Schicksal oder Behandlungsfehler: Erdnussbrezel kostet Model die Gesundheit

Eine fatale Geschichte um ein Brezel, Models und Erdnüsse. Bild von Bruno /Germany auf Pixabay.

Eine fatale Geschichte um eine Brezel. Nachdem das Gebäck vor Jahren bereits den ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush dem Erstickungstod nahebrachte, hat es nun das US-amerikanische Model Chantel Giacalone die Gesundheit gekostet. Neben dem Opfer nehmen ein überfordertes Sanitäter-Team, eine Freundin sowie der Vater des Opfers tragende Rollen in der Tragödie ein. Letztlich wurden rund 30 Mio. Dollar Schadenersatz bezahlt.

Manche Schadenereignisse wirken wie aus der Filmserie „Final Destination“ – grausam (und) vorbestimmt. Auf der Modemesse „MAGIC Fashion Trade Show 2013“ in Las Vegas führte eine freundliche Geste zu einer Kette von Ereignissen mit trostlosem Schluss. Das Model Tara Retes brachte ihrer Freundin Giacalone einen Frozen Joghurt, der mit einem winzigen Brezel drapiert war. In das Innere des Gebäcks war eine Füllung aus Erdnüssen eingebracht, gegen die Pflanze ist Giacalone schwer allergisch. Sie biss ab, bemerkte die Füllung, geriet in Panik und das Geschehen nahm seinen Lauf.

Aufgelöst rief sie ihren Vater an, die allergische Reaktion setzte bereits ein. Ein Epipen-Autoinjektor kam auf Rat des Vaters zur Anwendung, eine Art Fertigspritze gefüllt mit Adrenalin, bei allergischen Reaktionen oft zielführend. Der Vater bat Retes um die Beschaffung von „Benadryl“ eines Antiallergens, wohl in Tablettenform. Zudem sollte medizinische Hilfe gesucht werden. Die Ereignisse überschlugen sich, die Atemnot stieg.

Es gelang Giacalone ihrer Freundin zu erklären, wo sie Mittel und Behandlungsraum findet, den MedicWest Ambulance betreute. Als Retes kurz darauf ausgerüstet den Raum betrat, kämpfte Giacalone bereits mit dem Tod. Die Kehle wurde enger und enger, die Haut nahm schwarz-blaue Färbung an und die angeschwollenen Finger drohten die Ringe zu brechen, erklärte Retes vor Gericht. Das Medikament konnte der Freundin in diesem Zustand nicht mehr verabreicht werden. Neben ihr auf der Liege sitzend streichelte Retes sie und bestärkte ihr durchhalten. „Lass mich nicht sterben, ich will nicht sterben“ waren wohl die letzten verständlichen Worte von Giacalone.

Falsches Mittel oder Schicksal?

An dieser Stelle hätte sich die Geschichte noch zum Guten oder wenigstens Erträglichen wenden können. Doch die Sanitäter im Behandlungsraum hatten laut reviewjournal trotz gesetzlicher Vorgaben nicht das richtige Medikament zur Hand. In ihrer Ausrüstung fand sich kein Mittel, das bei einem „ernsten“ („severe“) allergischen Schock eingesetzt wird. Stattdessen verwendeten sie ein Mittel, das nur bei einer „vollständigen Anaphylaxie“ – lebensbedrohlicher Schock aufgrund einer allergischen Reaktion – Anwendung findet.

Der Notarzt wurde offenbar erst gerufen, als G. bereits zu atmen aufhörte und das Bewusstsein verlor. Die Sanitäter bestreiten beide Vorwürfe, die Angaben zu den Zeitpunkten von Einlieferung im Behandlungsraum und Notruf(en) variieren. Vor Gericht argumentierte die Verteidigung, dass Giacalone während der Behandlung selbstständig atmete und ansprechbar war. Aufgrund der Schwere des Allergieschocks wäre allerdings jedwede Behandlung unzureichend ausgefallen.

Ob die Verabreichung des nicht angemessenen Mittels der Hauptgrund für den fatalen Verlauf war oder eine andere Behandlung der damals 27-Jährigen die Gesundheit erhalten hätte, ist spekulativ. Unbestreitbar ist, das Giacalone einen irreparablen Hirnschaden erlitt und für den Rest ihres Lebens der 24-Stunden-Pflege bedarf. Die Lebenserwartung der nun 35 Jahre alten Frau wird von Experten auf 55 Jahre geschätzt.

Der Dienstleister MedicWest Ambulance wurde schließlich zu Schadenersatz in Höhe von 29,5 Mio. Dollar verurteilt. Der Kläger hatte 60 Mio. Dollar gefordert, der Verteidiger Freispruch oder eine Begrenzung auf acht Mio. Dollar.

Autor: Maximilian Volz

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