Ombudsmann sieht Schutzlücken im Versicherungsvertragsrecht bei Zahlungsschwierigkeit
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Quelle: Bild von Steve Buissinne auf Pixabay

Im Jahresbericht 2020 adressiert der Ombudsmann für Versicherungen eine Schutzlücke für den Fall, dass Arbeitgeber Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung (bAV) nicht mehr abführen. Seit 2008 ist dazu ein Schutz in § 166 (4) VVG für Verträge der bAV geregelt. Denn der Versicherer soll im Falle von Zahlungsrückständen vor einer Beitragsfreistellung, die zu Nachteilen z.B. bei Invaliditätsabsicherungen führen können, die Arbeitnehmer rechtzeitig informieren.

Schon im Vorfeld dieser Änderung wurde darauf hingewiesen, dass die Versorgungsträger häufig nicht oder nicht die aktuellen Adressen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als versicherte Person haben. Eine Pflicht zur Anzeige einer Adressänderung vonseiten der versicherten Person gibt es jedoch nicht.

Nun hat auch der Ombudsmann für Versicherungen anhand eines aktuellen Falles, diese Lücke festgestellt und mahnt, dass im wohlverstandenen Interesse nicht nur der Arbeitnehmer, sondern aller Beteiligten überlegt werden sollte, ob dies besser geregelt werden kann.

Konkret geht es um eine regulierte Pensionskasse und folgenden Beschwerdefall: In der betrieblichen Altersversorgung ist der Arbeitgeber Versicherungsnehmer, der Arbeitnehmer versicherte Person. Der Arbeitgeber zahlt die Beiträge auf das Konto des Versicherers. Unterlässt er dies und droht deshalb eine Vertragskündigung, ist der versicherte spätere Betriebsrentner durch den Versicherer von dem Beitragsrückstand in Textform zu informieren, um ihm eine eigene Beitragszahlung zu ermöglichen. Das ist in § 166 Absatz 4 VVG geregelt (siehe auch § 38 Absatz 1 VVG).

In einem Beschwerdefall bestand ein Vertrag mit einer Pensionskasse, dessen Bedingungen für den Fall des Ausbleibens jeglichen Beitrags in einem Kalenderjahr die automatische Umwandlung der Versicherung zum Jahresende in eine beitragsfreie Versicherung vorsah. Die zugleich damit verbundene Berufsunfähigkeitszusatzversicherung sollte in diesem Fall erlöschen. Der Tarif mit dieser Regelung war durch die Aufsichtsbehörde, die BaFin geprüft und genehmigt worden.

Die Pensionskasse wies den Arbeitgeber auf die ausgebliebene Beitragszahlung hin und warnte vor dem Erlöschen der Zusatzversicherung. Eine an den Arbeitnehmer adressierte Zweitausfertigung dieser Mitteilung war mit der Bitte um Weiterleitung an den Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber beigefügt. Die Weiterleitung unterblieb jedoch.

Der Arbeitnehmer und spätere Beschwerdeführer stellte zu seiner Überraschung plötzlich fest, dass die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung erloschen war. Die Nichtweiterleitung der Zweitschrift des „Warnschreibens“ des Versicherers durch den Arbeitgeber an ihn hatte ihm im Ergebnis den Schutz der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung genommen. Eine solche Unterlassung lässt sich – neben vorkommenden Sachbearbeitungsfehlern – damit erklären, dass Arbeitgeber, die in finanzielle Schieflage geraten sind, ein Interesse daran haben können, eigene Zahlungsschwierigkeiten der Belegschaft nicht zu offenbaren.

In der Fachliteratur wird zwar die Auffassung vertreten, dass der Versicherer für solche Fallgestaltungen auch die aktuellen Kontaktdaten der Arbeitnehmer verfügbar haben müsse, damit er diese unmittelbar unterrichten könne. Dies stößt jedoch bei großen Unternehmen und einer erheblichen Fluktuation unter den Arbeitnehmern auf Schwierigkeiten. Die Übersendung des Warnschreibens an den Arbeitgeber mit der Bitte um Weitergabe einer Zweitschrift der Ankündigung des Erlöschens an den Arbeitnehmer ist daher ein pragmatischer Weg, der jedoch erhebliche Risiken für den Arbeitnehmer als versicherte Person birgt.

Im konkreten Beschwerdeverfahren stellte sich schon die Frage, ob die Informationspflicht des Versicherers gegenüber dem Versicherten aus § 166 Absatz 4 VVG überhaupt bestanden hatte; denn hier drohte nicht die außerordentliche Kündigung durch den Versicherer wegen Zahlungsverzugs des Arbeitgebers (nach § 38 Absatz 1 VVG). Vielmehr sahen die Bedingungen eine automatische Beendigung der Zusatzversicherung vor. Einiges sprach in dieser Situation für eine analoge Anwendung der Bestimmung.

Auch stand im Raum und ist in dem verfahrensbeendenden Schreiben thematisiert worden, ob die maßgeblichen Regelungen in den Versicherungsbedingungen eine Umgehung der Vorschriften im VVG zur Kündigung durch den Versicherer und dessen Pflicht zur Unterrichtung des Versicherten darstellten oder ob es sich bei dem Beitragsfreistellungs- und Erlöschensautomatismus um eine überraschende oder intransparente Klausel handele, die möglicherweise nicht wirksam sei.

All dies waren rechtsgrundsätzliche Fragen, die im vereinfachten Verbraucherstreitbeilegungsverfahren nicht beantwortet werden konnten, sondern deren Entscheidung den staatlichen Gerichten vorbehalten bleiben muss. Dem Beschwerdeführer wurde die Rechtslage erläutert und damit der Hinweis verbunden, dass dies für seine Entschließung über sein etwaiges weiteres Vorgehen hilfreich sein könne.

Fazit: Aus Sicht des Ombudsmannes zeigt der Fall in großer Deutlichkeit offene Fragen hinsichtlich der bestehenden arbeitnehmerschützenden Informationsregelung in § 166 Absatz 4 VVG.

Und was der Ombudsmann in seinem Bericht nicht erwähnt: Nach § 211 (1) VAG darf dieser Schutz mit Genehmigung der BaFin bei Pensionskassen und kleinen Versicherungsvereinen auch noch abbedungen werden.

Autor: VW-Redaktion

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