Erneutes Wachstum: Ist die Zusatz- die neue Vollversicherung?

Wie steil gehen die Preise in D&O und Cyber nach oben? Bildquelle: Elias Schäfer auf Pixabay.

Sind knapp über zwei Prozent Wachstum in der Zusatzversicherung ein Grund für Freude oder Besorgnis? Die Branche kann sich insgesamt gesehen auf die Schulter klopfen, das Wachstum ist gering aber stetig. Doch es ist fraglich, ob damit die Probleme in der Vollversicherung kaschiert werden können. In der Zusatzversicherung gibt es einen großen Gewinner, der allerdings ein wenig mogelt, und einige Verlierer.

Absolut stieg die Anzahl der Verträge in der Zusatzversicherung marktweit um 510.000 auf rund 26 Millionen, was einem Plus von 2 Prozent entspricht, meldet die Ratingagentur Assekurata. Im Gegensatz zur Vollversicherung, über die VWheute kürzlich berichtete, gibt es einen Zuwachs. Die Liste der Bestandsgewinner ist deutlich größer als die der -Verlierer. Im Jahr 2018 konnten lediglich sechs Unternehmen ihren Bestand in der Ergänzungsversicherung nicht ausbauen.

Quelle: Assekurata

Die Verluste bewegen sich im mittleren Zehntausenderbereich und dürften auch natürliche Ursachen haben. In aller Regel haben größere Bestände mehr Abgänge als kleinere, allerdings kann das mittels eines gute Neugeschäfts wieder aufgefangen werden. Angesprochen auf ihre Verluste schreibt die Continentale, dass sie „nicht kommentieren möchte“. Die Axa ist da kommunikativer:“ „Wie Sie wissen, ist Axa im Bereich der Vollversicherten stark […]. Berücksichtigen sollte man auch, dass wir im Zuge der Zusatzversicherungsstrategie seit 2010 über einen längeren Zeitraum betrachtet stark gewachsen sind; die aktuelle Entwicklung sehen wir daher eher als kleine Delle im Aufwärtstrend.“ Grundsätzlich glaubt die Axa an den Markt der Zusatzversicherung und plant „vielfältige Maßnahmen in diesem Bereich“.

Immerhin 26 Unternehmen konnten ihren Bestand weiter ausbauen. Den größten Zuwachs erzielt dabei erneut die R+V, die als einziges Unternehmen im sechsstelligen Bereich wachsen kann und damit die Liste das siebte Jahr in Folge anführt.

Quelle Assekurata

Allerdings muss das Wachstum der R+V mit einem Sternchen versehen werden. Mitursächlich für das Erstarken ist die Auslandsreiskrankenversicherung gegen laufenden Beitrag, am Markt eher unüblich. Hier konnte die Gesellschaft die Zahl der versicherten Personen auf 94.642 nahezu verdoppeln. Den zweiten Platz bei den Gewinnern nimmt die Ergo ein, die wegen der Tochter DKV auch das Unternehmen mit dem größten Bestand in der Zusatzversicherung ist.

Quelle: Assekurata

Ist Zusatz- die neue Vollversicherung?

Seit dem Jahr 2012 ist der Bestand in der Vollversicherung laut PKV-Verband leicht rückläufig – insgesamt bis heute minus 2,7 Prozent. Den stärksten Rückgang gab es im Jahr 2013, seitdem schwächt sich die Entwicklung ab.

Angesprochen auf die Bedeutung der Zusatzversicherung als möglichen Ersatz erklärt ein Sprecher des Verbandes: Der starke Trend zu privater Vorsorge, um den Leistungsumfang der Gesetzlichen Krankenversicherung aufzustocken, ist ungebrochen.“

Als Ersatz für die Vollversicherung sieht der Verband den Zusatzschutz allerdings nicht. „Klar ist auch, dass die Krankenvollversicherung mit annähernd 70 Prozent der Beitragseinnahmen das wichtigste Standbein der Privaten Krankenversicherung ist und bleibt.“ Das sieht auch die Continentale so: „Nein, das ist die Zusatzversicherung nicht. Dazu ist allein schon das Beitragsniveau pro Vertrag zu unterschiedlich.“

Der Bund der Versicherten schließ sich dem Gesagten an: „Als neue PKV-Vollversicherung, die gesetzliche Sozialversicherungssysteme ersetzt, sehen wir die PKV-Zusatzversicherungen nicht.“

Dort, wo Verbraucher im Krankheits- oder Pflegefall mit existenziellen Einbußen rechnen müssen, könnten laut dem Bund Zusatzversicherungen „als sinnvolle Ergänzung in der Zukunft eine wichtige(re) Rolle spielen“.  Entscheidend sei, „dass die Produkte nachvollziehbare und bedarfsgerechte Absicherungen sicherstellen.“

Die Zusatzversicherung ist nicht die neue Vollversicherung, aber immer hin wächst sie und der Markt bleibt in der Hand privater Anbieter. Die GKV darf weiterhin keine Extra-Leistungen als Wahltarif anbieten. Die Zeit wird zeigen, ob der Zusatzmarkt bereits gesättigt ist oder noch mehr Wachstum möglich ist.

Autor: VW-Redaktion