Bundesarbeitsgericht urteilt in Betriebsrente pro Beschäftigter: Arbeitgeber müssen reagieren

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Eine für Unternehmen wichtige richterliche Entscheidung zu Versorgungsordnungen in der Betriebsrente. Immer wieder finden sich in Versorgungsordnungen von Firmen Regelungen, die befristet Beschäftigte oder Beschäftigte ab einem gewissen Eintrittsalter ausschließen. Jetzt hatte das Bundesarbeitsgericht zwei Fälle zu entscheiden [1], bei dem beide Ausschlussklauseln zusammentrafen. Einer ist besonders interessant und hat Auswirkungen auf die bAV-anbietenden Unternehmen.

Der erste Fall

Der Kläger ist ein Arbeitnehmer, der vom Unternehmen zunächst befristet und im unmittelbaren Anschluss unbefristet beschäftigt wurde. Zu Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses hatte er das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet, allerdings mit Beginn des unbefristeten Arbeitsverhältnisses die Altersgrenze überschritten. Bei dem Unternehmen regelt eine Versorgungsordnung, dass versorgungsberechtigt ist, wer in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten steht. Weitere Voraussetzung ist, dass bei Beginn des Arbeitsverhältnisses noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet ist. Befristet Beschäftigte sind nicht teilnahmeberechtigt. Die Versorgungsordnung in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen fordert außerdem eine schriftliche Vereinbarung über die Versorgungszusage.  Das Unternehmen erteilte ihm diese nicht.

Der Kläger argumentierte, es komme nicht auf das Alter bei Beginn der unbefristeten Beschäftigung an, sondern auf das bei Beginn des Arbeitsverhältnisses. Daher sei auf sein Alter bei Aufnahme des – zunächst – befristeten Arbeitsverhältnisses abzustellen. Die Vorinstanzen sahen das auch so und gaben dem Arbeitnehmer Recht. Der Arbeitgeber zog vor das Bundesarbeitsgericht.

Das Urteil

Der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts entschied ebenfalls zugunsten des Beschäftigten. Der Kläger hat Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung.

  1. Die Versorgungsordnung der Beklagten war dahin auszulegen, dass das Höchstalter bei Beginn der Betriebszugehörigkeit maßgeblich ist. Das gilt unabhängig davon, ob zunächst ein befristetes Arbeitsverhältnis vorlag, sofern sich eine unbefristete Beschäftigung unmittelbar an das befristete Arbeitsverhältnis anschließt.
  2. Der Arbeitgeber konnte sich auch nicht darauf berufen, dass in der Versorgungsordnung eine schriftliche Zusage als Voraussetzung genannt war. Denn – so das oberste Gericht – die Voraussetzung einer „schriftlichen Vereinbarung über die Versorgungszusage“ ist nicht konstitutiv für den Versorgungsanspruch des Klägers. Dies hat nur bestätigende, dh. deklaratorische Wirkung. Die „Zusage einer Versorgungszusage“ ist bereits als Versorgungszusage iSv. § 1 Abs. 1 BetrAVG anzusehen, wenn und soweit das Erstarken einer Anwartschaft zum Vollrecht nur noch vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und vom Eintritt des Versorgungsfalles abhängt, dem Arbeitgeber also kein Entscheidungsspielraum mehr über den Inhalt und den Umfang der zu erteilenden Zusage bleibt. Das Erfordernis einer schriftlichen Vereinbarung ist also keine echte Anspruchsvoraussetzung.

Fazit

Der Fall zeigt, dass es auch bei Versorgungsordnungen, die eigentlich dazu dienen sollen, dass die Regelungen klar und transparent sind, immer wieder zu Zweifelsfragen kommen kann. Arbeitgeber, die die gerade entschiedene Klauselkombination verwenden, haben nun möglicherweise neue Anspruchsberechtigte.

Das Bundesarbeitsgericht merkt im Übrigen ausdrücklich an, dass es sich nicht mit der Frage einer möglichen Diskriminierung von befristet Beschäftigten durch den Ausschluss nach der Versorgungsordnung befassen musste. Damit bleibt offen, ob der generelle Ausschluss von befristet Beschäftigten durch eine Versorgungsordnung überhaupt möglich ist.

Autor: VW-Redaktion


[1] BAG, Urteil vom 22.9.2020, 3 AZR 433/19 Pressemitteilung, und zweiter vergleichbarer Parallelfall)

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