BVK-Präsident Michael H. Heinz im Interview: „Von manchen Parteien und Verbänden wird unser Berufsstand leider schlechtgeredet“

Viel beschäftigt: Michael H. Heinz ist Präsident des Bundesverbandes der Dienstleistungswirtschaft (BDWi) und BVK. Quelle: BVK

Heute kommt der Bundesverband der Versicherungskaufleute (BVK) zur Online-Fachtagung über „Zukünftige Rahmenbedingungen für die Versicherungsbranche“ zusammen. Mit Blick auf die anstehenden Bundestagswahlen im September findet BVK-Präsident Michael H. Heinz im Exklusiv-Interview mit VWheute klare Worte in Richtung Politik, aber auch Verbraucherschutz. Letztere hätten teilweise abstruse Vorstellungen von den Kosten einer qualifizierten Kundenberatung.

VWheute: Sie sind ständig im Gespräch mit Vermittlern, Politikern und Branchenfremden – würden Sie der These zustimmen, dass derzeit eine Hexenjagd auf die Vermittler stattfindet?

Michael H. Heinz: Nein, dem würden wir nicht zustimmen. Denn wir stellen immer wieder bei unseren Gesprächen fest, dass es viele Politiker und Unternehmensvorstände gibt, die unseren Berufsstand und das, was wir für die Absicherung der Menschen tun, sehr hoch schätzen. Aber es gibt auch diejenigen, die immer wieder die Versicherungsvermittler und ihr Vergütungssystem wider besseres Wissen angreifen. Doch diese Auseinandersetzung ist – zum Glück muss man sagen – im überwiegenden Maße durch ein respektvolles Debattieren und Streiten gekennzeichnet. Deshalb trifft der Begriff der Hexenjagd nicht zu.

VWheute: Provisionsdeckel, Standardprodukt, Riester-Aus, wird der Vermittler zum Sündenbock für strukturelle Branchenprobleme gemacht?

Michael H. Heinz: Von manchen Parteien und Verbänden wird unser Berufsstand leider schlechtgeredet. Doch auch wenn die sogenannten Verbraucherschützer und Parteien des linken Spektrums uns fortwährend kritisieren und angreifen, müssen sie doch anerkennen, was unser Berufsstand durch seine tagtägliche Beratungs- und Vermittlungspraxis leistet, auch in dieser Pandemie. Die meisten, die sich jenseits nicht ernst zu nehmender populistischer Verlautbarungen kompetent mit der Versicherungs- und Vermittlerbranche auseinandersetzen, erkennen auch die sozialpolitische Rolle der Vermittler an. Wir werden weiterhin gegen überbordende Regulierungen und nicht zielführende Vorschläge kämpfen, die den Vermittlerinteressen widersprechen.

In dieser Hinsicht waren wir schon in letzter Zeit sehr über den GDV verwundert, der allen Ernstes als Reform der Riester-Rente ein digital vertriebenes Standardprodukt ins Spiel brachte. Wenn das käme, würde das nicht nur nach Schema 08/15 an vielen Kundenbedürfnissen und -lagen vorbeigehen, sondern gerade unseren sozialpolitischen Auftrag der Absicherung fürs Alter unterminieren. Für uns ist das ein No-Go!

VWheute: Die Vermittler werden älter, es gibt Nachwuchsprobleme, wie sehen Sie die Situation und ggf. welche Lösungen?

Michael H. Heinz: Der BVK startet gerade zwei neue Projekte zum Thema Nachwuchsförderung. Zum einen mit den BVK-Junioren, einer Jugendorganisation des BVK. Zudem wird es demnächst eine neue Initiative zum Thema Berufsbild der Versicherungsvermittler geben u.a. mit einer neuen Landingpage. Dort wird u.a. gezeigt, was das Berufsbild des Versicherungsvermittlers ausmacht und wie attraktiv unser Beruf ist. Mit den beiden Initiativen versucht der BVK dem herausfordernden Thema Nachwuchsförderung zu begegnen und sie untermauern unser modernes BVK-Berufsbild des Vermittlers.

VWheute: Die Forderungen der Politik und Verbraucherschützer sind teilweise widersprüchlich, es wird gute Beratung gefordert, gleichzeitig soll die aber nichts kosten, wegen der niedrigen Zinsen. Was ist die Lösung?

Michael H. Heinz: Dass die Verbraucherschützer teilweise abstruse Vorstellungen von den Kosten einer qualifizierten Kundenberatung haben, das kennen wir und werden nicht müde, es zu kritisieren. Es wird problematisch, wenn politische Entscheidungsträger diese widersprüchlichen Ansichten aufnehmen und sie in zusätzliche Regulierungen und Gesetze aufnehmen wollen, die dann unser Berufsstand umzusetzen hat. Deshalb verwehren wir uns ausdrücklich gegen weitere Verordnungen und Pflichten, die uns die Arbeit erschweren und auch unsere Arbeit zwangsweise verteuern müssen, weil wir dann ja noch mehr Arbeit bei der Kundenberatung, beim Datenschutz, bei der Dokumentation hätten. Deshalb soll all jenen, die gute Beratung zum Nulltarif fordern, gesagt sein, dass Qualitätsberatung und -vermittlung ihren Preis haben und dieser absolut berechtigt ist.

VWheute: Welche branchen-, gesellschaftlichen und sozialen Entwicklungen beunruhigen Sie im Hinblick auf den Vermittler, welche stimmen Sie positiv?

Michael H. Heinz: Uns beunruhigt sehr, dass es zurzeit in Deutschland ein bedeutendes Wählerpotenzial gibt, das Parteien präferiert, die Altbewährtes über Bord schmeißen wollen und neue, scheinbar einfache, aber in Wahrheit unausgegorene und nicht tragfähige Lösungen anbieten. Dies beobachten wir bei den Themen Riester-Rente und private Altersvorsorge sowie beim dualen Gesundheitssystem. Ja, diese Stimmung macht sogar vor einer möglichen Abschaffung des Vergütungssystems auf Provisionsbasis nicht halt. Das werden wir mit aller Macht zu verhindern suchen, und zwar auf mannigfaltige Weise und mit der ganzen Kraft des BVK.

VWheute: Welche Aufgaben sehen Sie für den BVK in diesen Debatten?

Michael H. Heinz: Der BVK hat vielfältige Aufgaben: Aufklären, Beraten, Vernetzen, Debattieren, Vermitteln und nicht zuletzt auch Lobbyieren. Wir sind mit unseren 61 Bezirksverbänden und der Arbeit unserer Ehrenamtlichen sehr gut in der Breite aufgestellt. Mit den örtlichen IHKn und dem Berufsbildungswerk der Deutschen Versicherungswirtschaft (BWV) sowie bei der branchenweiten Weiterbildungsinitiative gut beraten und dem Verein Ehrbare Versicherungskaufleute pflegen wir einen exzellenten Austausch und können über diese Organisationen unser Gewicht in die Waagschale legen.

Zudem ist der BVK im politischen Berlin sehr gut vernetzt, und zwar mit Politikern aller Couleur, die für unsere Vermittlerbranche von Relevanz sind. Das zeigt nicht zuletzt auch unsere diesjährige Fachtagung, die kürzlich stattgefunden hat, auf der Bundestagsabgeordnete von der CDU und den Bündnisgrünen mit mir diskutierten. Darüber hinaus pflegen wir weitreichende Kontakte zu Vertriebsvorständen und Vorstandsvorsitzenden in der Versicherungswirtschaft und natürlich zum GDV.

VWheute: Lassen Sie uns positiv enden. 2021 wird ein gutes Jahr für Vermittler, weil …

Michael H. Heinz: … unsere aktuellen Umfragen zeigen, dass die Vermittler trotz der vielen Corona-bedingten Herausforderungen wirtschaftlich vergleichsweise glimpflich durch die Pandemie gekommen sind. Wir sind daher optimistisch, dass sich die Lage für die Vermittler mit den voranschreitenden Impfungen verbunden mit der Rücknahme von Kontaktbeschränkungen, noch weiter verbessern wird.

Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Maximilian Volz.

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