AGCS prognostiziert Kehrtwende bei D&O-Fällen

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Die D&O-Versicherung gehört zu den Sorgenkindern der Branche. Aktuellen Zahlen des Branchenverbandes GDV zufolge waren die Fallzahlen zwar in den letzten Jahren rückläufig, die Schäden werden im Durchschnitt aber deutlich teurer. Der Industrieversicherer AGCS erwartet hier nun im kommenden Jahr einen Turnaround bei den Schadenfällen.

Laut einer aktuellen Analyse der Allianz-Tochter gehören ein schlechtes finanzielles Ergebnis oder sogar eine Insolvenz inmitten wirtschaftlicher Unsicherheit und der Aussicht auf eine globale Rezession, ein Mangel an robusten Cybersicherheits- und Governance-Prozessen oder eine nicht rechtskonforme Reaktion auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards (ESG) zu den wichtigsten Risikotrends im Bereich der Managerhaftpflichtversicherung (D&O-Versicherung).

So gebe es „weiterhin beachtliche Risiken für die Versicherer, da makroökonomische Probleme und eine mögliche Rezession drohen – das sind Bedingungen, die typischerweise zu einem Anstieg der D&O-Schadenfälle führen. Die generelle Inflation wird sich durch höhere Vergleichszahlungen und Verteidigungskosten auch im Bereich D&O auswirken. Cyberrisiken bleiben auf einem hohen Niveau und eine umfassende Antwort darauf gilt mittlerweile als eine der Hauptpflichten von Vorständen. Top-Manager sollten auch ESG-bezogene Haftungsrisiken im Blick behalten – beispielsweise wegen unzureichender Maßnahmen gegen den Klimawandel oder für Diversität und Inklusion“, erklärt Vanessa Maxwell, Global Head of Financial Lines bei AGCS.

Dabei müssten sich die Unternehmen offenbar auch im nächsten Jahr auf steigende Preise für Manager-Haftpflichtversicherungen einstellen. Inflation, Rezession, Klimawandel und Cyber-Risiken seien eine „toxische Mischung“, die zu mehr Schadenfällen in der sogenannten D&O-Versicherung („Directors & Officers“-Policen) führen könne, konstatiert Stephan Geis, Regional Head of Financial Lines für AGCS Zentral- und Osteuropa, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Demnach sei das Haftungsrisiko für Führungskräfte noch nie „so groß wie jetzt“, erläutert der Experte: „Die Versicherer brauchen ein auskömmliches Prämienniveau. Es geht darum, die jahrelang defizitären Raten zu kompensieren.“

Zudem seien die wirtschaftlichen Aussichten vieler Länder für 2023 düster und das Rezessionsrisiko steige. Einbrechende Wachstumsraten, steigende Inflation, die Energiekrise, die anhaltende Volatilität der Aktienmärkte und weiter bestehende Probleme in den Lieferketten würden daher von D&O-Versicherern genau beobachtet, da sie in vielen Sektoren zu Liquiditätsengpässen führen, die Profitabilität schwächen und die Zahl der Insolvenzen erhöhen könnten. So würde ein wirtschaftlicher Abschwung in der Regel ein höheres Risiko von D&O-Schäden mit sich bringen, erklären die AGCS-Experten unter Berufung auf Analysen während der Finanzkrise.

„ESG-bezogene Informationen werden für Versicherer zunehmend zu einem wichtigen Prüfpunkt bei der Risikobewertung eines Unternehmens. Unternehmen mit einer klaren ESG-Strategie werden es einfacher haben, von Versicherern die benötigten Kapazitäten zu erhalten.“

Stephan Geis, Regional Head of Financial Lines für AGCS Zentral- und Osteuropa

Außerdem führe auch der Klimawandel zu einem Anstieg der Schadenfälle in der D&O: In den letzten acht Jahren wurden demnach laut AGCS international über 1.200 Klagen eingereicht, verglichen mit knapp über 800 Fällen zwischen 1986 und 2014. Die meisten dieser Fälle wurden in den USA registriert, gleichzeitig nimmt die Zahl der Klagen vor internationalen Gerichten zu: 2021 wurde die höchste jährliche Zahl von Klima-Klagen außerhalb der USA verzeichnet. Ein weiteres Risiko ist die falsche Darstellung von ESG-Leistungen oder -Ergebnissen – das sogenannte Greenwashing -, das ebenfalls zu regulatorischen Maßnahmen, Rechtsstreitigkeiten und Aktionärsklagen führen könne.

Darüber hinaus sieht AGCS bei den Kryptowährungen ein weiteres Risiko für Schadenfälle in der Managerhaftpflicht. So werden laut Industrieversicherer zunehmend Kryptowährungsunternehmen und -börsen ins Visier genommen (zehn Klagen wurden in der ersten Jahreshälfte 2022 eingereicht, verglichen mit elf im gesamten Jahr 2021, 13 im Jahr 2020 und vier im Jahr 2019). Dies mag angesichts der jüngsten Schwankungen bei der Bewertung digitaler Währungen, dem Zusammenbruch der weltweit zweitgrößten Kryptowährungsbörse FTX im November 2022 sowie zahlreicher Ermittlungen wegen möglicher Verstöße gegen Wertpapiergesetze nicht überraschen.

Autor: VW-Redaktion

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