Bund will Kunden von Thomas Cook finanziell entschädigen

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Der deutsche Staat will die betroffenen Urlauber der insolventen Reiseveranstalters Thomas Cook finanziell entschädigen. „Schäden, die nicht von anderer Seite ausgeglichen werden, wird der Bund ersetzen“, teilte die Bundesregierung am Mittwoch mit.

Demnach sei beabsichtigt, den betroffenen Kunden „die Differenz zwischen ihrer Zahlung und dem, was sie von Zurich oder von anderer Seite zurückerhalten haben, auszugleichen. Dies geschieht ohne Anerkennung einer Rechtspflicht aus Gründen des Vertrauensschutzes und zur Vermeidung unzähliger Rechtsstreitigkeiten. Im Gegenzug sollen die Ansprüche der Betroffenen an den Bund abgetreten werden, der diese Ansprüche aus einer Hand verfolgen wird“.

Nur damit könne „eine erhebliche Prozesslawine verhindert, eine konzentrierte Rechtsklärung vorangetrieben und am Ende der mögliche Schaden für den Steuerzahler so gering wie möglich gehalten werden“, heißt es in einer Mitteilung. Dafür „soll ein möglichst einfaches und kostenfreies Verfahren bereitgestellt werden. Die Kunden müssen aktuell nicht selbst aktiv werden, um ihre Rechte zu wahren“. Über das genaue Prozedere will die Bundesregierung Anfang 2020 informieren.

Hintergrund der Entscheidung ist der Umstand, dass die Schadenssumme deutlich über der versicherten Summe von 110 Mio. Euro liegen. Bisher liegen noch keine endgültigen Zahlen des Versicherers vor. Allerdings wurden dem Versicherer bereits Anfang November Schäden von bis zu 250 Mio. Euro abgesichert.

Recherchen der ARD zufolge rechnen Experten sogar mit einem Gesamtschaden von 300 bis 500 Mio. Euro.  Zuvor hatten die Justizminister der Länder das Bundesjustiz- und Verbraucherschutzministerium aufgefordert zu prüfen, wie man die Deckelung von 110 Mio. Euro erhöhen sollte.

Verbraucherschützer: „Steuerzahler haftet für politischen Fehler und Lobbyerfolg“

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßte zwar die Entscheidung der Bundesregierung. „Es ist gut, dass die Bundesregierung geschädigte Verbraucher nicht im Stich lässt. Wichtig ist, dass Betroffene nun schnell und einfach ihr Geld bekommen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz bereits Anfang Oktober per Brief aufgefordert, für eine vollständige Entschädigung der Thomas-Cook-Kunden zu sorgen. Dieser Brief hat offenbar Wirkung gezeigt“, betont vzbv-Vorstand Klaus Müller.

Gleichzeitig kritisieren die Verbraucherschützer, „dass der Steuerzahler für einen politischen Fehler und einen Lobbyerfolg der Tourismus- und Versicherungsbranche haften muss. Die hatte vor Jahren die Haftungsbegrenzung von 110 Mio. Euro durchgesetzt, obwohl klar war, dass dies nicht den Vorgaben der Pauschalreiserichtlinie entspricht und im Falle einer Großveranstalter-Pleite niemals ausreichen wird“.

Zudem müsse die Bundesregierung „dringend prüfen, welche Mitverantwortung die Zurich Versicherung trägt und wie sie sich an der Entschädigung beteiligen muss. Es kann nicht sein, dass sich das Unternehmen hier aus der Verantwortung stiehlt.“

Außerdem zeigte sich vzbv-Vorstand Müller darüber irritiert, „dass die Bundesregierung sich selber nun als Kläger ins Spiel bringt. Die Regierung hat dafür eigentlich das Instrument der zivilgesellschaftlichen Musterfeststellungsklage ins Leben gerufen. In jedem Fall muss die Bundesregierung nun sehr schnell die EU-Pauschalreiserichtlinie richtig umsetzen. Kunden müssen endlich wirksam gegen Insolvenzen von großen Pauschalreiseanbietern abgesichert werden“.

FDP sieht „Schuldeingeständnis der großen Koalition“

Die FDP kritisiert hingegen die Entscheidung der Bundesregierung: „Dass nun der Steuerzahler einspringen soll, ist ein Schuldeingeständnis der großen Koalition. Sie hat die EU-Gesetzgebung offenbar mangelhaft umgesetzt“, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionschef im Bundestag, Michael Theurer.

Die Grünen werfen der Bundesregierung vor, sie habe „trotz unserer Mahnungen auf stur gestellt und die Haftungssumme nicht angehoben. Jetzt haben wir den Krisenfall und die Bundesregierung versucht verzweifelt, sich mit Steuergeldern in dreistelliger Millionenhöhe aus ihrer politischen Verantwortung freizukaufen. Wer eine so absehbare Situation derartig vermasselt, muss dafür auch politische Konsequenzen tragen“, fordert die verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Tabea Rößner.

Autor: VW-Redaktion

Ein Kommentar

  • Ulrich Schönbein

    Wieso soll der Steuerzahler für das amateurhafte Verhalten aller Beteiligten aufkommen? Es ist unglaublich, was mit unserem Geld so alles veranstaltet wird. Wenn schon „ein Prozess aus einer Hand“, dann doch erst Zahlungen nach Ausgang des Prozesses. Wie sagte mein Vater immer? Das Fell des Bären kann man erst verteilen, wenn man ihn erlegt hat.

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