Deutsche Familienversicherung will jetzt Vollsortimenter werden

Stefan Knoll, CEO der DFV. Quelle: DFV.

Die DFV Deutsche Familienversicherung AG wird im Jahresverlauf 2021 ihr Flatrate-Produkt „DFV-KombiSchutz“ um eine Vorsorgekomponente erweitern und ab 2022 in die Lebensversicherung einsteigen. „Wir sind mitten im Schreiben des Zulassungsantrags für die Bafin. Ich gehe davon aus, dass dies noch dieses Quartal fertig wird. Wirtschaftlich und technologisch sind wir dazu in der Lage. Wenn wir der Bafin ein Produkt vorlegen, dann bekommen wir das kurzfristig hin“, sagte Vorstandschef Stefan M. Knoll bei einer Veranstaltung für den Kapitalmarkt.

Dort zeigte er sich auch enttäuscht über den Verlauf der DFV-Aktie in der jüngeren Vergangenheit. Dem versuchte er mit einer Reihe von Plänen und Erläuterungen entgegenzuwirken. Die DFV sei über den Kauf von Zertifikaten CO2-neutral und seit dieser Woche auch entsprechend zertifiziert. „Fehlende Nachhaltigkeit ist für Investoren also kein Hinderungsgrund mehr“, so Knoll.

Der „DFV-KombiSchutz“ mit fünf typischen Versicherungsarten für Privatkunden soll ab 2022  zu einer „Lifetime Versicherung“ ausgebaut werden und dann auch biometrische Risiken wie Todesfall, Pflege und Berufsunfähigkeit beinhalten. Damit trage man der veränderten Lebenssituation der Kunden Rechnung, so Vertriebsvorstand Stephan Schinnenburg. „Digital ist nicht alles ohne Papierschein.“ Darüber hinaus strebt die DFV zum Vollsortimenter. Sowohl IT-technisch, vertrieblich und von der Produktzusammensetzung sei man dazu in der Lage, sagte Knoll. Geplant sind ein Vertriebs-Call-Center sowie der Ausbau des Maklergeschäfts. Online, direkt und Makler sollen jeweils 30 Prozent des Neugeschäfts einfahren. Hinzu kommt das Geschäft mit Kooperationspartnern.

Knoll kündigte neue Produkte an: So soll es eine Pflegezusatzpolice für das Maklergeschäft geben. In der Sachversicherung will sich die DFV, die bisher 75 Prozent des Neugeschäftes mit Krankenzusatzversicherungen schreibt, um Ausschnittsdeckungen für Rad oder mobile Geräte erweitern. Geplant sind auch sogenannte Add-On-Versicherungen, bei denen moderne Technik wie Machine Learning und Blockchain eingesetzt werden sollen. Als Beispiel wurde eine Ticket-Versicherung genannt. Vor diesem Hintergrund will die DFV gemeinsam mit dem im Umfeld der Technischen Universität München entstandenen Start-up STTech GmbH ein Joint Venture gründen. Dieses soll Technologien für die Automatisierung von Schaden- und Leistungsfällen entwickeln und bei der Anwendung helfen. Die eigene IT-Technik wurde inzwischen weitgehend an einen Dienstleister ausgelagert. Nun konzentriert man sich auf Plattformtechniken und Software.

Knoll berichtet, dass die Überprüfung der Kalkulationsgrundlage bei der Pflegezusatzversicherung „CareFlex Chemie“ zugunsten der DFV ausgegangen sei. Der auf Geheiß der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht einzusetzende Gutachter bzw. aktuarielle Experte habe bestätigt, dass die Methodik der Rechnungszinsermittlung bei der DFV „angemessen war – und zwar sowohl für Erstkalkulationen als auch für Festlegungen im Zuge von Beitragsanpassungen“, so Knoll. Es ging darum, ob die DFV als relative Neugründung einen Rechnungszins von zwei Prozent erwirtschaften kann oder ob sie diesen in der Vergangenheit fehlerhaft festgelegt hat. Das „CareFlex“-Konsortium hatte nach der Anordnung der Aufsicht der DFV einen Vertrag als Rückversicherer mit 40 Millionen Euro Volumen eingeräumt. Dazu lägen der Aufsicht nun die Verträge zur Genehmigung vor.

Für das erste Halbjahr 2021 weist die DFV ein Plus von 24,2 Prozent auf 66,7 Mio. Euro gebuchte Bruttobeiträge aus. Das Neugeschäft entwickelte sich nach Unternehmensangaben mit 13,7 Mio. Euro (HJ 2020: 15,4 Mio. Euro) plangemäß. Bei den Krankenzusatzversicherungen erhöhte sich der durchschnittliche Beitrag pro Neuvertrag auf 363 Euro (HJ 2020: 345 Euro). Die Combined Ratio hat sich auf 101,9 Prozent (HJ 2020: 104,3 Prozent) verbessert. Nach einem höheren Kapitalergebnis beträgt der Konzernverlust nach Steuern immer noch 0,7 Mio. Euro (HJ 2020: 4,1 Mio. Euro).

Die Ziele für 2021 wurden bestätigt. Unverändert ist geplant, 30 Mio. Euro in Vertriebsaktivitäten zu investieren und somit ein Neugeschäft von 30 Mio. Euro zu generieren bzw. die gebuchten Bruttobeiträge erneut um rund 25 Prozent zu steigern. Der Konzernverlust vor Steuern soll auf vier Mio. Euro sinken – nach einem Minus von 10,6 Mio. Euro im Vorjahr.

Autorin: Monika Lier