Versicherungspersonal in Kurzarbeit? Unternehmen lassen sich beraten

Droht Versicherungs-Mitabeitern Kurzarbeit? Bild von andreas160578 auf Pixabay

Wenn der Staat Pakete schnürt, ist die Lage ernst. Wer erinnert sich nicht an die Bankenrettung im Zuge des letzten Finanzskandals – 59 Mrd. Euro soll sie gekostet haben. Gegen das jetzt ins Leben gesetzte 156 Mrd. Euro Maßnahmenbündel wirkt das direkt günstig. Außer Geld gibt es für die Unternehmen auch Erleichterungen, beispielsweise bei der Kurzarbeit. Einige Versicherer haben bereits mit dem Arbeitgeberverband AGV über die Möglichkeiten gesprochen.

Das Kabinett beschloss am Montag gleich mehrere große Schutzschirme und umfangreiche Rechtsänderungen. Damit die Hilfen rasch ankommen, soll im Schnellverfahren bereits am Mittwoch der Bundestag, am Freitag der Bundesrat den Maßnahmen zustimmen. Die Lage ist ernst, wie die das rasche Handeln zeigt.

Für den Nachtragshaushalt wird eine Neuverschuldung von rund 156 Mrd. Euro in Kauf genommen. Dafür soll der Bundestag, ebenfalls am Mittwoch, eine Notfallregelung in der Schuldenbremse in Kraft setzen.

Über einen Stabilisierungsfonds sollen Großunternehmen mit Kapital gestärkt werden, der Staat kann sich notfalls auch an den Firmen direkt beteiligen. Kleine Firmen und Solo-Selbstständige wie Künstler und Pfleger sollen über drei Monate direkte Zuschüsse von bis zu 15.000 Euro bekommen. Zugleich startete am Montag ein unbegrenztes Sonder-Kreditprogramm der Förderbank KfW.

Kurzarbeit als Lösung

Neben Geld soll es auch bürokratische Erleichterungen geben. So sollen beispielsweise mit erweiterten Regelungen zur Kurzarbeit Beschäftigte leichter gehalten werden können, statt sie in die Arbeitslosigkeit zu schicken.

Von der Möglichkeit der Kurzarbeit wollen offenbar einige Versicherer Gebrauch machen. Derzeit lassen sich einige Unternehmen vom AGV zur Frage des „ob“ und „wie“ von Kurzarbeit beraten, erklärt Sebastian Hopfner, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des AGV.

Leider klaffen laut Hopfner bei er Umsetzung „Wunsch und Wirklichkeit“  auseinander. Der Wunsch seien die öffentlichen Verlautbarungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), wonach ja „alles easy“ sein soll. Die bürokratischen Hürden zur Erlangung von Kurzarbeitergeld sind jedoch in der Praxis auch unter den „erleichterten Voraussetzungen“ hoch. „Alle Branchen, die nicht unmittelbar von „Fixtermingeschäften“ abhängig sind, werden es nicht leicht haben, Ansprüche auf Kurzarbeitergeld durchzusetzen.“

Die Arbeitgeber mit flexiblen, mitarbeiterfreundlichen Arbeitszeitmodellen seien mit den neuen Regelungen „nun die Benachteiligten“, obwohl sie nur das gemacht hätten, was das BMAS vor der Krise immer gefordert hat, kritisiert der AGV-Experte und Anwalt. „Und weil unsere Branche hier Vorreiter ist, müssen nun zunächst die flexiblen Modelle bis an den Anschlag ausgereizt werden, bevor es Geld vom Staat gibt.“

Ob noch andere Maßnahmen des Hilfspakets von den Versicherern in Anspruch genommen werden, mag der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) weder bestätigen noch ausschließen. „Bei diesem Paket steht nach allem was zu lesen ist, nicht die Versicherungswirtschaft im Fokus. Ob einzelne Versicherungsunternehmen hier Leistungen in Anspruch nehmen wollen, können wir als Verband nicht beantworten.“

Kapitalanlage sicher?

Die Finanzmärkte sind derzeit auf Talfahrt, der Chef der Deutschen Familienversicherung, Stefan Knoll, hat bereits reagiert und Cash-Positionen zu Lasten von Staatsanleihen aus Italien und Spanien aufgebaut.

Der GDV sieht die Versicherer in keinen Nöten. „Als langfristige Kapitalanleger sind Lebensversicherungen – und damit auch ihre Kunden – von kurzfristigen Kursschwankungen am Aktienmarkt weitaus weniger betroffen als kurzfristig orientierte Anleger.“ Nur ein vergleichsweise geringer Teil der Kapitalanlagen in der Lebensversicherung falle auf Aktien bzw. Aktienfonds. Zum 31. Dezember 2019 belief sich der Aktienanteil an den gesamten Kapitalanlagen der Lebensversicherer auf 5,8 Prozent, schreibt der Verband. Dementsprechend dürften sich die unmittelbaren Folgen des aktuellen Kursverfalls am Aktienmarkt auf die Überschussbeteiligung der Versicherten „in Grenzen halten“.

Die Ratingagentur Fitch sieht sehr wohl Auswirkungen auf die Lebens- und Krankenversicherungsbranche. Sie hat die Ratings des Kranken– und Lebensversicherungssektors in Amerika und England herabgestuft, ebenso den „Insurance Outlook“ der Niederlande.

Der Finanzvorstand der Talanx, Immo Querner, erklärte in der April Ausgabe der Versicherungswirtschaft, dass „zwischen dem sofortigen Schock auf die Bestände“ und den „strukturellen Kapitalanlagemöglichkeiten“ unterschieden werden muss. Doch durch „Panikverkäufe und die Flucht in vermeintlich sichere Titel“ gehen die Zinsen „noch weiter in den Keller“.

Vielleicht müssen einige Versicherer bald tatsächlich unter den Rettungsschirm der Regierung schlüpfen. Eine Schande wäre das in diesen schwierigen Zeiten zwar nicht, aber ein Reputationsverlust bei Ratingagenturen und Kunden wäre vorprogrammiert.

Autor: Maximilian Volz

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