Allianz: Oliver Bäte, der Ein-Milliarden-Euro-Mann

Allianz-CEO Oliver Bäte, Quelle: Allianz

„Oliver der Outperformer“ titelte VWheute vor einem Jahr über Allianz-Vorstandschef Oliver Bäte. Der Topmanager hat den Versicherungstanker seit seinem Amtsantritt vor vier Jahren deutlich durcheinander gewirbelt. Das klare Ziel: Die Allianz soll digitaler, schlanker und effizienter werden. Sein Kurs scheint sich jedenfalls auszuzahlen: Der Versicherer hat im letzten Quartal erneut einen Gewinn von mindestens einer Milliarde Euro erzielt.

So stieg der Gesamtgewinn des Münchener Versicherers in den ersten neun Monaten 2019 um 4,2 Prozent auf 9,1 Mrd. Euro. Der Umsatz stieg im gleichen Zeitraum um 7,8 Prozent auf 106,9 Mrd. Euro. Wachstumstreiber war vor allem die Leben- und Krankensparte. So verbuchte die Allianz ein Umsatzplus von 9,5 Prozent auf 55,9 Mrd. Euro. Der Gewinn stieg ebenfalls um 6,7 Prozent auf 3,410 Mrd. Euro.

„Unser Geschäftsbereich Lebens- und Krankenversicherung verzeichnete in einem schwierigen Zinsumfeld eine robuste Neugeschäftsmarge von 3,1 Prozent. Wir arbeiten weiterhin an unseren Produkten, um sowohl für unsere Versicherungsnehmer als auch für unsere Aktionäre attraktive Lösungen anzubieten. Unser Lebens- und Krankenversicherungsgeschäft ist klar auf Kurs, um unsere Jahresziele zu erreichen“, kommentiert Finanzvorstand Giulio Terzariol.

Schwächelnde Kompositsparte

Der größte Ertragsbringer, die Schaden- und Unfallversicherung, musste indes Einbußen hinnehmen. Zwar stieg der Umsatz leicht um 6,6 Prozent auf 43,3 Mrd. Euro. Allerdings musste der Versicherungskonzern einen Gewinnrückgang von 1,1 Prozent auf 4,2 Mrd. Euro hinnehmen. Begründet wurde dies damit, dass ein höheres versicherungstechnisches Ergebnis durch ein geringeres Kapitalanlageergebnis und einen Rückgang des Provisionsüberschusses ausgeglichen worden sei. Die Schaden-Kostenquote blieb in den ersten neun Monaten des Jahres mit 94,1 Prozent (VJ: 94,0 Prozent) nahezu konstant.

Nach den Turbulenzen um die Asset-Tochter Pimco bewegt sich die Vermögensverwaltung der Allianz mittlerweile wieder in deutlich ruhigeren Fahrwassern. So stieg das gesamte verwaltete Vermögen in den ersten neun Monaten des Jahres auf ein neues Rekordhoch von 2,280 Mrd. Euro. Zudem stiegen die operativen Erträge um 3,3 Prozent auf 5,2 Mrd. Euro. „Mit 1.681 Mrd. Euro an für Dritte verwaltetem Vermögen haben wir wieder ein neues Allzeithoch erreicht – auch unterstützt durch anhaltend starke Nettozuflüsse Dritter seit Jahresbeginn“, sagte Terzariol. 

Die Schadenbelastung durch Naturkatastrophen hält sich indes im Rahmen. So veranschlagt die Allianz für die Zerstörungen durch Taifun „Faxai“ in Japan laut Terzariol mit rund 50 Mio. Euro. Die Schäden durch Hurrikan „Dorian“ in der Karibik und den USA sei für die Münchner „praktisch nicht relevant“. In Deutschland sei Sturm „Bernd“ der größte Naturkatastrophen-Schaden gewesen.

Auch die Insolvenz von Thomas Cook belastet den Versicherer nach Angaben des Allianz-Finanzvorstandes kaum. Allerdings erhöhte Versicherer erhöhte seine Rückstellungen wegen des anhaltenden Flugverbots für Boeings Mittelstreckenjet 737 Max um 20 Mio. auf knapp 100 Mio. Euro. 

AGCS ist das neue Sorgenkind

Mehr Sorgenfalten bereitet der Allianz hingegen die Industrieversicherungstochter AGCS mit einer Combined Ratio von 102,7 Prozent. „AGCS ist weiter eine Baustelle, alle anderen Bereiche haben eine gute Entwicklung gezeigt“, brachte es aus dem 47-jährige Finanzvorstand bei der Präsentation der Bilanzzahlen auf den Punkt.

So gehe es nicht, dass eine Gesellschaft ein, zwei, drei oder gar vier Jahre kontinuierlich Verluste schreibe. „Wir wollen keine Gesellschaft, bei der die Schaden-Kosten-Quote immer wieder über 100 Prozent liegt“, so Terziol. Neuerlichen Spekulationen über eine Fusion mit Euler Hermes erteilte der Italiener dennoch eine Absage. Zu unterschiedlich sei die Ausrichtung beider Geschäftsmodelle, zu weit seien die Zentralen auseinander.

Die Bilanz ist jedenfalls ernüchternd: So werde auch 2019 wieder „definitiv ein schwieriges Jahr werden für AGCS“. Erst ab dem kommenden Jahr und besonders ab 2021 sollte es aber zu deutlichen Verbesserungen kommen, die die Schaden-Kosten-Quote dauerhaft in den positiven Bereich führen werden.

Bäte verordnet weniger Komplexität und mehr Effizienz

Zudem hatte auch das Top-Management der Allianz kein Geheimnis darum gemacht, dass eine engere Zusammenarbeit zwischen beiden Unternehmen angestrebt sei. „Das geht besser“, sagte Konzernchef Bäte bereits im Frühjahr. Dass der Allianzchef praktisch keinen Stein auf dem anderen lassen will, kündigte er bereits im Sommer vor Journalisten in Frankfurt am Main an. „Das Hauptproblem unserer Industrie und der Allianz im Besonderen ist, dass wir an unserer Komplexität manchmal ersticken“, so Bäte.

„Wir müssen konsequenter an den Umbau“, forderte Bäte. Dabei müssten auch die Vertriebskosten sinken. Zudem sollen alte Verträge konsequent auf neue Produkte umgestellt werden – auch um alte Computersysteme abstellen zu können. Bis 2023 wolle die Allianz die Hälfte davon abgeschaltet haben, bis zu einer kompletten Erneuerung könne es aber zehn Jahre dauern.

Ein weiteres Ziel: Mehr Effizienz. So versuchen die Münchener mit der vor wenigen Tagen an den Start gegangenen Tochter Allianz Direct, ähnliche Produkte in mehreren Ländern über eine einzige Plattform abzuwickeln. Zudem setzt der Versicherungskonzern über seine Kapitalanlagegesellschaft Allianz Global Investors (AGI) künftig verstärkt über Robo Adviser bei der Vermögensverwaltung.

So können die Kunden ab sofort entsprechende Produkte über den digitalen Vermögensverwalter Moneyfarm beziehen. Das vor sieben Jahren in Italien gegründet Unternehmen hat in diesem Jahr den deutschen Wettbewerber Vamoo übernommen und will nach den Worten seines Gründers und Vorstandschefs Giovanni Daprà unter die drei führenden Anbieter in Deutschland vorstoßen.

Zwar hält sich die Allianz über die Höhe der Beteiligung an Moneyfarm offiziell bedeckt. Laut einem Bericht des Internetportals Finanz-Szene soll diese 38 Prozent betragen. Neben der Poste Italiane sind die Münchener jedenfalls ein wichtiger Anteilseigner. Nach den Worten von Allianz-Vorstand Jürgen Weber wolle man sich damit „einen Zugang zu der nächsten Generation intelligenter digitaler Anlageprozesse sichern“.

Am Ende des Weges ist Bäte mit seinem digitalen Umbau des Versicherungstankers Allianz noch lange nicht. „Wenn man digital sein will, dann muss man die Altlasten wegräumen und vereinfachen. Unser Traum ist, dass die Leute eines Tages genauso zufrieden mit der Allianz sind wie mit Zalando“, verkündete er bereits vor einem Jahr.

Autor: VW-Redaktion

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