die Unternehmen könnten sich sicher sein, dass die Aufsicht das Gespräch mit den Unternehmen suchen werde.

Dass Bafin-Exekutivdirektor Frank Grund solche Zeilen zu Papier bringen muss, ist schwer vorstellbar, eine Me-Too oder Kulturdebatte gibt es in der deutschen Versicherungsbranche nicht.

Autor: VW-Redaktion

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