EuGH-Urteil zur Gruppenversicherung: Wann fungiert ein Versicherungsnehmer als Vermittler?

Bildquelle: Sang Hyun Cho auf Pixabay

Ein aktuelles EuGH-Urteil lenkt den Blick auf die viel diskutierte Frage, inwiefern der Versicherungsnehmer einer Gruppenversicherung zugleich als Versicherungsvermittler anzusehen ist. Bislang herrscht in Deutschland die Ansicht vor, dass bei der echten Gruppenversicherung, bei der die „Gruppenspitze“ Versicherungsnehmerin des mit dem Versicherer geschlossenen Gruppenvertrags ist und die Beitretenden die Stellung von Versicherten haben, der Versicherungsnehmer grundsätzlich kein Vermittler ist. Von Christian Armbrüster.

Freilich hat der BGH (VersR 2021, 116) im Jahr 2020 dem EuGH die Frage vorgelegt, ob diese Sichtweise mit den europarechtlichen Vorgaben der Vermittlerrichtlinie (IMD) und der Vertriebsrichtlinie (IDD) vereinbar ist. Zugrunde lag die Unterlassungsklage eines Verbraucherverbands, der die Tätigkeit des Versicherungsnehmers einer Gruppen-Rückholkostenversicherung wegen fehlender Erlaubnis zur Versicherungsvermittlung nach § 34d Abs. 1 S. 1 GewO wettbewerbsrechtlich beanstandete.

Noch bevor über die Vorlage des BGH entschieden ist, hat der EuGH nun mit Urteil vom 24.02.2022 (C-143/20 und C-213/20) in einem polnischen Vorlageverfahren zu dem Themenkreis Stellung bezogen (BeckRS 2022, 2621). Hier ging es um fondsgebundene Lebensversicherungen, die als echte Gruppenversicherungen und nicht lediglich als Rahmenverträge (unechte Gruppenversicherungen) abgeschlossen wurden. Allerdings besteht ein womöglich entscheidender Unterschied zur BGH-Vorlage darin, dass der Versicherte sich im Gruppenvertrag verpflichtete, die Prämie an den Versicherer zu zahlen; dies ist jedenfalls eine atypische Gestaltung. Der EuGH (Rz. 86 f.) befand, dass in diesem Fall zwei getrennte Versicherungsverhältnisse vorliegen und dass das als Versicherungsnehmer handelnde Unternehmen als Versicherungsvermittler im Sinne der IDD anzusehen ist.

Zur Bedeutung des Gruppenvertrags stellte der EuGH (Rz. 81) lediglich fest: „Ob dieser Verbraucher formal auch Partei des genannten Gruppenvertrags zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem als Versicherungsnehmer handelnden Unternehmen wird, ist insoweit unerheblich.“ Man kann in der Tat die Frage aufwerfen, ob es sich angesichts der Prämienzahlungspflicht des Versicherten gegenüber dem Versicherer materiell überhaupt noch um eine echte Gruppenversicherung handelt. Freilich erscheint es inkonsequent, auf ein eigenständiges Versicherungsverhältnis zwischen Versichertem und Versicherer abzuheben, letzterem dann aber nicht die Informationspflicht aufzuerlegen. Insoweit ist das EuGH-Urteil angreifbar.

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