Wefox-CEO Teicke: „Viel zu lange war die Versicherungsbranche nur profitorientiert“

Julian Teicke. Quelle: Wefox.

Diversity gehört derzeit zu den großen Schlagworten in der Unternehmenskultur. Dabei gilt die Branche noch immer von Männern dominiert. Allerdings habe die Vielfalt in der Belegschaft auch für die Versicherer „viele Vorteile, wie den Zugang zu mehr Talenten, eine offene Arbeitsatmosphäre und kollegiale Zusammenarbeit“, glaubt Wefox-CEO Julian Teicke im Exklusiv-Interview mit VWheute.

Versicherer gehören nicht gerade zu den beliebtesten Arbeitgebern. Selbst Global Player wie die Allianz sind im branchenübergreifenden Vergleich allenfalls Mittelmaß. Worin sehen Sie die Gründe für ein solch schlechtes Image und was sollte die Branche dagegen unternehmen?

Die Versicherungsbranche hat nach wie vor mit einem schlechten Ruf zu kämpfen. Viel zu lange war sie nur profitorientiert, wodurch Strahlkraft und Vertrauen zu Kunden und internen Mitarbeitern nur schwer aufgebaut werden konnte. Schon merkwürdig, wenn man bedenkt, dass Versicherer eigentlich dafür da sind, Menschen ein sicheres Gefühl zu geben und für Notsituationen auch wirklich abzusichern.

Leider blieb dieser Fokus in den letzten Jahren oftmals auf der Strecke, nicht zuletzt aufgrund des wirtschaftlichen Drucks. Insgesamt wird die Versicherungsindustrie heute als komplex und intransparent wahrgenommen. Grund für dieses Reputationsproblem sind die fehlenden  Unternehmenskulturen selbst. Im vorherrschenden Arbeitsklima geht es primär um Profit und Performance, auf Kosten der Kunden.

Ganz egal in welche Industrie, der Tenor innerhalb eines Unternehmens spiegelt sich stets auch in der Außenwahrnehmung wider. Demnach liegt der erste Schritt darin, die Unternehmenskultur des eigenen Unternehmens zu reflektieren, neu auszurichten und nach Außen zu kommunizieren.

Immer mehr Unternehmen setzen auf einen sogenannten Diversity-Beauftragten. Was bedeutet Diversity für die Versicherungsbranche im allgemeinen und Ihre Unternehmensgruppe im Speziellen?

Vor allem in der eingestaubten Versicherungsindustrie spielt Diversität heute eine enorm wichtige Rolle. Wir sehen es als unsere Aufgabe die Branche zu transformieren und durch Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen, Gedanken und Standpunkten in ein neues Licht zu rücken. Und das haben wir auch geschafft. Bei der wefox Group arbeiten 374 Personen aus 43 Nationen.

Wir legen großen Wert darauf, den Frauenanteil im Management sukzessiv zu erhöhen sowie Mitarbeiter nicht nur mit unterschiedlicher Herkunft, sondern auch mit individueller Lebenserfahrung zu beschäftigen, was in der Branche etwas Neues darstellt. Als Europas führendes Insurtech-Unternehmen ist eine vielfältige Belegschaft zudem essenziell, um überhaupt einen vielfältigen, globalen Kundenstamm verstehen und betreuen zu können.

Für uns bedeutet Diversity eine bunte Mischung aus Ideen, die von unterschiedlichen Menschen aus der ganzen Welt zusammengetragen werden. Es bietet Unternehmen viele Vorteile, wie den Zugang zu mehr Talenten, eine offene Arbeitsatmosphäre und kollegiale Zusammenarbeit.

All das wirkt sich positiv auf die jeweiligen Unternehmensziele aus. Als wefox Group ziehen wir alle, vom Management bis hin zum Praktikanten, an einem Strang. Diversity bedeutet für uns Vielfalt. Diese Vielfalt muss man verstehen und einzusetzen wissen, denn genau diese Unterschiede können ein echter Antrieb für Veränderung sein. 

Laut Kununu und dem Focus Mittelstandsreport gehören die Mitarbeiter von Wefox angeblich zu den glücklichsten in Deutschland. Was wollen Sie anders machen als andere Versicherer? Sind Insurtechs den etablierten Playern bei der Attraktivität möglicherweise voraus?

Wir machen bereits einiges anders als unsere Mitstreiter auf dem Versicherungsmarkt. Um unsere Mitarbeiter glücklich zu machen, bieten wir ihnen unter anderem individuelle  Weiterbildungsmöglichkeiten, personalisierte Coachings, Seminare und eine eigens für wefox-Mitarbeiter entwickelte Achtsamkeits-Methode an. Individuelle Wünsche und Leidenschaften von Mitarbeitern sollen gefördert werden, was zeitgleich für ein positives Arbeitsklima sorgt.

Außerdem achten wir stark darauf, dass die individuelle Persönlichkeit jedes einzelnen Mitarbeiters anerkannt und gefördert wird. Diversität ist bei uns von großer Bedeutung und schafft somit einen Raum von gegenseitiger Akzeptanz und psychologischer Sicherheit. Demnach sind Mitarbeiter, die sich in ihrem Arbeitsumfeld wohl und sicher fühlen letztendlich auch die glücklichsten.

Kurzer Blick auf das laufende Geschäft: Zahlreiche Versicherer haben aktuell ihre Q3-Zahlen vorgelegt: Wie läuft es derzeit bei Wefox?

Mit Blick auf 2019 wird sich unser Umsatz auf knapp 130 Millionen Dollar belaufen, bei einem jährlichen Wachstum von 300 Prozent. Wir sind sehr stolz, die wefox Group schon heute als eines der führenden Insurtech-Unternehmen in Europa bezeichnen zu können. Seit der Gründung im Jahr 2015 zählt die wefox Group fast 400 Mitarbeiter, die mehr als 2.000 Broker und knapp 500.000 Kunden in neun Ländern betreuen. 

Für uns liegt die Zukunft im Zeichen von People, Culture und Performance. Um unseren Kundenstamm für 2020 weiter auszubauen und die wefox Group weltweit zu etablieren, konzentrieren wir uns insbesondere auch auf die Weiterentwicklung der eigenen KI. 

Durch unsere progressive Weiterentwicklung effizienter Versicherungstechnologien, möchten wir unsere Rolle als risikomindernder Versicherer auf die nächste Stufe heben.

Anfang März 2019 wurden Sie bei VWheute noch mit den Worten zitiert: „Wir haben die Gelegenheit, die größte Versicherungsgesellschaft der Welt zu werden“. Halten Sie weiterhin an diesem Plan fest?

Wir wollen nach wie vor der größte Versicherer der Welt werden. Um unserem Ziel näher zu kommen, wollen wir alle Stakeholder wie Kunden, Makler oder Versicherer mit unserem technologischen Fortschritt überzeugen. Für 2020 planen wir die Einführung einer offene API, die uns einen Zugang zum globalen Markt ermöglicht und die Transformation der gesamten Versicherungswirtschaft ins 21. Jahrhundert vorantreiben wird. 

Die Datenrevolution durch das Internet der Dinge (IoT) bietet uns die Möglichkeit, die Branche wirklich zu verändern und die Versicherung in ihrer Größe neu zu erfinden. Durch die globale Vernetzung schaffen wir Versicherern einen Zugang zu einer großen Anzahl von Echtzeit-Variablen und somit auch die Möglichkeit, Versicherungsprodukte in Echtzeit zu kalkulieren. 

Versicherungen werden in Zukunft risikominderte Dienstleistungen sein, bei der Kunden eine monatliche Servicegebühr zahlen. Eine On-Demand-Versicherung in Echtzeit, die modular, nutzungsbasiert und IoT-gesteuert ist. Unsere Tochter ONE Insurance ist in diesem Bereich schon heute Marktführer in Deutschland. 

Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Tobias Daniel.

Ein Kommentar

  • Es sollte um die Kunden gehen! Nicht um die Mitarbeiter. IoT und irgendeine Quote sind irrelevant.

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