Branchenpuls: Unwetter, Volkswagen, Elektromobilität

Was lässt den Puls der Branche höher schlagen? Quelle: OpenClipart-Vectors auf Pixabay.

In den kommenden Tagen beginnen in den deutschen Bundesländern die Sommerferien. Da das Corona-Virus allerdings keinen Urlaub kennt, scheinen die Versicherer mit einem entsprechenden Angebot eine lukrative Einnahmequelle gefunden zu haben – falls nicht die Unberechenbarkeiten des Wetters einen Strich durch die Rechnung zu machen.

Was bisher geschah …

Mallorca gehört bekanntlich zu den Lieblingszielen der Deutschen – auch in diesem Jahr. Nun will die Regionalregierung der Balearen die Bundesbürger mit einer Corona-Versicherung wieder auf die Insel locken. Risikoträger ist die Ergo, die sich das Angebot laut einem Bericht der Mallorca-Zeitung mit einer Summe von rund 500.000 Euro versilbern lässt. Immerhin: Mit mehr als 2.500 Klicks das Topthema der Woche bei VWheute.

Dass der Virus den Touristen durchaus zu schaffen macht, zeigt eine aktuelle Umfrage von Clark: 2021 konnte fast jeder dritte Deutsche (29 Prozent) einen geplanten Urlaub nicht antreten. Dies entspricht einem Anstieg zum Vorjahr um knapp 50 Prozent. Fast jeder vierte Befragte gab dabei an, wegen der Corona-Pandemie auf den diesjährigen Urlaub zu verzichten.

Dennoch haben 21 Prozent bereits einen Urlaub im Jahr 2021 gebucht, 13 Prozent befinden sich aktuell noch in der Planung ihres Urlaubs und 18 Prozent der Deutschen geben an, noch spontan buchen zu wollen. Allerdings gehen nur 55 Prozent der Reisewilligen davon aus, ihren Urlaub trotz Corona auch antreten zu können.

Eine andere unbekannte Größe ist allerdings auch das Wetter, wie Sturmtief „Bernd“ in den vergangenen Tagen besonders in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gezeigt hat. Mittlerweile sind mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen – allerdings dürfte die Zahl der Todesopfer noch weiter steigen. Auch wenn die Versicherer bislang noch keine Schadensumme nennen können – die Folgen dürfte die Branche bereits jetzt teuer zu stehen kommen. So sprach NRW-Ministerpräsident Armin Laschet am Freitag von einer „Katastrophe historischen Ausmaßes“: „Ein Jahrhundertwetter hat unser Land getroffen.“

Zum Vergleich: Bereits im Juni hatten Starkregen und Hagel einen geschätzten versicherten Schaden von 1,7 Mrd. Euro verursacht. 2013 hatten Sach- und Kfz-Versicherer laut GDV 9,3 Mrd. Euro für Naturkatastrophenschäden in Deutschland zahlen müssen, gefolgt vom Jahr 2017 mit gut drei Mrd. Euro.

„Es zeichnet sich ab, dass sich dieses Jahr mit Stürmen, Überschwemmung, Starkregen und Hagel zu einem der schadenträchtigsten seit 2013 entwickeln könnte. Bereits im Juni haben Starkregen und Hagel einen geschätzten versicherten Schaden von 1,7 Mrd. Euro verursacht. Eine aktuelle Schadenschätzung werden wir voraussichtlich in der nächsten Woche vorliegen haben.“

Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV

Auch die Munich Re hält sich mit einer Schadenschätzung noch zurück: „In Mitteleuropa hat es im Frühsommer 2021 zahlreiche Schwergewitter und Starkregenereignisse gegeben. Dabei entstanden teils beachtliche lokale Schäden. Das Ausmaß der Schäden fügt sich in die Beobachtung der vorangegangenen Jahre ein. Über die letzten zehn Jahre beobachteten wir immer wieder intensive konvektive Ereignisse. Das sind Gewitter mit lokal großen Regenmengen oder Hagel“, erläutert ein Unternehmenssprecher.

Die Allianz hält sich derzeit ebenfalls mit Schadenschätzungen zurück: „Zu den aktuellen Schäden haben wir noch keine Informationen, die wir kommunizieren können“, wird Unternehmenssprecher Christian Weishuber bei tagesschau.de zitiert. Die Versicherungskammer Bayern (VKB) geht zudem davon aus, „dass wir mit der aktuellen Unwetterserie das drittgrößte Ereignis seit 1984 erleben“.

Weiteres Topthema der Woche war auch der Hackerangriff auf die Haftpflichtkasse. So habe der Versicherer mit Sitz in Roßdorf bei Darmstadt bereits am vorletzten Wochenende seine IT-Systeme umgehend vom Netz genommen. Über den Umfang des Schadens kann das Unternehmen derzeit keine Angaben machen. So war die Haftpflichtkasse einige Tage nicht über Internet und Telefon erreichbar und konnte nur einen eingeschränkten Geschäftsbetrieb aufrechterhalten. Dabei haben die Hacker wohl auch Daten des Versicherers abgegriffen. Um welche Daten es sich konkret handelt, wird aktuell von IT-Experten noch ausgewertet,

Was diese Woche jeder wissen muss

Immobilien gehören mittlerweile zu den wichtigsten Anlageklassen für Versicherer. Immer mehr Unternehmen bauen ihre entsprechenden Portfolios aus. Nachdem die Versicherer ihre Immobilienquote seit mehr als zehn Jahren stetig angehoben haben, stellt sie die bereits seit mehr als einem Jahr anhaltende Pandemie nun vor ganz neue Herausforderungen.   Haben sich die Investitions- und Risikostrategien im Vergleich zum Vorjahr pandemiebedingt verändert? Steigen die Immobilienquoten der Versicherer weiter?

Antworten darauf hat EY Real Estate: Am morgigen Dienstag veröffentlicht die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die neuesten Ergebnisse des Trendbarometers Immobilienanlagen der Assekuranz 2021. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 stieg die durchschnittliche Immobilienquote der Versicherungen erneut auf einen historischen Höchststand von 10,8 Prozent.

„Versicherungen sind auf stabile, regelmäßige Zinserträge angewiesen. Im Niedrigzinsumfeld sind Immobilien neben Aktien eine der letzten verbliebenen Anlagealternativen, um Renditen oberhalb des risikolosen Zinses zu erwirtschaften.“

Dietmar Fischer, Partner bei EY Real Estate

Eine deutliche Mehrheit von 78 Prozent der Befragten gab damals an, ihre Anlagestrategie aufgrund der Pandemie nicht grundlegend ändern zu wollen. Milde Effekte lassen sich dennoch konstatieren: So wollte vor der Pandemie noch rund die Hälfte der Befragten ihre Immobilienanlagen ausweiten. Derzeit sind es noch 39 Prozent. Die Mehrheit – 54 Prozent der Studienteilnehmer – möchte ihre Immobilienquote auf gleichem Niveau halten. Während vor der Pandemie keiner der Befragten beabsichtigte, die Immobilienanlagen zu verringern, gaben dies nun sieben Prozent der Versicherer an.

Weltweit war Europa mit 46 Prozent der klar favorisierte Standort der befragten Versicherer, gefolgt von Nordamerika (36 Prozent) sowie Asien und Ozeanien (25 Prozent). An den Immobilienmärkten Zentral- und Südamerikas sowie Afrikas besteht kein Interesse. Innerhalb Europas bevorzugen die Versicherungen West- (64 Prozent), aber auch Nordeuropa (46 Prozent). Beliebtestes Land bleibt Deutschland: 96 Prozent der Befragten legen demnach ihren Investmentfokus für das laufende Jahr darauf. 

Am Mittwoch steht zudem die betriebliche Krankenversicherung im Rahmen einer Fachkonferenz der Vereinigung der Versicherungs-Betriebswirte im Mittelpunkt des Interesses. Laut einer aktuellen Studie der Gothaer sollen „44 Prozent der Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeiter:innen Schwierigkeiten haben, geeignete Fachkräfte zu finden und zu binden. Eine betriebliche Krankenversicherung ist da ein sehr geeignetes Mittel, um sich von Wettbewerbern abzuheben. So können unsere Unternehmerkunden sich als fürsorgende Arbeitgeber zeigen und ihren Mitarbeiter:innen firmenfinanziert KV-Zusatztarife zur Verfügung stellen. Da der firmenfinanzierte Beitrag eine Sachzuwendung und damit steuer- und sozialversicherungsfrei ist, kommt die Sozialleistung bKV ohne eigene Kostenbelastung bei den Mitarbeiter:innen an. In diesem Bereich ist ein sehr großes Marktpotenzial vorhanden, da bislang nur vergleichsweise wenige Unternehmen dieses Angebot kennen und abgeschlossen haben“, konstatiert Sylvia Eichelberg in der aktuellen Ausgabe des E-Vertriebsmagazins „Der Vermittler“.

Was über die Branchengrenzen hinaus wichtig ist

Großes Potenzial bieten auch neue Formen der Mobilität. So hat VW-Chef Herbert Diess ehrgeizige Pläne für den Autobauer: „Das Auto hat eine glänzende Zukunft“, sagte der Spitzenmanager am Dienstag bei der Präsentation von „New Auto“ – der neuen VW-Konzernstrategie. So will der Konzern bis 2025 satte 73 Mio. Euro in die Entwicklung dieser Zukunftstechnologien investieren – das ist die Hälfte aller Investitionen des Konzerns. Dabei rechnen die Wolfsburger laut einem Bericht der Wirtschaftswoche, dass das Geschäft mit Mobilitätsdienstleistungen bis 2030 von derzeit zehn auf insgesamt 100 Mrd. Euro wachsen wird. Vorausgesetzt, dass der elektrische Antrieb und das autonome Fahren wie geplant auch kommen werden.

„Im Auto wird man künftig arbeiten können, mit den Kindern spielen, sich mit Freunden unterhalten oder Filme ansehen. Die Zahl von Unfällen und Staus geht zurück.“

VW-Vorstandschef Herbert Diess über autonome Fahrzeuge

Immerhin: Allein im letzten Jahr wurden in Deutschland 394.632 neue E-Autos und Plug-in-Hybride zugelassen, das entspricht 13,6 Prozent aller Pkw-Zulassungen. Damit wurden im letzten Jahr 206,8 Prozent mehr E-Autos und sogar 342,1 Prozent mehr Plug-in-Hybride als im Vorjahr angemeldet. Trotz der dreistelligen Wachstumsraten machen beide Antriebsarten aber immer noch nur rund ein Prozent aller zugelassenen Autos in Deutschland aus.

Quelle: Statista

Allerdings variiert der Anteil der zugelassenen E-Autos jedoch stark. Ganz an der Spitze liegt hier Wolfsburg mit einem Anteil von rund elf Prozent. Wolfsburg mit Volkswagen ist jedoch nicht die einzige deutsche Autostadt in den Top-Fünf, auch Ingolstadt mit Audi und Stuttgart mit Daimler liegen bei über vier Prozent. Den fünften Platz hält der Landkreis Böblingen, der direkt an Stuttgart grenzt und auch hier stehen Werke von Daimler. Überraschend in dem Ranking ist eher die Stadt Weimar mit dem zweithöchsten Anteil in Deutschland. Die Ursache hierfür liegt in Berlin, hier nämlich sitzt der Carsharing-Anbieter We-Share, der Autoflotten in Berlin als auch Hamburg unterhält.

Zudem wurden bis Juni 2021 in Deutschland laut Bundesnetzagentur über 2.200 neue Ladesäulen für Elektroautos in Betrieb genommen. Damit liegt das Ausbautempo ungefähr auf dem Niveau des Vorjahres. Für die ambitionierten Pläne von EU-Kommissar Frans Timmermans dürfte das nicht schnell genug sein. Nach den Plänen des Belgiers soll das Aus für Verbrennungsmotoren bereits 2035 kommen. Zudem sieht der Plan der EU-Kommission vor, dass bis 2030 die Treibhausgasemissionen von Neuwagen um 55 Prozent im Vergleich zu 2021 sinken soll. Wenn sich Hersteller nicht an die Vorgaben halten, sollen Strafen gezahlt werden müssen.

Dafür bräuchte es allerdings einen massiven Ausbau der Ladeinfrastruktur. Bis 2030 sollen es laut einem tagesschau.de-Bericht in Europa drei Millionen Ladesäulen werden. Aktuell gibt es weniger als 225.000, davon rund 21.000 in Deutschland. Laut Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) müssten demnach in Deutschland bis 2030 rund 14 Millionen E-Autos zugelassen werden, um die Ziele der EU-Kommission zu erfüllen: „Das geht nur, wenn die Hersteller zügig gute und für alle bezahlbare Angebote machen.“

Autor: Tobias Daniel

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