Allianz-Vorstand Renate Wagner: „Einsatz und Ehrgeiz sind wichtige Voraussetzungen für die Karriere, aber sie reichen nicht aus“

Renate Wagner, HR-Vorstand der Allianz SE. Quelle: Allianz

Das Karriere-machen ist eine schwierige Angelegenheit – gerade in der Versicherungsbranche. Interne Strukturen ändern sich, Hierarchien werden flacher. „Wenn man sich zu sehr auf den eigenen Nutzen oder Aufstieg fokussiert, wird man eher scheitern, als wenn man die Aufgabe in den Mittelpunkt stellt, davon bin ich überzeugt“, glaubt Renate Wagner, HR-Vorstand der Allianz SE. Im Exklusiv-Interview mit der Versicherungswirtschaft spricht sie über Können und glückliche Fügungen auf dem Weg in die Vorstandsetage.

VWheute: Frau Wagner, sind Vorstandsmitglied bei der Allianz SE, zuständig für die Bereiche HR, Legal, Compliance, Data Privacy, M&A – und eine der wenigen Frauen in den Vorstandsreihen der Versicherer. Wie haben Sie es nach ganz oben geschafft?

Renate Wagner: Ich glaube, da geht jeder den eigenen Weg. Für mich ist der Vorstandsposten nie ein bewusstes Ziel gewesen. Ich habe bei jeder Aufgabe, die ich bekam – ob es eine schöne oder weniger begehrenswerte war – das Beste gegeben, mit Fokus und Enthusiasmus, und so kam das eine zum anderen. Der sogenannte „nächste Schritt“ hat sich immer ergeben, meist ganz anders als erwartet, und irgendwann, nach einem wahrhaftig nicht „linearen“ Karriereweg, stand dann plötzlich die jetzige Position im Vorstand in Aussicht. Da habe ich mich natürlich nicht dagegen gewehrt (lacht).

VWheute: Sind also Einsatz und Ehrgeiz wirklich die wichtigsten Voraussetzungen, die man mitbringen sollte?

Renate Wagner: Einsatz und Ehrgeiz sind wichtige Voraussetzungen für die Karriere, aber sie reichen nicht aus. Man muss auch bereit sein, für die gemeinsame Sache zu kämpfen, also kein Einzelgänger sein. Für eine Karriere braucht man Mitstreiter. Man muss überzeugen können. Wichtig sind also Teamgeist und das Verständnis, wie Dinge zusammenhängen; die Verbindung von IQ und EQ – also von fachlichem Können und emotionaler Intelligenz, um die eigenen Leute zu motivieren. Man ist kein Leader, wenn einem niemand folgt. Und für mich waren die Neugier, die Freude am Lernen und die Menschen auf meinem Weg ein ganz wichtiger Antrieb.

VWheute: Wie wichtig ist Glück?

Renate Wagner: Auf Glück allein kann man keine Karriere bauen. Das Glücksrad dreht sich ständig, mal hat man Glück, mal Pech. Ich hatte das Glück, in meinem Leben vielen Veränderungen ausgesetzt worden zu sein, an welchen ich persönlich wachsen konnte. Angefangen mit der Umsiedlung meiner Familie von Rumänien in die neue Heimat Deutschland. Mit zwölf Jahren musste ich mich plötzlich in einer ganz neuen Umgebung anpassen und mich dort behaupten.

Später kam die Zeit in Australien, und beruflich in der Schweiz sowie Asien – unterschiedlichste Kulturen verbunden mit für mich persönlich neuen Aufgaben und Themengebieten. All diese Erfahrungen waren eine gute Schule, sie haben mich Flexibilität und Widerstandsfähigkeit gelehrt, das sind wichtige Voraussetzungen für jede Karriere. Und die Begegnung mit der Allianz war für mich natürlich eindeutig ein Glücksfall.

VWheute: Wie ratsam ist es aus Ihrer Sicht, sich von vornherein das Ziel Vorstandsetage vorzunehmen?

Renate Wagner: Jeder ist frei darin, sich seine Ziele selbst zu setzen. Es gibt mit Sicherheit einige, die von Anfang an einen Vorstandsposten angestrebt und später dann auch erreicht haben. Bei mir persönlich war das anders. Wenn man sich aber zu sehr auf den eigenen Nutzen oder Aufstieg fokussiert, wird man eher scheitern, als wenn man die Aufgabe in den Mittelpunkt stellt, davon bin ich überzeugt.

VWheute: Welche Fehler sollte man „auf dem Weg nach oben“ vermeiden?

Renate Wagner: Sich zu sehr auf seine Schwächen anstatt auf seine Stärken zu konzentrieren. Jeder von uns hat seine eigenen individuellen Stärken, die man weiter ausbauen sollte. Heißt das, dass man seine Schwächen ignorieren sollte? Nein, natürlich nicht. Aber am Ende sind es immer die eigenen Stärken, die einen voranbringen. Das gilt genauso für die Menschen, die man im Verlauf seiner Karriere führt.

VWheute: Was ist de facto wichtiger: erfolgreich für sich selbst sein oder erfolgreich sein als Teamplayer für das Unternehmen?

Renate Wagner: Teamplayer, ganz klar. Ich persönlich bin ein großer Fan von „Co-Creation“, also Mitgestaltung. Wie vorhin bereits erwähnt, hat jeder Mensch seine individuellen Stärken. Wenn man diese in einem Team richtig einsetzt, kommt man weiter, als man es auf eigene Faust je geschafft hätte. Und ein Unternehmen ist sozusagen ein großes Team – bestehend aus zahlreichen, kleineren Teams. Wenn du da kein Teamplayer bist, wird das auf Dauer nicht reichen.

VWheute: Braucht es auf Vorstandsebene der Versicherer mehr Diversity, verschiedene Typen in der Führung?

Renate Wagner: Ja, ohne Wenn und Aber. Untersuchungen zeigen, dass Vielfalt – sei es in Bezug auf Geschlecht, Internationalität oder ethnische Zugehörigkeit – Unternehmen erfolgreicher macht. Wir sind ein globales Unternehmen mit 80 Millionen Kunden. Wenn wir unseren Kunden den bestmöglichen Service bieten möchten, müssen wir unsere Kunden verstehen, deren Vielfalt widerspiegeln.

Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Michael Stanczyk.

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