Skandal um Brustimplantate: TÜV Rheinland muss Schadenersatz in Millionenhöhe zahlen
Das Handelsgericht Toulon hat den TÜV Rheinland im juristischen Dauerstreit um minderwertige Brustimplantate zu einem Schadenersatz in Millionenhöhe verurteilt. Demnach sollen die rund 1.600 Klägerinnen eine vorläufige Entschädigung von jeweils 5.150 Euro – insgesamt rund 8,2 Mio. Euro – erhalten.
Ein Sachverständiger soll die Angelegenheit laut einem Bericht der Deutschen Presseagentur (dpa) weiter untersuchen. Der TÜV kündigte indes eine Berufung gegen die Entscheidung in erster Instanz an. Der inzwischen insolvente französische Hersteller Poly Implant Prothèse (PIP) hatte jahrelang billiges Industriesilikon für seine Implantate verwendet, die weltweit mehreren hunderttausend Frauen eingesetzt worden waren. Zudem hatte der TÜV Rheinland als unabhängiger Prüfdienstleister das Qualitätssicherungsverfahren von PIP zertifiziert -– also das Qualitätssiegel vergeben. Dieser weist die Vorwürfe weiterhin zurück: „TÜV Rheinland lagen außerdem zu keinem Zeitpunkt im Rahmen seiner Tätigkeit für PIP Anhaltspunkte dafür vor, dass die Brustimplantate von PIP möglicherweise nicht konform waren“, betonte die Anwältin Christelle Coslin.
Weitere Schuldsprüche
Bereits im Februar 2021 hatte ein Berufungsgericht im französischen Aix-en-Provence den TÜV Rheinland zu einer Schadenersatzzahlung in Millionenhöhe verurteilt. Demnach hätten die TÜV-Prüfer bei der Zertifizierung der Produktion des Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) ihre Pflichten verletzt, begründeten die Richter ihre Entscheidung. Damit bestätigten sie bereits vorangegangene Entscheidungen des Handelsgerichts von Toulon. Der TÜV Rheinland selbst kündigte laut einem Bericht der Legal Tribute Online an, eine Berufung beim Kassationshof zu prüfen.
PIP hatte bis 2010 jahrelang Implantate mit für diese Zwecke nicht zugelassenem Industriesilikon verkauft. Im Jahr 2010 hatten die französischen Behörden festgestellt, dass die Produkte von Poly Implant Prothèse (PIP) minderwertiges Industriesilikon enthielten. Daraufhin ließ sich die Klägerin die Implantate zwei Jahre später entfernen. Zudem forderte sie vom TÜV Rheinland ein Schmerzensgeld über 40.000 Euro, weil dieser das Herstellungsverfahren von PIP zertifiziert und später seine Prüfpflichten verletzt haben sollte.
Die Bundesrichter wiesen die Klage jedoch zurück und begründeten ihre Entscheidung damit, dass der TÜV nicht zu einer Überprüfung verpflichtet gewesen sei, da ihm keine konkreten Hinweise auf Mängel vorgelegen hätten. Damit folgten die Bundesrichter im Wesentlichen der vorherigen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Auch die Allianz France, der Haftpflichtversicherer des Unternehmens Poly Implant Prothèse (PIP), muss nicht für Schäden durch seine fehlerhaften Brustimplantate haften, wenn die Operation der betroffenen Frauen in Deutschland stattfand.
Autor: VW-Redaktion