Regulierung in der Versicherungswirtschaft hat nur scheinbar eine Atempause

Elisabeth Stiller. Quelle: brs

Das Europäische Parlament ist frisch gewählt worden, die neue EU-Kommission unter Führung von Ursula von der Leyen (CDU) kommt erst verzögert ins Amt und in Deutschland ringt die Regierungspartei SPD um ihre neue Parteiführung.

Und da es in der Koalition bei Themen wie Provisionsdeckel oder Garantierente hinkt, könnte man glauben, dass der Regulierungseifer im Moment pausiert. Elisabeth Stiller, Leiterin Vertrieb im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), traut dieser trügerischen Ruhe nicht. Es lägen genug Pfeile im Köcher der Regulierer, sagte sie auf einer Abendveranstaltung des Berliner Assekuranzclubs von 1877 in der Axa-Niederlassung.

Vor allem die Frage, ob es nun auch zu einem Provisionsdeckel beim Vertrieb von Lebensversicherungen kommen wird, beschäftigt den Vertrieb, zumal es wiederholt Berichte gab, dass sich das Kabinett mit der Vorlage des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) befassen werde. Es herrsche hier eine Pattsituation, sagte Stiller. Ob und wie man diese auflösen könne sei völlig unklar.

Die Fakten sind eindeutig: Das Vorhaben von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), einen Provisionsdeckel bei Lebensversicherungen und Restschuldverschreibungen einzuführen, ist in einem Gesetzentwurf zusammengefasst worden, den er nun auch für November in die Kabinettplanung eingegeben hat.

Der Haken ist allerdings die fehlende Ressortabstimmung: Die Arbeitsgruppe Finanzen der Union ist in einem Positionspapier zwar sehr aufgeschlossen über die meisten geplanten Änderungen am Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG), aber einen Provisionsdeckel beim Vertrieb von Lebensversicherungen lehnt die Union ab. Der GDV habe klar Position bezogen. Provisionsdeckel würden abgelehnt, da stehe man an der Seite der Vermittlerverbände, sagte Stiller.

An nationalen Baustellen in der Regulierung mangelt es nicht

Für Stiller ist klar, dass man die politischen Entwicklungen in Europa wie auch national eng im Blick behalten muss. In Brandenburg, Sachsen und nach der Thüringen-Wahl wird es neue Landesregierungen geben. Das Bild im Bundesrat werde immer bunter, da oftmals zwei Parteien nicht mehr für eine Mehrheit ausreichten, erläuterte Stiller.

Nach Angaben der SPD wird man am 26. Oktober gegen 18.00 Uhr wissen, welches Paar beim Renen um den SPD-Parteivorsitz die Nase vorne hat. Dann soll das Ergebnis der Mitgliederberfragung feststehen. Dass einige Kandidaten der Großen Koalition (GroKo) sehr skeptisch gegenüberstehen ist bekannt. Ob es aber wirklich zu einem Bruch der Koalition kommt, bezweifeln politische Beobachter in Berlin angesichts der desaströsen SPD-Umfrageergebnisse.

Von diesen politischen Entwicklungen einmal abgesehen, muss Finanzminister Scholz noch liefern. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart worden, die Finanzanlagenvermittler schrittweise unter die Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu stellen. Hierzu gibt es bereits ein Eckpunktepapier des Ministeriums.

Es fehle aber noch ein Referentenentwurf, der dann in die Verbändeanhörung gegeben werden könnte, sagte Stiller. Auch ein Referentenentwurf zum geplanten Gesetz für faire Verbraucherverträge, der sich auch mit Problemen in der Telefonwerbung befasst, stehe noch aus. Und auch auf der „Baustelle“ Altersvorsorgepflicht für Selbstständige tute sich derzeit nicht viel, so Stiller weiter.

Autor: Manfred Brüss

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