Teilzeit kürzt Betriebsrente? Bundesarbeitsgericht räumt Arbeitgebern Spielraum ein

Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Quelle: BAG

Lange sind die Zeiten vorbei, dass in den Betrieben im wesentlichen nur Vollzeit gearbeitet wurde. Längst gibt es Teilzeitregelungen aller Art und das schlägt immer häufiger auch auf die Berechnung von Betriebsrenten durch. Das Bundesarbeitsgericht hatte nun wieder einen Fall zu entscheiden (BAG-Urteil vom 23. März 2021, Az.: 3 AZR 24/20). Es ging darum, ob und in welchem Umfang aufgrund einer zwischenzeitlichen Teilzeittätigkeit die Betriebsrente gekürzt werden darf. In diesen Fällen kommt es natürlich immer auf die konkrete Versorgungsordnung an.

Der Fall: Die Klägerin und ehemalige Arbeitnehmerin war vom 1. September 1978 bis zum 30. April 2017 bei dem beklagten Unternehmen überwiegend in Teilzeit beschäftigt. Seit dem 1. Mai 2017 bezieht sie auf Grundlage der im Betrieb der Beklagten geltenden Konzernbetriebsvereinbarung „Leistungsordnung“ ein betriebliches Ruhegeld.

Nach der Leistungsordnung gilt eine Höchstgrenze von 1.375,00 Euro im Monat, wenn das Einkommen bei Eintritt des Versorgungsfalls die maßgebende Beitragsbemessungsgrenze übersteigt. Die Leistungsordnung enthält ferner eine Regelung, wonach Dienstzeiten in Teilzeitarbeit (ausgenommen Kurzarbeit) von mindestens einem Jahr Dauer nur in entsprechendem Verhältnis angerechnet werden. Die Höchstzahl der anrechnungsfähigen Dienstjahre betrug zuletzt 35 Jahre. Wird dieser Zeitraum überschritten, werden die Jahre mit dem für den Mitarbeiter günstigsten Verhältnis berücksichtigt.

Soweit das maßgebende Einkommen ein Entgelt für Teilzeitarbeit ist, wird das Einkommen zugrunde gelegt, das der Mitarbeiter bei Arbeit in Vollzeit erzielt hätte. Bei Mitarbeitern, die die Teilzeitarbeit in unverändertem Umfang geleistet haben, werden deren Entgelt für Teilzeitarbeit, Dienstjahre jedoch in vollem Umfang zugrunde gelegt. In einer Protokollnotiz haben die Betriebsparteien unter anderem festgelegt, dass sich die bei der Berechnung des Alters- und Invalidenruhegeldes heranzuziehende Höchstgrenze auf ein Vollzeitarbeitsverhältnis bezieht. Bei Teilzeitarbeit sei diese Höchstgrenze in entsprechendem Verhältnis zeitanteilig zu kürzen. 

Während des Arbeitsverhältnisses hatte die Betriebsrentnerin teilweise in Teilzeit gearbeitet. In den letzten drei Jahren des Bestands des Arbeitsverhältnisses bezog sie ein Einkommen, das über der Beitragsbemessungsgrenze lag. Bei der Betriebsrentnerin sah die Leistungsordnung einen Teilzeitfaktor von 0,9053 vor, obwohl sie in ihrem annähernd 40 Jahre bestehenden Arbeitsverhältnis insgesamt 34,4 Vollzeitarbeitsjahre gearbeitet hat. Aufgrund des Teilzeitfaktors kürzte das höchstmögliche betriebliche Ruhegeld der Klägerin (1.375,00 Euro) in Anwendung dieses Faktors auf 1.224,80 Euro monatlich. 

Gegen die Berücksichtigung des Teilzeitfaktors hat sich die Betriebsrentnerin mit ihrer auf die Zahlung der Differenz zum höchstmöglichen Altersruhegeld gerichteten Klage gewandt. Mit ihrer Klage begehrt die Betriebsrentnerin die Zahlung der Differenz zum höchstmöglichen Ruhegeld. Sie ist der Ansicht, die Kürzung der Höchstgrenze bei Teilzeitarbeit entspreche nicht den Vorgaben der Versorgungsordnung bzw. stelle einen Verstoß gegen § 4 TzBfG dar. 

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage unter Zugrundelegung eines Teilzeitfaktors von 0,9839 teilweise stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Betriebsrentnerin ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Betriebsrentnerin macht mit ihrer Anschlussrevision weiterhin einen Anspruch auf ein höheres Ruhegeld geltend.

Das Urteil: Das Bundesarbeitsgericht gab dem Unternehmen recht und steckte einen weiten Rahmen für mögliche, wirksame Regelungen.

  • Eine Versorgungsregelung kann – so das Bundesarbeitsgericht – wirksam vorsehen, dass bei der Ermittlung der anrechnungsfähigen Dienstzeiten im Rahmen der Berechnung des Altersruhegelds die Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung lediglich anteilig berücksichtigt werden.
  • Ebenso kann eine Versorgungsregelung vorsehen, dass eine Höchstgrenze eines Altersruhegelds bei in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmern entsprechend dem Teilzeitgrad während des Arbeitsverhältnisses gekürzt wird. Diese Regelungen stellen keine unzulässige Diskriminierung wegen der Teilzeitarbeit iSv. § 4 Abs. 1 TzBfG dar.

Für den konkreten Fall bedeutete das Folgendes: Die in der Leistungsordnung vorgesehene Berechnung des Altersruhegelds unter Berücksichtigung eines Teilzeitgrads ist wirksam. Die Klägerin wird nicht i.S.v. § 4 Abs. 1 TzBfG wegen ihrer Teilzeitarbeit benachteiligt, weil ihre über annähernd 40 Jahre erbrachte Arbeitsleistung nicht in 34,4 Vollzeitarbeitsjahre umgerechnet wurde. Mit einem Arbeitnehmer, der 34,4 Jahre in Vollzeit gearbeitet und dann in den Altersruhestand getreten ist, ist sie nicht vergleichbar.

Auch kann sie nicht mit Erfolg geltend machen, dass sie wegen ihrer Teilzeitarbeit benachteiligt wird, weil der nach der Leistungsordnung ermittelte Teilzeitfaktor auch auf die Versorgungshöchstgrenze angewandt wird. Sie erhält vielmehr ein Altersruhegeld in dem Umfang, der ihrer erbrachten Arbeitsleistung im Verhältnis zur Arbeitsleistung eines gleich lange im Unternehmen der Beklagten in Vollzeit tätigen Arbeitnehmers entspricht. Das ist zulässig.

Hinweis für die Praxis: Das Bundesarbeitsgericht steckt einen weiten Rahmen für die wirksame Berücksichtigung von Teilzeitbeschäftigung bei Betriebsrenten. Es kann ratsam sein, bestehende insbesondere ältere Versorgungsordnungen vor diesem Hintergrund zu überprüfen.

Autor: VW-Redaktion

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