Zehn Jahre Actineo – Gründer Skowronnek sieht weiter „enormes Digitalisierungspotenzial“ in der Branche

Olav Skowronnek. Quelle: Actineo

Der IT-Anbieter Actineo hat Geburtstag. Der „deutsche Marktführer“ für die Digitalisierung und medizinische Einschätzung von Personenschäden feiert das zehnjährige Firmenjubiläum. Zeit zu gratulieren und mit Olav Skowronnek, Gründer und Geschäftsführer Actineo, zurück- und nach vorne zu blicken. Der Mann hat noch viel vor.

Actineo wurde vor zehn Jahren zunächst als reiner Business Process Outsourcing-Dienstleister zur Unterstützung der Regulierungsvorbereitung im Personenschaden gegründet. Zehn Jahre später ist das Unternehmen stark gewachsen und deutlich diversifizierter aufgestellt. Mit rund 150 Beschäftigten bietet der Versicherungsdienstleister heute seinen über 70 Versicherungskunden in der DACH-Region ein breites Spektrum an Produkten und Services im Personenschadenmanagement an. Dazu gehören unter anderem die Beschaffung und Codierung medizinischer Daten, über die medizinisch fundierte Rechnungsprüfung, bis hin zu digitalen Instrumenten für die Steuerung und das Controlling im Personenschaden. „IT-Flaggschiffe“ des Insurtechs sind das Actineo Personenschaden Cockpit und die digitale Schnellregulierungsanwendung Actineo Fast Track für die Unfall- und Haftpflichtsparten.

In zehn Jahren läuft nicht immer alles nach Plan, aber das Unternehmen hat sich einen Platz in der Branche erkämpft. Alles begann mit einem Schreibtisch in Köln, heute geht es um stetig steigende Automatisierung.

VWheute: Zehn Jahre, Gratulation. Was waren Ihre Low- und Highlights?

Olav Skowronnek: Es gab in der bisherigen Unternehmensgeschichte von Actineo immer wieder kleinere Rückschläge. Beispielsweise dauerte die Anlaufphase des Unternehmens länger als gedacht. Das Bewusstsein für die Möglichkeit der Steuerung und des Controllings von Personenschäden war zu Beginn unserer Tätigkeit noch nicht so sehr ausgeprägt. Umso schöner ist der Blick heute auf die zurückliegende Entwicklung. Ein echtes Highlight ist es zu sehen, dass das Personenschadenmanagement heute einen festen Platz in der Branche hat und uns hierbei eine beachtenswerte Rolle zukommt. Wir werden auch in Zukunft unser Bestes tun, um dieser Verantwortung gerecht zu werden.

VWheute: Was hat sich in den letzten zehn Jahren digital verändert?

Olav Skowronnek: Der gesamte Schadenregulierungsprozess im Personenschaden hat sich bereits durch die Digitalisierung verändert: Ausgangspunkt ist dabei immer die Informationsbeschaffung und die damit verbundene medizinische ICD-Codierung von Personenschäden. Dies schafft die Grundlage für alle weiteren digitalen Produkte, etwa die Entwicklung von Vorhersagemodellen, die hieraus abgeleitete Entwicklung von teilautomatisierten Regulierungsprozessen im Mengenschaden, bis hin zu digitalen Plattformen, mit denen Schadensachbearbeiter ihre Personenschadenfälle komplett digital steuern können.

VWheute: Was war der größte Hype, aus dem nichts wurde, welche Entwicklung wurde oder wird unterschätzt?

Olav Skowronnek: Einen wirklichen Hype, aus dem nichts wurde, gab es meines Wissens nach in der Personenschadenregulierung nicht. Man könnte hier allenfalls die Bemühungen um das Auslesen von Arzthandschriften aus Dokumenten nennen. Dies ist allerdings ein grundlegendes technologisches Problem, das noch niemand zufriedenstellend gelöst hat. Auch wir arbeiten an entsprechenden Lösungen, allerdings lediglich in Bezug auf den Personenschaden. Hier hilft uns unsere Kompetenz im Bereich des Deep Learning.

Unterschätzt wird meines Erachtens die Bedeutung der Informationsbeschaffung und der sich hieran anschließenden Digitalisierung. Es ist eine strategische Überlegung, da nur durch die konsequente und nachhaltige Erfassung der relevanten medizinischen Informationen die Grundlage für eine digitale Transformation der Prozesse im Personenschadenmanagement gelegt werden kann. Hier würde ich mir eine noch etwas breitere Nutzung dieser Möglichkeit durch die Branche wünschen.

VWheute: Was wird sich in den nächsten zehn Jahren digital verändern?

Olav Skowronnek: Kleine und mittlere Personenschäden werden sich noch stärker automatisiert und digital regulieren lassen, da die Fallkonstellationen eingeschränkt sind und sich gut systematisieren lassen. Auch bei komplexeren Schäden werden digitale Tools wie das ACTINEO Personenschaden Cockpit die Verschiebung von einer erfahrungs- zu einer evidenzbasierten Steuerung von Fällen beschleunigen. Für das Controlling und die Reservierung gibt es ebenfalls datenbasierte Lösungen. Das Thema eHealth wird an Fahrt aufnehmen und die Schnittstelle Arzt/Geschädigter/Versicherung für alle Beteiligten vereinfachen. Wir setzen hierbei auf die Nutzung der Telematikinfrastruktur. Wir sind als erster Dienstleister an die Telematikinfrastruktur angeschlossen und bieten unseren Kunden diese Schnittstelle zukünftig zur Nutzung an.

VWheute: Wie macht sich die Versicherung in Sachen Digitalisierung gegenüber anderen Branchen?

Olav Skowronnek: Unsere Branche schneidet in den meisten Studien recht gut ab. Dennoch ist das Potenzial für die Digitalisierung und Automatisierung nicht nur im Personenschaden noch enorm. Die Kooperation mit Insurtechs, die die Anforderungen der Versicherer gut kennen, fördert den Innovationsprozess. Allerdings gewinnen wir zunehmend den Eindruck, dass die Branche zunehmend besonnener mit dem Thema Insurtech umgeht und sehr selektiv schaut, welche Vorteile sich aus welcher Kooperation nachhaltig ergeben können.

VWheute: Was sind die nächsten Ziele des Unternehmens, mit wem arbeiten sie zurzeit an was?

Olav Skowronnek: In Deutschland arbeiten wir derzeit mit Hochdruck an datenbasierten Reserveprognosemodellen im Personenschaden, die wir mit dem Einsatz eines standardisierten Reservierungstools kombinieren. Aus unserer Sicht ist dies ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der Reservesetzung und -führung. Weiterhin arbeiten wir an Automatisierungsprozessen für die Schadenregulierung kleiner Personenschäden mit unserem Produkt Fast Track. Dies geschieht für die Haftpflichtsparten und für die private Unfallversicherung. Darüber hinaus sind eine Vielzahl von Vorhersagemodellen nochmals in der Revision, um die Konfidenz der Ergebnisse weiter zu verbessern.

Ein weiterer Schwerpunkt unserer Tätigkeit ist die Ausweitung unserer Dienstleistungen auf andere Sparten. Hier sind insbesondere die Sparten Leben/BU und Kranken von Interesse. Auch unsere Auslandsaktivitäten sind ein strategischer Fokus. Gemeinsam mit einem großen Versicherungskunden werden wir 2020 unsere Dienstleistungen in Frankreich, Spanien und Italien aufsetzen. In Österreich, wo wir bereits seit etwa zwei Jahren aktiv sind, bauen wir unsere Kundenbasis weiter aus. Es gibt also weiterhin viel zu tun.

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