Rechtsstreit um Vitality-Klauseln: BdV verbucht vorläufigen Erfolg gegen die Generali

Justizpalast in München. Quelle: Bild von Franz Dürschmied auf Pixabay

Das „Vitality“-Gesundheitsprogramm gehört seit 2016 zu den wichtigsten Maßnahmen der Generali auf dem Weg von einem reinen Versicherer zu einem Dienstleister für den Kunden. Der Bund der Versicherten (BdV) kritisiert das Projekt, bezeichnet die Bedingungen von Vitality und Dialog-BU als „undurchsichtig“ und hat Klage eingereicht. Nun scheinen die Verbraucherschützer vor dem Landgericht München I einen Erfolg verbucht zu haben. Die Generali hält dagegen.

Der Vorwurf des BdV: Der Verbraucher erfahre nicht, welches konkrete Verhalten zu welchen tatsächlichen Vergünstigungen führt, bemängelt der Kritiker. Außerdem versäume es der Versicherer darauf hinzuweisen, dass die Rabatte bei fehlenden Überschüssen auch ausbleiben können.

„Wir haben die Dialog Lebensversicherungs-AG aufgefordert, die intransparenten und unfairen Klauseln nicht mehr zu verwenden. Da der Versicherer unserer Abmahnung nicht gefolgt ist, haben wir Klage erhoben“, sagte BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein im Juli 2020.

Nun scheinen sich die Richter am Münchener Landgericht der Argumentation angeschlossen zu haben – glaubt man einer Mitteilung des BdV. Darin heißt es: Das LG München I habe sich in seinem Urteil vom 28. Januar 2021 vollständig der Ansicht des BdV angeschlossen und dem Versicherer verboten, diese Klauseln zu verwenden oder sich auf sie zu berufen.

Schädlich für den Verbraucher?

Demnach verstoße die beanstandete Klausel zur Berücksichtigung „sonstigen gesundheitsbewussten Verhaltens“ im Rahmen der Überschussbeteiligung gegen das Transparenzgebot. Denn für durchschnittliche Versicherungsnehmer ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, nach denen sie nachvollziehen können, wie sich ihr Verhalten bei Programmteilnahme auswirkt und wie es die Überschussanteile beeinflusst.

Die zweite beanstandante Klausel besage laut BdV, dass sofern der Versicherer „keine termingerechte Information über das sonstige gesundheitsbewusste Verhalten“ erhält, der Vertrag so behandelt wird, als hätte sich die versicherte Person nicht „sonstig gesundheitsbewusst verhalten“.

Auch hier teilt das Gericht die Ansicht des BdV, dass die Klausel die Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt, da sie das Übermittlungsrisiko generell auf sie überträgt – auch dann, wenn der Versicherer die Nichtübermittlung selbst zu vertreten hat, heißt es beim BdV weiter.

Die Konsequenz aus dem Urteil für den BdV: Der Versicherer müsse darauf verzichten, Prämien bei sich unterschiedlich gesund verhaltenden Versicherten in der geplanten Form zu differenzieren. Damit habe der BdV nach eigener Aussage verhindert, dass die Risikokollektive in der Berufsunfähigkeitsversicherung weiter verbraucherschädlich verkleinert werden.

„Wir hoffen, dass die Versicherungswirtschaft dieses Urteil als Signal erkennt und es künftig unterlässt, in Personenversicherungen das individuelle Verhalten einzelner Versicherter bei der Prämienkalkulation in irgendeiner Weise zu berücksichtigen.“

Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten (BdV)

Im Juli letzten Jahres gab sich die Generali auf Anfrage von VWheute offen für die Kritik des BdV: „Generali Vitality leistet einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag, indem das Programm in Deutschland bereits Tausende zufriedene Kunden zu einem gesundheitsbewussten und gesünderen Leben motiviert.“ Das Programm richte sich nicht nur an Sportbegeisterte, sondern es belohnt seine Mitglieder auch für das Absolvieren von regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen, Impfungen sowie für sportliche Betätigung. Dabei erfülle das Gesundheitsprogramm Generali Vitality „die höchsten Datenschutzanforderungen“, erklärte damals ein Unternehmenssprecher.

Zu der Vorhaltung des BdV sagte das Unternehmen damals. „Die in der Veröffentlichung erwähnte Klage liegt uns bisher nicht vor. Wir wissen deshalb nicht, mit welchen rechtlichen Argumenten der BdV die Wirksamkeit unserer Versicherungsbedingungen angreift.“

„Urteil ist nicht rechtskräftig“: Generali geht in Berufung

VWheute hat die Generali zur Meldung des BdV und dem darin erwähnten Urteil um eine Stellungnahme gebeten. „Mit Urteil vom 28. Januar 2021 hatte das Landgericht München I über die Wirksamkeit von Klauseln entschieden, die die Dialog Lebensversicherungs-AG in bestimmten Tarifen anbietet. Gegen das Versicherungsprodukt an sich und das Prinzip der Berücksichtigung gesundheitsbewussten Verhaltens hat das Gericht keine Bedenken formuliert“, betont ein Unternehmenssprecher.

Zudem habe das Gericht „lediglich zwei Teilklauseln innerhalb der Regelung zur Überschussbeteiligung für unwirksam erachtet. Im Zuge unseres Ziels, Lifetimepartner unser Kunden zu werden, arbeiten wir ständig an der Verbesserung und der Transparenz unserer Produkte. Dabei werden wir auch die Bedenken des Gerichts in unsere Überlegung einbeziehen.“

Außerdem sei man „sehr zufrieden mit unserem Generali Vitality Programm, ebenso wie tausende Kunden, die es täglich nutzen. Generali Vitality ist ein innovatives Programm, das Menschen – unabhängig vom Gesundheitszustand und Alter des Kunden – zu einem gesundheitsbewussteren Leben motiviert. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, von ‚Lahmlegen‘, wie vom Bund der Versicherten e.V. heute kommuniziert, kann also keine Rede sein“, betont die Generali.

Die juristische Auseinandersetzung geht in eine weitere Runde: So habe die Generali nach eigenen Angaben „das Urteil eingehend analysiert und Berufung beim OLG München eingereicht“. Bleibt also abzuwarten, welcher Argumentation die Richter dann folgen werden.

Autor: VW-Redaktion

2 Kommentare

  • Man muss die Generali nicht mögen, aber es geht nicht an, dass eine „Verbraucher-Organisation“ versucht, sämtliche Form von Honorierung von gesundheitsbewusstem Verhalten zu verbieten.

  • Bin sicher kein Freund der Generali aber die Idee von diesem Tarif finde ich super!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

5 × 1 =