Suez-Blockade durch „Ever Given“: Frachtkunden sollen in Mithaftung genommen werden

Etwa 18.800 Container-Schiffe sind vor dem Pandemie allein im Jahr 2019 durch dem Suezkanal gefahren. (Quelle: https://www.suezcanal.gov.eg/)
Neues Kapitel um die Folgen der Suez-Blockade durch die „Ever Given“: Neben den Versicherern sollen nun auch die Frachtkunden für die Folgen der Havarie mithaften. Dies liegt laut einem Bericht der Welt „an der sogenannten Havarie Grosse, einer Institution aus der Seefahrt, die der Kapitän der ‚Ever Given‘ und der Eigentümer Shoei Kisen Kaisha aus Japan ausgerufen haben“.
Dies bedeutet: Alle am Seetransport beteiligten Unternehmen – bis hin zu den Eigentümern der Ladung – können demnach zur Bezahlung der Kosten herangezogen werden. Demnach plant die Reederei Evergreen Marine, den Schaden auf jede einzelne Ware und jeden Transportkunden umzulegen. Zu diesen gehören laut einem Bericht des Wall Street Journal unter anderem auch bekannte Großkonzerne wie der schwedische Möbelkonzern Ikea, Tommy Hilfiger oder Calvin Klein aus dem Bekleidungskonzern PVH sowie der ebenfalls US-amerikanische Schuhhersteller Nike.
Demnach will die Reederei nun mit jedem einzelnen Transportkunden Kontakt aufnehmen, um den Fall entsprechend zu klären. Im Fall von Ikea würde dies beispielsweise bedeuten, dass das schwedische Unternehmen zunächst mehrere Tausend Euro für den Schaden zahlen müsste, um seine Container am Ende auch zu erhalten. Experten schätzen den Warenwert an Bord auf Summen zwischen 100.000 US-Dollar (umgerechnet etwa 85.000 Euro) und 300.000 US-Dollar.
Das Containerschiff hatte vor wenigen Monaten den Suez-Kanal nach einer Havarie tagelang blockiert. Ägypten forderte daraufhin einen Schadenersatz in Höhe von einer Milliarde US-Dollar vom Schiffsbetreiber beziehungsweise dessen Versicherer. Die Leasingfirma Shoei Kisen bot zunächst 150 Mio. Dollar als Entschädigung. Liegt eine unmittelbare, gemeinsame Gefahr für Schiff und Güter vor, die außergewöhnliche Aufwendungen entstehen lässt, können die entstehenden Kosten proportional zu den Beitragswerten von Schiff, Ladung und Frachtgeld aufgeteilt werden. Diese müssen dann von den jeweiligen Interesseninhabern erstattet werden.
Autor: VW-Redaktion
Liebe VW-Redaktion,
der Artikel zur Havarie der „Ever Given“ stellt einen ganz normalen Ablauf als außergewöhnlich dar. Das kann eventuell bei dem ein oder anderen Leser zur Verwunderung führen.
Die „Havarie Grosse“ (HG) ist eine Institution des Seerechts, die bereits in der Antike bekannt war. Hintergrund ist die Aufteilung der Schäden und Kosten proportional zu den Beitragswerten von Schiff, Ladung und Frachtgeld auf die gesamte Solidargemeinschaft aller Beteiligten an Bord. Die Reederei geht auch nicht auf jeden einzelnen Ladungseigner zu, sondern die Abwicklung folgt festen Prozessen und basiert auf klaren, rechtlichen Regelungen (national, international, individuell).
Alle Schritte für eine geordnete Abwicklung sind zum Fall der HG „Ever Given“ längst eingeleitet. Für jeden Wareneigner, der über eine Transport-Versicherung verfügt, übernimmt sein Versicherer die gesamte Abwicklung einschließlich Stellung von Garantien, Zeichnung von Dokumenten und letztlich Zahlung von Sicherheiten oder HG-Beiträgen.
Dabei handelt es sich – wie gesagt – um einen völlig normalen Ablauf, der für keinen am Prozess Beteiligten überraschend oder ein „neues Kapitel“ wäre.
Viele Grüße
M. Bouffier