Aktuare: „Paradoxerweise profitiert ein überdurchschnittlich gut kapitalisierter Versicherer von sinkenden Kursen“

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Die deutschen Schaden- und Unfallversicherer zeigten sich zum Jahresende 2024 in einer robusten Verfassung. Die Solvabilität der Branche sei stabil, sagt Maxym Shyian, leitender Berater von Meyerthole Siems Kohlruss (MSK). Die Aktuare haben kürzlich die Solvency-and-Financial-Condition-Reports von 157 Versicherern ausgewertet. 19 Gesellschaften wiesen eine Bedeckungsquote unter der kritischen Grenze von 150 Prozent auf.
Die Ergebnisse zeichnen ein weitgehend solides Bild, heißt es. Die Eigenmittel stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 3,5 Prozent auf knapp 134 Milliarden Euro, während sich der Kapitalbedarf um 4,9 Prozent auf 51 Milliarden Euro erhöhte. Die marktweite Bedeckungsquote ging damit leicht von 264 auf 262 Prozent zurück.
Bei 94 Versicherern bewegte sich die Veränderung der Bedeckungsquote im Rahmen von weniger als 20 Prozentpunkten. Lediglich 19 Gesellschaften wiesen eine Quote von unter 150 Prozent auf – eine Grenze, unter der die Aufsicht aufmerksam wird.
Überdurchschnittlich hohe Quoten zeigten kleinere Anbieter mit einem Prämienvolumen unter 50 Millionen Euro. Ihre Bedeckung ging allerdings spürbar zurück – von 437 auf 412 Prozent. Ein ähnlicher Trend zeigte sich bei Versicherern mit geringem Kfz-Anteil, deren Quote von 262 auf 253 Prozent sank.
Die jüngsten Schwankungen an den Finanzmärkten dürften sich laut MSK nur begrenzt auf die Solvenzlage auswirken. „Die Architekten des Standardmodells sind dafür verantwortlich“, erklärt Lena Porschen, aktuarielle Beraterin bei MSK. „Mit sinkenden Marktwerten auf der Aktivseite sinken natürlich die Eigenmittel, aber über das Marktrisiko sinkt eben auch die Kapitalanforderung und die Effekte gleichen sich nach unseren Berechnungen im Marktmittel aus. Paradoxerweise profitiert ein überdurchschnittlich gut kapitalisierter Versicherer sogar von sinkenden Kursen. Für bereits gering bedeckte Versicherer gilt das leider nicht.“
Im Hinblick auf die politisch diskutierte Einführung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden sei die Branche gut gerüstet. Unter der Voraussetzung, dass die Prämien risikogerecht kalkuliert sind, rechnen die Aktuare in den kommenden Jahren mit einem zusätzlichen Kapitalbedarf von rund 30 Milliarden Euro. Dieser könne durch Rückversicherung und staatliche Garantien zumindest teilweise abgefedert werden.
Autor: VW-Redaktion