Munich-Re-Boss Wenning will beim Kunden digital punkten, Generali-Chef Liverani sieht Kundenzentrierung als „Renaissance des Humanismus“
„Transformation jetzt – wie kann die Assekuranz digitaler, schneller und flexibler werden?“ Unter dieser Überschrift trafen sich im Rahmen des Handelsblatt Insurance Summit in München zahlreiche Vorstände, Verbandsvertreter und Wissenschaftler um Chancen und Risiken der digitalen Transformation für das Geschäftsmodell Versicherung im Allgemeinen und den Fortgang der Umsetzung in ihren Häuser im Besonderen zu erörtern.
Den Auftakt machte Munich Re CEO Joachim Wenning, der ab sofort „beim Kunden digital punkten will“. Das will auch Giovanni Liverani, Deutschland-Chef der Generali, der in der wiederentdeckten Kundenzentrierung eine „Renaissance des Humanismus“ identifiziert hat. Die Einzelheiten hierzu in Video-Statements.
Langsam aber zielstrebig tastet sich die Versicherungswirtschaft in die digitale Zukunft voran. Behutsamkeit ist tatsächlich auch angezeigt, nicht nur, weil bei der digitalen Transformation gigantische Managementaufgaben -Stichwort Parallelität von Old- und Newschool- auf die Verantwortlichen zukommen, sondern weil „die digitale Transformation die Systemfrage stellt“, wie Joachim Wenning in seinem Report ausführte.
Online erwarteten die Kunden, so Wennings Erfahrung, die gleiche Performance, die sie bei den BigTechs vom Schlage Amazon, Apple, Google und Co. erlernt hätten. Das ist der Maßstab, der für alle gilt in puncto Transparenz, Komfort und Schnelligkeit. Und hier sieht sich die Munich Re bereits in Position gebracht, wie Wenning am Beispiel einer neuartigen Police ausführte, bei der der Rückversicherer z.B. Fehler, die von Algorithmen ausgelöst werden, versichert. „Die Digitalisierung ist nicht der Feind“ bekundete Wenning abschließend. Wie das Unternehmen die Herausforderungen der Transformation in Angriff nimmt, erklärt der Vorstandschef hier im Video:
Ein weiteres Schlagwort, welches im Zuge der Neuausrichtung einer ganze Branche für Furore sorgt ist der Claim „den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen“. Das wollen zwar alle, wobei die Frage erlaubt sein muss, wo der Kunde bisher stand und ob er sich tatsächlich derart vereinnahmen lassen will? Doch auf welchem Wege dies geschehen soll, darüber gibt es höchst unterschiedliche Auffassungen.
Eine „Renaissance des Humanismus“ will gar Generali-Deutschland Chef Giovanni Liverani erkannt haben und so umfassen wie der Begriff, wollen sich die Italiener ebenso als Lifetime-Partner ihrer Kunden verstehen, auch wenn es im Rahmen des Run-offs der Lebensparte an Viridium in der Vergangenheit durchaus auch andere Signale gab.
Dafür sein aber nicht nur ein neues Selbstverständnis innerhalb der Branche notwendig, sondern auch eine Kulturveränderung im Denken aller Beteiligten. Dabei sprach Liverani auch von „der Schönheit der Versicherung“, wenn man als Unternehmen eben nicht nur im Schadenfall aktiv werde, sondern Schutz für jeden Lebensmoment anbiete. Wie sich der CEO das für die Generali in Zukunft vorstellt, erläutert Liverani hier im Video:
Für einige Unruhe bzw. Begeisterung sorgte in der letzten Zeit der US-amerikanische Online-Versicherer Lemonade. Die haben mit Papier eben sowenig zu tun wie mit persönlichen Beratern und sind wohl genau deswegen die gar nicht mehr so heimlichen Starts der FinTech-Start-up-Szene.
Deren Mitbegründer Daniel Schreiber ließ es sich nicht nehmen, vor der versammelten Kompetenz in München die digitalen Muskeln spielen zu lassen und Einblicke in das Geschäftsmodell zu geben. Dass Lemonade völlig anders tickt als z.B. die deutsche Versicherungswirtschaft wird allein schon an dem Umstand sichtbar, das sich Lemonade – was hat das übrigens mit Versicherung zu tun? Gar nichts, macht aber auch nichts, denn Online ist quasi ein „level plainfield“ und hippen Kunden kann man für jeden Namen begeistern – man höre und staune, einen Chief Behavioral Officer, einen Verhaltensforscher im Range eines Vorstandes hält. Was Lemonade sonst noch anders macht, zeigt Schreiber hier im Video:
Mit Spannung wurde auf dem Insurance Summit vor allen Dingen die Rede von Jörg Kukies (SPD), Staatssekretär im von Olaf Scholz (SPD) geführten Bundesministerium der Finanzen, erwartet. „Wir sind absolut innovationsfreundlich“ sagte Kukies mit Blick auf die zahlreicher werdenden Start-ups in der Finanz- wie Versicherungsindustrie, weichere Regeln für die Newcomer lehnte Kukies jedoch ab.
Desweiteren befasste sich Kukies mit den für die Branche so eminent wichtigen Themen wie Solvency II Review, welche erst wohl nach der deutschen Ratspräsidentschaft im Jahr 2020 auf die Agenda kommt, der Zinszusatzreserve, dem Brexit, Kapitalanlagen sowie der sogenannten „Sustainable Finance“. Insgesamt bekräftigte Kukies den Stellenwert der Versicherungsindustrie für die Bundesregierung und kündigte ein proaktives Vorgehen an. Mit Blick auf den Brexit sagte der Staassekretär, dass man sich in Berlin auf jedes Szenario einstellt und im Gegenzug Pläne für einen einheitlichen europäischen Finanzmarkt, der auch ein unabhängiges Gegengewicht zu London sein soll, vorantreiben möchte.
Heute geht der Handelsblatt Insurance Summit mit den Themen Cyber Insurance, Ping An & FinLeap Kooperation, Digitalisierung und Big Date in die zweite Runde. VWheute berichtet weiter.
Autor: Alexander Kaspar