Kolumnist Klaus Hermann ehrt den vergessenen Helden der Versicherungsbranche
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Klaus Hermann ist Versicherungskaufmann und meinungsstark. Quelle: VWheute.

Pioniere werden für ihre Visionskraft gefeiert. Technik, Wissen oder Sport, – die Ersten bleiben in Erinnerung. Nicht so in der Versicherung, das Andenken des Erfinders unserer Wirtschaftszweigs ist zu Staub zerfallen. Klaus Hermann rächt diesen Frevel in seiner Kolumne.

Natürlich kennen Sie Carl Benz als Erfinder des Automobils. Warum der Apfel vom Baum zu Boden fällt, hat uns Isaac Newton netterweise verraten und ohne Johannes Gutenberg müssten wir heute nach dem Lesen der Bild zum Chiropraktiker, weil der Springer Verlag seine Informationen immer noch in Stein gemeißelt anbieten würde.

Wissen Sie auch, wem sie letzten Endes so wundervolle Errungenschaften wie die Hausratversicherung, die Berufsunfähigkeitsrente oder die Schiffskasko zu verdanken haben? Produkte, die Ihnen heutzutage wie selbstverständlich von glücklichen Menschen meiner Zunft gut gelaunt präsentiert und erklärt werden. Nein? Dann erlaube ich mir, Ihnen ein Stück wichtiger (Versicherungs-)Geschichte zu präsentieren. Ohne deren Einfallsreichtum sähe unsere Gesellschaft heute völlig anders aus. Wir würden unversichert und mit ständiger Angst vor existenziellen Schäden durch die Gegend laufen und nach unvorhersehbaren Ereignissen mittellos unserem Schicksal entgegensehen.

Zum Glück hat sich schon vor sehr langer Zeit ein gekröntes Haupt Gedanken gemacht und festgestellt:  Geteiltes Leid ist halbes Leid. Und nicht nur das. Er hat auf diese Einsicht mit der Grundidee einer Versicherung reagiert.

Die früheste Niederschrift, die auf Ansätze einer Risikosteuerung hinweist, stammt aus dem Jahr 1.750 vor Christus. Ein Gesetzbuch des babylonischen Königs Hammurabi, der Codex Hammurabi, enthielt einen Prolog der 282 Gesetzesparagrafen. Diese wurden auf einer 2,25 Meter hohen Stele festgehalten. Diese Stele wurde 1902 bei Ausgrabungen im Nahen Osten gefunden und kann heute nicht nur von Versicherungsvermittlern aus aller Welt im Louvre in Paris bewundert werden. Nur mal so als Reisetipp, falls man meint, in der französischen Hauptstadt schon alles gesehen zu haben oder, wenn durch den Brand in Notre Dame eine Lücke in der Planung für den Paris-Besuch entstanden ist.  

Auf diesem beeindruckenden Gesteinsbrocken ist unter anderem zu lesen:

„[…] So sollen die Teilnehmer einer Karawane sich vertraglich verpflichten, dass der dem einzelnen, während der Reise durch Raub oder Überfall entstandene Schaden gemeinsam getragen werde. […]“

Das ist sie also. Die Geburtsstunde der Versicherungsidee. Viele kommen zusammen, um das im Einzelnen ungewisse Risiko auf mehrere Schultern zu verteilen. Genau darum geht es in meiner so unglaublich unterschätzten Branche.

Wenn man „Hammurabi“ auf einer Suchplattform im Internet eingibt, kommen jede Menge Infos und Seiten zu seinem Codex. Gefeiert wird er auch, weil er unter anderem in seinen 282 Gesetzestexten eine erste Bier- und Weinschankordnung erließ. Darauf sollten wir das Glas erheben. Sich unter geregelten Bedingungen volllaufen lassen und Risiken teilen. Nicht schlecht, Hammurabi.

Wird der längst verstorbene König dafür von der Versicherungsindustrie glorifiziert? Mitnichten. Keine noch so kleine Versicherungsgesellschaft dieses Planeten hat in irgendeiner Art und Weise Bezug genommen auf den Gründervater einer Säule des heutigen Wirtschaftslebens.

Schade eigentlich. Hat man hier vielleicht zu wenig Selbstvertrauen, um dem Gründer der Versicherungsidee angemessen zu huldigen? Carl Benz und das Automobil sind bis heute untrennbar verbunden. Kolumbus ist bekannt wie ein bunter Hund. Nach ihm wurde sogar ein ganzes Land in Südamerika und eine Währung benannt und jeder weiß, dass er den Kontinent entdeckte.

Nur Hammurabi hat man völlig vergessen. Keine Versicherungsgesellschaft der Welt hat sich nach ihm benannt. Noch nicht einmal eine Straße oder ein Projekt mit seinem Namen konnte ich finden. Jeder Dichter und Autor noch so verstörender Zeilen bekommt Schulen nach ihm benannt und was machen die Versicherungen? Sie gehen lieber auf Nummer sicher und huldigen dem Jahrhunderte alten Mainstream folgend populären Tieren. Zum Beispiel dem Adler und dem Drachen.

Also, liebe Versicherungsbranche. Hinweg mit der Bescheidenheit. Feiern wir den Gründer der Versicherungsidee. Hebt König Hammurabi aufs Schild, bringt ihn auf eure Wappen, benennt die Anschriften der Konzernzentralen um. Das ist euch zu viel des Guten? Dann stoßt beim nächsten Betriebsfest einfach auf ihn an und erzählt seine (unsere) Geschichte.

Zum Autor: Klaus Hermann ist Vermittler, Buchautor, Comedian und vieles mehr. Für VWheute schreibt er über Vertrieb, die Branche und alle weiteren Themen, die ihn bewegen.

Mehr interessante, witzige und kluge Storys über die Versicherungswelt können Sie im Buch „Ich bin kein Klinkenputzer – Eine Liebeserklärung an die Versicherungsbranche“ von Klaus Hermann lesen. Nur im Verlag Versicherungswirtschaft.

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