Stuttgarter-Chef Guido Bader vergleicht Frühstartrente mit Europarente: „gut gemeint, aber in der Praxis irrelevant“

Stuttgarter-Chef Guido Bader (Bildquelle: dg)

Nachdem bereits viele Branchenexperten auf dem GDV-Insurance-Summit ihren Unmut über die Altersvorsorge-Pläne der neuen Koalition geäußert hatten, folgen immer weitere kritische Stimmen. „Kein Schwerpunkt. Kein Plan. Keine Perspektive“, kommentiert etwa Stuttgarter-Chef Guido Bader. Besonders hadert er mit der Frühstartrente. Er rechnet nach, auf welche Summe dabei Kinder bis zur Vollendung ihres 18. Lebensjahres überhaupt kommen.

Der jährliche Insurance Summit des GDV fiel auf den Tag der Präsentation des Koalitionsvertrages, VWheute berichtete vor Ort. GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen äußerte sich positiv, wie die zukünftigen Gesetzgeber die Themen Wettbewerbsfähigkeit und Naturgefahrenversicherung anpacken. Deutlich kritischer fiel die Bewertung im Bereich der Altersvorsorge aus. Zwar erkenne er im Koalitionsvertrag einige gute Ansätze, das Gesamtbild bleibe jedoch durchwachsen, so die erste Einschätzung des Verbandsrepräsentanten. „Da ist ein starker Fokus auf Leistungsausweitung in der ersten Säule“, monierte Asmussen. Doch dieser Fokus auf die gesetzliche Rente müsse auch finanziert werden – entweder über höhere Steuern oder Sozialabgaben. „Da sind wir auch schon deutlich in der Nähe von 40 Prozent – das ist zu hinterfragen.“

Asmussen plädierte – wenig überraschend – für eine klare Stärkung der zweiten und dritten Säule der Altersvorsorge: „Schon heute meinen zwei Drittel der Menschen, dass die gesetzliche Rente alleine im Alter nicht ausreicht.“ Hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung (bAV) zeigte er sich eher skeptisch. „Die letzten fünf Koalitionsverträge hatten alle diese dünnen Zwei-Sätze“, kommentierte Asmussen lakonisch. „Wir sind mit der Verbreitung nicht wirklich weit gekommen – insbesondere nicht in den Dienstleistungssektoren.“ Auch bei der privaten Altersvorsorge fehle es an konkreten Maßnahmen: „Da ist viel Vages.“

Auch Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW, hält die Formulierungen zur Riester-Rente im Koalitionsvertrag für sehr schwammig. So heißt es dort: „Wir werden die bisherige Riester-Rente in ein neues Vorsorgeprodukt überführen, von bürokratischen Hemmnissen befreien und mit dem Verzicht auf zwingende Garantien sowie der Reduzierung der Verwaltungs-, Produkt- und Abschlusskosten reformieren.“ Es fehlen dem AfW-Verband hierbei klare Aussagen zu Übergangsregelungen, zu Vergütungsfragen sowie zur Rolle unabhängiger Berater. „Ein Standardprodukt allein reicht nicht. Menschen brauchen qualifizierte persönliche Beratung – und diese muss fair und nachvollziehbar vergütet werden“, betont Wirth.

Dass die private Altersvorsorge durch eine Frühstartrente gefördert werden soll, halten viele aus der Branche für ein positives Signal – etwa der BVK-Präsident Michael H. Heinz. Dabei spendiert der Staat ab dem 1. Januar 2026 jedem Kind vom 6. bis zum 18. Lebensjahr 10 Euro im Monat. „Das ist ein richtiges Signal – auch wenn der Betrag eher symbolisch ist. Entscheidend wird sein, wie die konkrete Ausgestaltung erfolgt – insbesondere mit Blick auf die Auswahl der Produkte und deren Beratung“, kommentiert Wirth die Idee.

Stuttgarter-Chef Guido Bader wählt eine schärfere Rhetorik: Die Frühstartrente sei gut gemeint – aber weitgehend wirkungslos. „1.440 Euro über zwölf Jahre hinweg – das ist Symbolpolitik, kein ernst zu nehmendes Angebot. Ohne schlanke Prozesse wird dieses Modell das Schicksal der Europarente PEPP teilen: gut gemeint, aber in der Praxis irrelevant.“ Grundsätzlich bezeichnet er das präsentierte Werk als einen „defensiven Koalitionsvertrag“. Wenn die Babyboomer Ende der 20er-Jahre in Rente gehen, werde das zum sozialen und fiskalischen Bumerang werden. „Die junge Generation zahlt den Preis – und das Vertrauen in die Politik wird schwinden.“

Auch übt er Kritik an der fehlenden Reform bei der gesetzlichen Rente: „Statt Reform gibt es ein ‚Weiter so‘ mit Haltelinie, abschlagsfreier Rente und höherer Mütterrente – ohne solide Gegenfinanzierung.“ Das Wirtschaftswachstum als Finanzierung heranzuziehen, „ist keine Strategie, sondern Augenwischerei. Soziale Sicherungssysteme brauchen belastbare Konzepte, keine Wunschdenken-Rhetorik.“

Autor: VW-Redaktion

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