Neue Ordnung: Wie Corona den Versicherungsvertrieb verändert

Quelle: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Der physische Versicherungsvertrieb ist nach wie vor die wichtigste Schnittstelle zum Kunden. Im Rahmen unserer Customer Experience Studie hat Horváth & Partners im Jahr 2019 gemeinsam mit Forsa über 1.000 Versicherungskunden in Deutschland befragt. Knapp 60 Prozent der Teilnehmer führen bei der Erstberatung weiterhin am liebsten ein persönliches Gespräch vor Ort. Ein Gastbeitrag von Florian Heinen und Aljoscha Ziller.

In der Sparte Leben sind diese Werte noch deutlich höher ausgeprägt. Für den Kunden ist der persönliche Kontakt daher weiterhin die bevorzugte Möglichkeit, um Informationen und Beratung zu oftmals komplexen Versicherungsprodukten zu erhalten. Für den Versicherer ist der direkte Kontakt zum Kunden eine wesentliche Chance, die eigene Marke positiv aufzuladen, Kompetenz zu beweisen und Vertrauen aufzubauen.

Die Frage ist jedoch nicht, ob dem digitalen oder physischen Vertrieb die Zukunft gehört. Vielmehr müssen Versicherungen das Kundenverhalten differenziert betrachten, denn der präferierte Kanal variiert je nach Sparte, Produkt und Kundenanliegen. Unabhängig davon sind Einfachheit und leichte Verständlichkeit der Informationen Trumpf, denn die Mehrheit der Kunden vermeidet unnötiges „Kanal-Hopping“. 74 Prozent der Kunden haben unmittelbar vor dem Erstabschluss lediglich einen einzigen Informationskanal genutzt. Es kommt somit vielmehr auf die Gestaltung des Vertriebs an. Das Verhältnis zwischen digitalen und physischen Kanälen ist dabei zielgerichtet zu steuern und ein schneller und fließender Übergang ist erforderlich.

Die Digitalisierung bietet mit dem digitalen Vertriebsweg nicht nur einen neuen Kundenkanal, sondern kann auch helfen, die tiefgreifenden Veränderungen im Vertrieb zu unterstützen und Kundenerwartungen noch besser zu erfüllen. Es geht darum, die bewährten Erfolgsfaktoren des stationären Vertriebs ins digitale Zeitalter zu übertragen. Der Versicherungsvertrieb benötigt ein Update – den Vertriebsarbeitsplatz der Zukunft.

Corona als Katalysator für Veränderungen

Der Versicherungsvertrieb in Deutschland steht vor den größten Umwälzungen der vergangenen Jahrzehnte. Ausgelöst und vorangetrieben werden diese Veränderungen im Wesentlichen durch drei zentrale Trends: Erstens: die veränderten Kundenerwartungen: Kunden übertragen Erfahrungen aus anderen Lebensbereichen auf die Versicherung. Convenience und kanalübergreifende Interaktion stehen im Vordergrund. Zweitens: der technische Fortschritt: Durch die gestiegenen Datenmengen und deren verbesserten Verarbeitungsmöglichkeiten können Vertriebspotenziale besser identifiziert und gehoben werden. Eine gezieltere und handlungsorientierte Vertriebsunterstützung wird somit möglich. Drittens: neue, digitale Wettbewerber: Die kompromisslose Kundenzentrierung neuer Wettbewerber erhöht den Druck im Kampf um die Kundenschnittstelle. Versicherer laufen somit Gefahr, zum reinen Produktgeber zu werden. Die Effekte dieser Veränderungstrends lassen sich bereits im deutschen Versicherungsmarkt beobachten und die meisten Versicherer haben begonnen, sich auf diese Veränderungen einzustellen.

Die Eindämmung der Corona-Pandemie, die Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln notwendig macht, stellt insbesondere den Versicherungsvertrieb, der traditionell durch den persönlichen Kontakt in Beratung und Abschluss geprägt ist, vor besondere, teils existenzielle Herausforderungen. Die Pandemie wirkt wie ein Katalysator auf die Veränderungstrends und verstärkt die Notwendigkeit einer raschen und konsequenten Ausrichtung des Versicherungsvertriebs auf die Zukunft. Zugleich sind die Voraussetzungen für eine weitreichende Digitalisierung im Vertrieb besser denn je, denn auch die Kunden haben in ihrem persönlichen und beruflichen Umfeld die Erfahrung gemacht, dass auch digital bzw. remote sehr produktiv zusammengearbeitet werden kann.

Der Versicherungsvertrieb befindet sich im Umbruch. Die Digitalisierung wird die Beziehung zwischen Versicherung und Kunde nachhaltig verändern. Der technologische Fortschritt schreitet unaufhaltsam voran. Wer sich dieser Erkenntnis verschließt, wird früher oder später den Anschluss verlieren und vom Wandel überrollt werden. Doch das Ausspielen des digitalen und physischen Vertriebs gegeneinander ist falsch – vielmehr gilt es aufgrund der zunehmenden Kollaboration eine Neujustierung der Aufgabenverteilung zu finden. Wie kann die Digitalisierung den Vertrieb bestmöglich unterstützen und die Stärken des stationären Vertriebs ins digitale Zeitalter übertragen? Der Vertriebsarbeitsplatz der Zukunft befähigt den stationären Vertrieb mit digitaler, intuitiver und zielgerichteter Vertriebsunterstützung. So können
die Kundeninteraktion und -zufriedenheit auf ein neues Level gehoben und der Vertriebserfolg nachhaltig gesichert werden.

Autoren: Florian Heinen, Vertriebsexperte für Versicherungs- und Finanzvertriebe bei Horváth & Partners und Mitautor der Customer Experience Studie, und Aljoscha Ziller, Experte für digitale Vertriebslösungen bei Horváth & Partners.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der aktuellen Januar-Ausgabe der Versicherungswirtschaft.